46. Unschönes Erwachen

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Eleanors Sicht:

Als ich aufwachte, war mir kalt und als ich die Decke enger um meinen Körper schloss, bemerkte ich, dass ich nackt war. Was zur Hölle, dachte ich und tastete mich ab. Ja, definitiv nackt.

So weit ich mich erinnern konnte, hatte ich bisher noch nie nackt geschlafen, also musste es einen Grund dafür geben. Wenn mein Haus heute Nacht aus weiß Gott welchen Gründen zu brennen angefangen hätte, hätte ich vielleicht so rausrennen müssen. Seit ich das in einem früheren Albtraum mal hatte machen müssen und meine ganze Nachbarschaft es gesehen hatte, hatte sich der Gedanke in meinen Kopf gepflanzt.

Das war der Grund, weshalb ich nie ohne Klamotten schlief. Auch wenn es ohne ganz bequem war.

Mein Gehirn schaltete ein wenig später und die Erinnerungen an die Nacht prasselten auf mich ein. Ich erstarrte und blickte neben mir an die weiße Wand.

Fand ich das jetzt gut was passiert war, oder nicht? Freunde und Panik dominierten gerade ziemlich meine Gefühle und ich konnte mich für keine Seite entscheiden.

An sich ist das doch gut gewesen, dachte ich unsicher. Ich war bereit gewesen diesen Schritt mit Ander zu machen. Ich hatte eingesehen, was ich fühlte. Ich war bereit etwas zu riskieren, um glücklich zu sein.

Die Frage war nur, ob Ander es auch war.

Doch diese Frage beantwortete sich ganz einfach mit einem Nein, als ich mich umdrehte und die andere Seite des Bettes leer war.

Ich drückte mir die Handflächen auf das Gesicht und versuchte den Schmerz in meiner Brust zu verdrängen. Vielleicht ist er ja unten, dachte ich, obwohl ich genau wusste, dass das nicht der Fall war.

Ich durchwühlte mein Bett, bis ich mein Handy fand und aufstand, um mich anzuziehen. Dann lief ich die Treppe nach unten, wo ich in der Küche und im Wohnzimmer nach Ander Ausschau hielt. Doch das letzte bisschen Hoffnung wurde zerstört, als ich lediglich Pia und meinen Vater vorfand, die mir sagten, dass Ander schon sehr früh das Haus verlassen hatte.

Ich lächelte nur, während ich mich zu ihnen setzte, dabei entsperrte ich mein Handy und suchte Anders Chat.

Eleanor: Fick dich und lass mich ab heute in Ruhe. Komm nicht wieder an.

Ich war so wütend, dass ich nicht einmal weinen konnte. Ich war viel zu wütend, um traurig zu sein. Kurz hatte ich geglaubt, dass es funktioniert hatte und Kira, Leonie, die von Kiras Plan sehr begeistert gewesen war, und ich ihn wirklich eifersüchtig gemacht hatten am Donnerstag.

Aber so viel konnte ich ihm ja nicht bedeuten, wenn er nach so einer Nacht einfach verschwand und mich allein ließ.

Kira hatte Donnerstag maßlos übertrieben. Ich hatte Tom in den letzten Tagen nicht gesehen und ihn erstrecht nicht geküsst. Wir hatten abgemacht uns diesen Samstag zum zweiten Mal zu treffen. Ich war selbst überrascht gewesen, als Kira plötzlich so einen Quatsch erzählt hatte. Ich hatte eigentlich nicht vorgehabt zu lügen. Jetzt war das alles auch egal.

Da konnte ich ja heute Tom treffen, auch, wenn ich ihm dann sagen würde, dass ich die Treffen für mich lediglich freundschaftlich waren und ich Gefühle für jemand anderen hatte. Nur, weil ich sauer war, hatte ich nicht das Recht andere Leute zu verletzten. Erstrecht nicht, wenn sie so nett waren wie Tom.

Und so eine coole Snoopylampe hatten...
nicht, dass das eine Rolle spielte.

Nach dem Frühstück ging ich einkaufen, einfach um etwas zu tun zu haben. Auf dem Rückweg machte ich einen Zwischenstopp beim Kaugummiautomaten, wo ich meinen über Wochen gesammelten 20Cent Vorrat verbrauchte, sodass meine Jackentaschen beide bis zum Rand gefüllt waren. Bei jedem Schritt, den ich machte, klimperten sie in meiner Tasche.

Ich schob mir ein fünftes Kaugummi in den Mund, das wie die anderen zuvor auch in einer Minute den Geschmack verlieren würde. Aber die Minute war die 20Cent ja mal sowas von wert.

Als ich zuhause war, war mir von der ganzen geschluckten Kaugummispucke übel und ich legte mich in mein Bett, wobei ich Schuhe und Jacke anließ. Gegen zwei plünderte ich meinen Notfallschokotresor, den Ander mir zum elften Geburtstag geschenkt hatte und drehte laut traurige Musik auf.

Wenn ich mich schlecht fühlte, dann wollte ich es auch so richtig. Dann sollte mich keiner aufmuntern oder versuchen mich abzulenken. Manchmal wollte ich mich einfach selbst bemitleiden und Schokolade essen.

Als ich es dann geschafft hatte, dass es mir um vier Uhr nachmittags dann so richtig schlecht ging, dass ich heulend auf meinem Bett stand und laut zu „Total Eclipse of the Heart" mitsang, wurde die Tür aufgerissen und Pia sah mich verstört an.

>> Geh weg, mir geht es hervorragend <<, schrie ich verheult und schnell zog sie die Tür wieder zu. Besser für sie. Um halb sechs ging ich dann duschen, bevor ich mich herrichtete. Um sechs wollte ich losfahren und bis dahin kühlte ich meine verheulten Augen und hoffte, dass die roten Flecken drumherum verschwanden.

Eleanor und Ander ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt