36. Kapitel

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Die erste Nacht verlief ruhig. Zwar konnte ich kaum schlafen, doch irgendwie war es dann doch wie immer. Am nächsten Morgen wurde ich mit einem zögerlichen Klopfen an meiner Tür geweckt. Ich brauchte ein paar Sekunden, um im Zimmer mental anzukommen. Aus Gewohnheit wollte ich schon Cat komm rein erwidern, doch dann wurde mir wirklich bewusst, wo ich mich befand. 

Obwohl ich nichts erwidert hatte, öffnete sich die Tür vorsichtig einen Spalt. Der Kopf meiner Mutter erschien im Türrahmen. "Ave mein Liebes", begrüßte sie mich sanft, als sie sah, dass ich bereits die Augen geöffnet hatte. "Morgen Mama", murmelte ich und streckte mich ausgiebig, wobei mir auffiel, dass meine Füße ans Bettende stießen. 

Meine Mutter kam nun in mein Zimmer und balancierte ein altes Holztablett auf ihrer linken Hand. Ich lächelte und richtete mich auf. Sie stellte es auf meinem Nachtkästchen ab und setzte sich zu mir an den Bettrand. Vorsichtig strich sie mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht - wie sie es immer getan hatte als ich klein war. 

Ich spähte auf das Tablett. Mein Magen meldete sich mit einem lauten Knurren und erst jetzt realisierte ich, dass ich gestern gar nichts mehr gegessen hatte. Zu groß war die Aufregung gewesen. Ich sah, dass ein frisches Croissant auf einem Teller lag, daneben Butter und Marmelade, sowie eine große Tasse Kaffee. "Danke Mama", sagte ich. "Ich sterbe vor Hunger." 

Sie lachte und nickte. "Das hab ich mir fast gedacht. Wie hast du geschlafen? Die erste Nacht wieder hier." Ich setzte mich nun ganz auf und hievte das Tablett vorsichtig auf meinen Schoß. "Ach ganz okay eigentlich. Besser als ich dachte", sagte ich, nahm das Messer und schnitt vorsichtig ins Croissant. Meine Mutter beobachtet mich kurz dabei und stand dann mit einem Schwung auf. "Ich muss runter. Richard hat heute Früh einen Arzttermin", erzählte sie kurz. 

"W-warte", sagte ich mit vollem Mund, ehe sie wieder an der Tür war. Sie drehte sich um und sah mich abwartend an. Ich schluckte runter und fragte: "Brauchst du meine Hilfe?" Sie schüttelte den Kopf. "Nein Liebes, alles gut. Komm erstmal richtig an." Mit diesen Worten verschwand sie und schloss meine Zimmertür hinter sich. Mit einem anerkennenden Nicken bemerkte ich, dass ich sie gar nicht darum beten musste, sie hinter sich zu schließen. Menschen ändern sich doch, stellte ich zufrieden fest. 

Ich hatte gerade fertig gegessen, als meine Tasche einen dumpfen Ton von sich gab. Ich stellte das Tablett weg, stand auf und ging vor meinen Sachen in die Hocke, um mein Handy hervor zu holen. Arbeit stand auf der Wecker-Erinnerung. 8 Uhr. Normalerweise würde ich jetzt aufstehen, unter die Dusche springen und kurz vor knapp wieder bei Parker Relations aufkreuzen. 

Wieder kreuzte Ethan meine Gedanken und ich fragte mich, was er wohl gerade tat. Vermutlich war der Streber schon im Geschäft, dachte ich und musste unwillkürlich grinsen. Ich öffnete mein Postfach. Neben den üblichen geschäftlichen Mails sah ich Mandy's E-Mail. Ich klickte sie an. 

Betreff: Hey du blau machende Bitch

Danke für nichts Barbie, antwortete ich gedanklich. 

Ave, was treibst du zwei Wochen in deiner langweiligen Heimat? Komm sofort zurück, ich habe Neuigkeiten! Außerdem war Mike in deiner Abwesenheit hier in der Firma und hat darum gebeten, mit dir reden zu dürfen. Ich hab ihm gesagt, er soll dich in Ruhe lassen, sonst landet der Absatz meiner High-Heels in seinem A*** (und die haben mehr Zentimeter als sein Stück!!) Wie dem auch sei Mäuschen, lass von dir hören. Ich hoffe, dir geht es gut  xxx - Mandy

Ich schüttelte amüsiert den Kopf und bemerkte, dass ich ihre lockere Art vermisste. Ich schrieb ihr zurück, dass alles gut sei und ich so schnell wie möglich wieder zurück kommen würde. Ich hoffte das selbst, trotzdem schien es mir wie eine platte Lüge. 

My BabeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt