Der Dieb bei der Jagd

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Hey Leute,

nun ist es wieder Montag und das heißt, dass es auch wieder ein neues Kapitel gibt.
Ich kann gleich vorweg sagen, dass es nicht wie letzte Woche mehrere Kapitel geben wird. Dafür aber kommt nun auch wieder ein Charakter vor, der länger keinen Auftritt mehr hatte ; )
Dann wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen.

LG Juzo-chan

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Kapitel 82: Der Dieb bei der Jagd

Noch immer etwas müde sitze ich auf der Sitzbank in der Kutsche. Die Bequemlichkeit in den privaten Kutschen von Reichen und Adeligen kann wirklich in keinster Weise mit gewöhnlichen Kutschen verglichen werden. Außer mir sitzen nur Lady Elisabeth und Maylene mit in der Kutsche. Wäre Paula nicht krank, würde sie wohl auch mit hier sitzen. Alle anderen sitzen auf je einem Pferd und reiten den Weg in den Wald. Da ich allerdings keine Ahnung vom Reiten habe, musste eine Kutsche her. Lady Elisabeth war so freundlich mir Gesellschaft zu leisten. Während Tanaka die Kutsche steuert, sitzt Finny neben ihm und räumt – falls nötig – die Fahrbahn frei. Maylene und Tanaka werden nachher ein Picknick aufbauen und sich um unser leibliches Wohl kümmern, während Lady Midford und Sebastian auf Jagd sind. Pluto sollte übrigens eigentlich nicht mitkommen, allerdings läuft der weiße Riesenwolf ein paar Meter von uns entfernt mit.
Ehrlich gesagt, bin ich froh in der Kutsche zu sitzen. Da die Jagd mit der Dämmerung beginnen soll, hat Maylene mich wirklich früh geweckt. Am liebsten hätte ich mich einfach umgedreht und weiter geschlafen, aber damit wäre ich wohl auch nicht durchgekommen. Also sitze ich nun hier und habe wirklich Mühe meine Augen offenzuhalten. Ob es an der unmenschlichen Uhrzeit liegt, zu welcher ich geweckt wurde, oder an der vergangenen Nacht mit Sebastian, kann ich nicht sagen. Zu meinem Glück scheint keiner etwas bemerkt zu haben. Auch nicht, dass Sebastian mich erst kurz bevor Maylene mich wecken kam, zurückgebracht hat. Ich könnte mich wirklich daran gewöhnen, in seinen Armen zu schlafen.
Es hat zwar nicht lange gedauert, bis wir den Wald erreichten, aber nun fahren wir schon eine Weile durch den Wald. Wenn ich mich nicht täusche, dann fahren wir in die entgegengesetzte Richtung von London und das immer tiefer in den Wald hinein. Umso tiefer wir in den Wald hineinfahren, umso nebeliger wird es. Und ich dachte, dass es schon auf den Feldern nebelig war. Aber hier kann ich nicht einmal mehr die Bäume erkennen, die sich nicht einmal zwei Meter von uns entfernt befinden.
„Du siehst so müde aus. Hast du nicht gut geschlafen?", fragt Lady Elisabeth, nachdem wir bereits seit einer Weile unterwegs sind.
„Doch, doch. Ich habe prima geschlafen.", bringe ich schnell heraus. Vielleicht ein bisschen zu schnell, aber ich habe ich nicht gelogen. Ich habe zwar weniger geschlafen, als gewöhnlich, aber dennoch habe ich sehr gut geschlafen.
„Aber wieso siehst du denn so müde aus?", fragt Lady Elisabeth weiter und bringt mich damit tatsächlich in Bedrängnis. Ich kann ihr immerhin schlecht die Wahrheit sagen und beichten, dass ich die Nacht mit Sebastian verbracht habe... und das nicht zum ersten Mal. Das wäre wirklich zu beschämend. Leider fällt mir gerade aber auch keine andere plausible Erklärung ein.
„Vielleicht ist es einfach noch so ungewohnt für Lady Lucia, weswegen sie nicht sonderlich viel Schlaf bekommen hat.", rettet Maylene mich schließlich.
„Das ist es wohl.", stimmt Lady Elisabeth nachdenklich hinzu, dann lächelt sie plötzlich wieder: „Du kannst dich ja noch etwas ausruhen, bis wir ankommen. Es wird noch ein bisschen dauern." Unsicher schaue ich sie an.
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt noch einmal einschlafen kann.", gebe ich schließlich lächelnd von mir. Normalerweise ist es so, dass ich wach bin, wenn ich wach bin.

