Der Dieb und der Besuch II

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Hey Leute,

hier ist nun das zweite Kapitel.
Jetzt erwart ihr, wie es für Lucia weitergeht.
Dann wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen.

LG Juzo-chan

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Kapitel 59: Der Dieb und der Besuch II

Nervös stehe ich auf der Stelle und streiche immer wieder die Falten aus dem Rock, welche mittlerweile gar nicht mehr existieren können. Es würde mich auch nicht wundern, falls dieser Rock nie wieder falten bekommen sollte. Die Tinte an meinen Fingern sticht mir gerade zu ins Auge, auch wenn Maylene meinte, dass man diese kaum sieht. Vielleicht ist das ja eines dieser Dinge, die einen nur so stören, weil man von ihnen weiß.
Wir stehen in zwei Reihen aufgeteilt in der Eingangshalle. Bard, Finny und Sebastian auf der linken Seite der Tür. Sebastian direkt neben der Tür. Maylene, Tanaka und ich stehen auf der rechten Seite, wobei Tanaka Sebastian gegenüber steht. Die beiden werden auch gleich die Türen öffnen. Der junge Herr wird aus seinem Arbeitszimmer kommen, sobald die Kutsche der Gäste vor der Eingangstür hält. Es kann schon ein ziemlicher Vorteil sein, vom Arbeitszimmer direkt in den Vorderhof schauen zu können. Durch zwei schmale Fenster direkt neben der Eingangstür haben sowohl Tanaka, als auch Sebastian einen guten Blick nach Draußen und können problemlos die Tür zur richtigen Zeit öffnen.
Kurz nicken Sebastian und Tanaka sich zu, ehe jeder von ihnen nach einem Türgriff greift und die Tür schwungvoll öffnet. Als Erstes sehe ich Lady Elisabeth, welche mit einem freundlichen Lächeln alle grüßt während eintritt. Direkt nach ihr kommt ein junger Mann, welcher deutlich weniger erfreut scheint, aber dennoch freundlich grüßt. Danach treten nebeneinander ein Mann und eine Frau ein.
>Das sind dann wohl Lord und Lady Midford.<, denke ich mir. Lady Midford hat die Hand bei Lord Midford eingehakt und geht neben ihm her. Kaum treten die beiden über die Türschwelle, bleiben sie auch schon stehen. Während Lord Midford freundlich Tanaka grüßt und ihm mit einem Lachen auf die Schulter klopf, mustern Lady Midford Sebastian mit strengem Blick.
„Dein Haar ist schon wieder viel zu lang.", kommt es streng vor ihr: „Und wieso liegen sie so wirr?"
„Bitte verzeiht, Lady Midford. Ich werde dies umgehend berichtigen.", kommt es freundlich von Sebastian. Dennoch ist etwas in seinem Gesicht zu erkennen, dass mehr als deutlich zeigt, dass er darauf absolut keine Lust hat. Sie scheinen sich beide gegenseitig unsympathisch zu sein. Zumindest beruht es nicht auf einseitige Antipathie. Ohne noch etwas zu Sebastian zu sagen, geht Lady Midford weiter. Auch Tanaka, Bard, Maylene und Finny werden von ihr genau begutachten. An ihnen hat sie allerdings nichts auszusetzen. Mein Herz schlägt mit jeder Sekunde schneller vor Nervosität. Sie wird sich gleich mir zu wenden. Lord Midford unterhält sich unter dessen noch immer mit Tanaka und Sir Edward und Lady Elisabeth unterhalten sich ebenfalls. Bard, Finny und Maylene atmen allesamt erleichtert aus und man sieht regelrecht die Anspannung von ihnen abfallen, als Lady Midford weiter geht. Doch nun steht sie vor mir und mustert mich genau.
„Lady Midford.", begrüße ich sie, wie es auch die anderen getan haben. Ich senke dabei leicht meinen Kopf und stelle mich dann wieder aufrecht hin.
„Du bist also die neue Angestellte.", es ist keine Frage, sondern eine Feststellung: „Aus welchem Grund hat Ciel dich eingestellt?" Verwundert schaue ich sie an. Ich bin mir nicht ganz sicher, worauf sie hinaus will.