Tatsächlich kommen wir kurz vor Einbruch der Dämmerung an einem kleinen Rastplatz an. Er befindet sich mitten im Wald auf einer Lichtung und ist durch einen kleinen Weg mit der Straße verbunden, welche allerdings von den Bäumen und dem Dickicht gut verdeckt werden. Es ist ein wirklich ruhiger und idyllischer Ort. Noch ehe ich überhaupt aus der Kutsche ausgestiegen bin, hat Finny auch schon zwei Baumstämme so hingelegt, dass sie sich nun gegenüberliegen. Er ist bereits dabei einen dritten Baumstamm anzuheben, als Tanaka die Tür zur Kutsche öffnet und erst Lady Elisabeth und dann mir heraushilft.
Schnell ist alles aufgebaut, sodass wir uns direkt auf die Picknickdecke setzen können. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie Tanaka das macht, aber es dauert auch nicht lange und schon bietet er jedem eine heiße Tasse Tee an. Danach wendet er sich Sebastian und Lady Mifdord, welche bis eben ihre Gewehre kontrolliert haben. Ich kann der Jagd immer noch nichts abgewinnen und sie schon gar nicht gutheißen.
„Wie Eure Exzellenz befohlen haben, wurden bereits Jäger angewiesen in der Früh eine falsche Fährte zu legen und im Wald mehrere Attrappen zu platzieren. Die Jäger werden uns umgehend informieren, sobald dies erledigt ist.", erklärt Tanaka. Überrascht schaue ich auf. Eine falsche Fährte und Attrappen? Doch noch ehe ich genauer nachfragen kann, kommen auch schon fünf Männer in Jagdkleidung aus dem Wald heraus. Kurz besprechen sie etwas mit Tanaka, dann machen sie sich auch schon wieder auf dem Weg.
„Es ist alles vorbereitet.", erklärt Tanaka dann mit einem freundlichen Lächeln: „Allerdings haben die Jäger mir soeben berichtet, dass sie nicht weit von hier entfernt einen großen Hirsch gesichtet haben. Dieser sollte keine Gefahr darstellen, aber ist noch recht neu in der Gegend. Es ist also gut möglich, dass der Hirsch euch über den Weg laufen wird." Verstehend nicken die beiden Kontrahenten.
„Gut, dann lass uns beginnen, Sebastian. Umso schneller haben wir das hier erledigt.", kommt es selbstsicher von Lady Midford. Von ihr wäre wohl auch nichts anderes zu erwarten gewesen.
„Wie Ihr wünsch, my Lady.", antwortet Sebastian höflich, wie immer.
„Für Lady Midford wird der junge Herr die Liste führen. Für Sebastian wird Sir Edward diese Aufgabe übernehmen. Wer seine Liste zuerst vervollständigt hat gewonnen. Zur Mittagsstunde wird es eine Pause geben und am Nachmittag wird die Jagd beendet. Für den Fall, dass einer die Liste bis dahin beendet hat, werden wir noch hier im Wald zu Mittag essen und danach aufbrechen.", erklärt Tanaka weiter. Zustimmend nicken beide, dann steigen sie auch schon auf die Pferde und verschwinden in dem Wald. Jedem von ihnen folgen zwei Burschen, welche mir bis eben nicht einmal aufgefallen sind.
„Wer sind sie?", frage ich und deute auf die Burschen.
„Das sind Jagdhelfer. Sie werden die Attrappen aus dem Wald holen, dass Ciel und Edward einfacher zählen können.", erklärt Lady Elisabeth. Verstehend nicke ich, dann fällt mir wieder etwas ein.
„Wieso eigentlich Attrappen und falsche Fährten? Jagen die beiden keine echten Tiere?", frage ich verwundert nach. Nicht, dass ich diesen Fall nicht gutheißen würde, aber es ist doch recht ungewöhnlich.
„Sowohl Mutter, als auch Sebastian haben darauf bestanden, keine lebenden Tiere zu jagen.", mischt sich nun auch Sir Edward ein. Fragend blicke ich ihn an, was ihn kurz zum Lachen bringt.
„Mutter hat sich wohl daran erinnert, als wir alle als Kinder mit zu einer Jagd waren. Damals lebten deine Eltern noch. Lizzy und Ciel waren noch zu klein, um sich daran erinnern zu können. Aber als die Helfer die ersten erlegten Rehe aus dem Wald gezogen haben, hast du begonnen zu weinen und wolltest, dass die Jäger damit aufhören.", erklärt er genauer. Sofort spüre ich, wie mir die Hitze in die Wangen steigt. Es ist mir schon ein bisschen peinlich das zu hören, wobei ich es mir nur zu gut vorstellen kann, so etwas wirklich getan zu haben.
„Daran kann ich mich noch zu gut erinnern. Wir mussten die Jagd früher als geplant verlassen, da du dich gar nicht mehr beruhigen wolltest. Dein Vater ist danach nie wieder auf eine Jagd gegangen, wobei er sehr oft den Sieg davongetragen hat.", kommt es lachend von Lord Midford, als er sich neben uns niederlässt.
„Davon hast du mir nie erzählt.", wirft Lady Elisabeth ein und schaut ihren Vater überrascht an.
„Es war nie wichtig.", entgegnet der Lord nur.
„Das erklärt aber auch, weshalb Onkel Victor nie mit auf Jagd gegangen ist.", überlegt Lady Elisabeth, als wäre sie kurzzeitig in ihren Erinnerungen versunken.
„Das lag hauptsächlich daran, dass deine Cousine dann tagelang nicht ein Wort mit ihren Vater gesprochen hätte, wenn er doch auf Jagd gegangen wäre. Das hat sie damals sogar zwei Mal unter Beweis gestellt und dein Onkel wollte es kein drittes Mal ausprobieren.", kommt es wieder lachend von meinem Onkel. Ein kleines Lächeln legt sich auf meine Lippen. Mein Vater hat für mich auf sein Hobby verzichtet. Er muss mich wohl wirklich sehr geliebt haben.
„Das klingt typisch für eine Hexe.", ertönt plötzlich eine weitere Stimme, die zu keinem der hier anwesenden Personen gehört. Erschrocken drehe ich mich um, entspanne mich aber sofort wieder.
„Grell.", bringe ich erleichtert heraus. Ein breites Grinsen legt sich auf die Züge des rothaarigen Shinigamis, als er von dem Ast herunterspringt, auf welchem er bis eben noch saß.
„Was machst du denn hier?", fragt Sir Edward misstrauisch neben mir nach, den Blick auf Grell gerichtet: „Wird heute etwa jemand sterben?"
„Nein.", kommt es langgezogen und abwinkend von Grell: „Die Arbeit habe ich für heute erledigt. Ich komme gerade von einer Nachtschicht und habe dabei zufällig Pluto im Wald gesehen. Und wo Pluto ist, kann Basti nicht weit sein."
„Wenn das so ist.", kommt es fröhlich wie immer von Lady Elisabeth: „Willst du dich nicht zu uns gesellen?"
„Ist das denn wirklich in Ordnung?", fragt Grell verwundert nach. Ehrlich gesagt, bin ich auch verwundert darüber. Auch wenn sie alle wirklich sehr freundlich sind, so ist es doch untypisch, dass Adelige freiwillig Zeit mit Bürgerlichen verbringen... Zumal Grell auch noch ein Todesgott ist.
„Gewiss doch. Wir haben reichlich zu essen und trinken dabei. Eine Person mehr schadet dabei nicht. Außerdem kann ich Sebastians Gesichtsausdruck kaum erwarten.", kommt es grinsend von Sir Edward.
>Daher weht also der Wind.<, geht es mir bei dieser Aussage durch den Kopf. Immerhin verheimlicht Sebastian es in keinster Weise, dass Grell ihn oft genug auf die Nerven geht mit seiner anhänglichen Art.
„Keine Sorge.", stößt Grell mich auf einmal mit dem Ellenbogen von der Seite an: „Ich werde dir deinen Mann schon nicht wegnehmen." Ein breites Grinsen entblößt die spitzen Zähne.
„Davor habe ich keine Angst.", entgegne ich nur lächelnd: „Da hätte Mister Spears wohl größere Sorgen und du dann größere Schwierigkeiten." Kurz ist es still, dann legt sich wieder ein Grinsen auf Grells Züge und Lord Midford beginnt sogar laut zu lachen, während Sir Edward und Lady Elisabeth leise kichern.
„Du kleine Hexe.", kommt es scherzhaft drohend von Grell, als er auch noch gespielt beleidigt mit dem Zeigefinger auf mich deutet.
„Ertappt.", sage ich, als ich eine kreisende Bewegung aus dem Handgelenk mache und den Kopf leicht senke, so als würde ich eine Verbeugung andeuten.
„Als ob Sebastian mich jemals so anschauen würden, wie er dich anblickt.", kommt es seufzend von Grell, als dieser sich neben uns auf der Decke niederlässt.

SchattendiebWo Geschichten leben. Entdecke jetzt