„Bardroy ist ein Waffenexperte, Finnian unmenschlich stark und Maylene eine Scharfschützin. Nun, worin liegt deine Stärke?", erläutert sie genauer. Ihre Stimme ist ruhig, aber ihr Blick liegt streng und auffordernd auf mir.
„Ich war zuvor als Dieb tätig. Meine Stärke liegt darin unbemerkt an Orte zu gelangen, dort Dinge oder Informationen zu erhalten und wieder, ebenfalls unbemerkt, zu verschwinden.", antworte ich schnell, aber ebenfalls leicht stotternd.
„Ein Dieb?", fragt sie streng nach. Es scheint sie absolut nicht zu überzeugen.
„Wenn ihr erlaubt.", mischt sich nun Sebastian ein: „Ihr werdet doch sicherlich bereits vom berüchtigtem Meisterdieb gehört haben, welcher in ganze Europa tätig war." Der Blick von Lady Midford geht zu Sebastian herüber. Genau mustert sie ihn. Argwohn liegt in ihrem Blick. Sie kann ihn definitiv nicht leiden. Nun aber liegt auch die Aufmerksamkeit von Lord Midford, Lady Elisabeth und Sir Edward auf unserem Gespräch.
„Selbstverständlich.", antwortet Lady Midford mit strenger Stimme: „Der Schattendieb ist schließlich dafür bekannt, dass niemals jemand mehr als seinen Schatten sah."
„Ganz recht. Daher auch dieser Name.", stimmt Sebastian mit einem Lächeln hinzu. Aus den Augenwinkeln kann ich das Lächeln auf Lady Elisabeths Gesicht sehen und auch den verwirrten Gesichtsausdruck von Sir Edward, aber Lord Midford ist mindestens genauso irritiert. Dann aber geht bei beiden langsam ein Licht auf und auch Lady Midford scheint zu verstehen.
„Willst du damit etwas sagen, dass dieses Mädchen der berühmteste Dieb Europas ist, welcher es in den vergangenen Monaten schaffte jeden vermögenden Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen?", fragt sie mit strengem Ton nach. Ihr Blick mustert mich noch einmal. Schnell nicke ich.
„Interessant.", kommt es dann schließlich von ihr: „Allerdings solltest du dennoch mehr darauf achten keine Tinte auf deine Finger zu verschmieren." Nach dieser Aussage geht sie auch schon auf ihre Kinder zu. Es fühlt sich so an, als würde mir ein Stein von den Schultern fallen.
„Tante Frances, ist es wirklich jedes Mal notwendig meine Dienerschaft Eurer strengen Inspektion zu unterziehen?", kommt es plötzlich vom jungen Herrn. Ein wenig verwundert stelle ich fest, dass Lady Elisabeth ihm gar nicht um den Hals fällt, wie sie es sonst immer tut.
„Nun, irgendjemand muss dies immerhin tun.", kommt es nur schlicht von Lady Midford: „Dein Butler sieht wieder einmal unmöglich aus."
„Ich bin mir sicher, dass er sich umgehend darum kümmern wird.", versichert der junge Herr mit einem gequältem Lächeln.
„Ciel, mein Junge, es ist lange her.", mischt sich Lord Midford ein und lockert durch seine freundliche Art die angespannte Stimmung.
„Es freut mich ebenfalls, Onkel.", antwortet der junge Herr mit einem freundlichen Lächeln.
Durch ein Stupsen in die Seite richte ich meine Aufmerksamkeit zur Seite. Dort steht Maylene und deutet mit einem Nicken auf Tanaka. Dieser legt einen Finger auf den Mund und zeigt mir so, dass ich ruhig bleiben soll. Mit einem Nicken Richtung Eingang des Dienstbotenganges wird mir klar, was er will. Wir sollen uns unauffällig aus dem Staub machen.
„Bitte verzeiht die Unterbrechung. Die Dienerschaft wird sich nun zurückziehen und ihrer Arbeit nachgehen.", kommt es ruhig von Sebastian. Der junge Herr antwortet darauf mit einem Nicken.
„Würdet Ihr mir bitte in den Salon folgen?", fragt der junge Herr höflich, fügt dann aber an Sebastian gerichtet hinzu: „Bring Tee und Häppchen."
„Sehr wohl, junger Herr.", kommt es von Sebastian. Schnell folge ich Maylene und entkomme somit dem strengen Blick von Lady Midford.

Da ich meine Arbeit für heute bereits erledigt habe, sitze ich in der Küche am Tisch und helfe Bard dabei das Gemüse zu schneiden. Mir ist eigentlich alles recht, solange ich nur nicht noch einmal unter dem strengen Blick von Lady Midford gerate. Allerdings wird es wohl in den nächsten Tagen schwer diesem durchgehend zu entgehen, wenn nicht gar unmöglich. Lord Midford wird morgen Nachmittag zwar wieder abreisen, allerdings allein. Lady Midford, Lady Elisabeth und Sir Edward werden noch ein paar weitere Tage im Anwesen verbringen.
„Du musst mir hier wirklich nicht helfen.", kommt es erneut von Bard. Er hat diesen Satz in der letzten halbe Stunde bestimmt 5 Mal von sich gegeben.
„Ach, das stört mich nicht. So habe ich wenigstens etwas zu tun.", entgegne ich nur und schneide die Karotten weiter in schmale Sticks. Der Kohlrabi ist bereits zu kleinen Stäbchen geworden. Wenn die Karotten fertig sind, gibt es leider auch kein weiteres Gemüse mehr. Die Kartoffeln hat Bard bereits in Viertel geschnitten und mit Öl und Rosmarin auf eine Auflaufform gegeben. Lady Elisabeth hat sich tatsächlich Rosmarinkartoffeln gewünscht. Was es dazu geben soll, ist ihr allerdings egal. Sebastian lässt Bard auch nur unter einer Prämisse allein das Essen machen. Er musste seinen geliebten Flammenwerfer Sebastian geben, welcher diesen in seinem Zimmer weggeschlossen hat. Niemand würde hier auf die Idee kommen Sebastians Zimmer zu betreten. Tanaka und ich aus Respekt gegenüber Sebastian nicht. Immerhin betritt man nicht einfach die Zimmer anderer Leute... Und kommt das gerade von einem Dieb. Bard, Finny und Maylene haben einfach viel zu viel Angst vor Sebastians Ärger, sollten sie dies tatsächlich tun.
„Versuchst du dich vor Lady Midford zu verstecken?", fragt Bard plötzlich. Als ich aufschaue, da er plötzlich still steht, bemerke ich, dass er mich direkt anschaut und die linke Hand mit der Kelle darin an seine Hüfte abgestützt hält.
„Vielleicht ein bisschen.", antworte ich mit einem leichten Grinsen. Das bringt auch Bard zum Grinsen.
„Das wirst du nicht ewig schaffen.", meint er dann aber nur. Verwundert schaue ich ihn an.
„Wenn Lady Midford dich wirklich begutachten will, dann kannst du ihr nicht entkommen. Das ist unmöglich.", erklärt er auf meinen verwunderten Blick. Das lässt meinen Optimismus doch rapide sinken.
„Sieh es positiv.", kommt es plötzlich wieder gut gelaunt von Bard: „Lady Midford scheint dich zumindest jetzt schon mehr zu mögen als Sebastian." Ein Lächeln legt sich auf meine Lippen. Ihr erster Satz war immerhin Tadel an den sonst perfekten Sebastian.
„Wenn ihr beiden dann fertig seid.", kommt eine strenge Stimme von der Tür und lässt uns beide zusammenzucken. Langsam drehe ich meinen Kopf zur Tür. Dort steht tatsächlich Sebastian. Seine Laune scheint mehr als nur im Keller zu sein. Allerdings kann ich mir ein Grinsen dennoch nur schwer verkneifen, da sein Haar streng nach hinten gekämmt wurde, ähnlich wie Tanaka sein Haar trägt. Es sieht schon ziemlich seltsam aus.
„Lucia, Lady Midford wünscht dich zu sprechen.", kommt es mit schadenfrohem Unterton von dem Butler. Sofort vergeht mir das Grinsen. Entsetzt schaue ich den Butler an. Da dieser mich allerdings nur mit einem Unschuldslächeln anschaut, als könnte er kein Wässerchen trüben, schaue ich zu Bard. Dieser hat allerdings nur einen entschuldigenden Blick für mich.
„Hat die Lady gesagt, was sie möchte?", frage ich vorsichtig nach.
„Es steht mir nicht zu ihre Absichten zu hinterfragen.", kommt es allerdings nur von Sebastian: „Du solltest dich beeilen. Lady Midford wartet nicht gern."

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