17. Kapitel

6.1K 127 3
                                    

Mein Finger schwebte über der Klingel mit der Aufschrift "Warden". Ich wusste nicht, ob Mike zuhause war, doch plötzlich fiel mir ein, dass er nicht allein wohnte. Wie konnte ich nur Mary vergessen haben? Okay, zugegeben ich hatte sie nie kennen gelernt, trotzdem war er mit ihr verheiratet. Allein diese Tatsache verstörte mich, wenn ich darüber nachdachte. Ich starrte das Licht der Klingel an und überlegte. Am besten rief ich Mike an. Jetzt so alleine in der Dunkelheit kam mir meine ganze Aktion doch etwas zu überstürzt vor. Ich muss es durchziehen. Sonst traue ich mich nicht. Es ist das richtige, Sagte ich mir selber immer wieder, während ich seinen Namen auf dem Handy in meinen Kontakten suchte, um ihn anzurufen.
Mike ging nach dem dritten Piepen dran. "Hallo? Avery?" fragte er leise in den Hörer. "Hey Mike, ich bin's. Ich muss mit dir reden." Eine kurze Pause entstand. "Es ist wichtig", fügte ich leise hinzu. Ich hörte es rascheln und fragte mich, was Mike gerade macht. Dann ein "Wo bist du?" Ich sah am Gebäude hoch. "Ehm nun ja, direkt vor deinem Wohnblock", gab ich zu. Er seufzte und murmelte etwas missverständliches. "Ich bin gleich unten." Mit diesen Worten legte er auf. Er hatte eine Ahnung.
Ich verlagerte mein Gewicht unruhig von einem Bein auf das andere. Ich musste Mike die Wahrheit sagen. Die große Tür am Eingang des Hochhauses öffnete sich. Mike fuhr sich durch die Haare. Er sah aus als wäre er auf der Flucht, als er links und rechts die Straße beäugte. Dann sah er mich und lächelte kurz. Seine Hände vergrub er in den Jackentaschen und lief zu mir. "Hey", begrüßte ich ihn. Als er vor mir stand zuckte er kurz vor , als wollte er mich küssen, doch ich streckte die Arme aus und wir umarmten uns. "Mary kommt jeden Moment nachhause", sagte er und nahm mich am Arm, um mich in den Schatten einer Seitenstraße zu ziehen. Als wir standen sah er mich abwartend an. Die kühle Nachtluft umhüllte uns und schien das Blut in meinen Fingerspitzen gefrieren zu lassen. War es kälter geworden? Oder mir einfach nur unwohl?
"Mike. Ich denke, Ich bin zu überstürzt mit dir in eine Beziehung gegangen. In letzter Zeit ist einfach so viel passiert. Ich wollte nicht Grund für dein Ehe-Aus sein und irgendwie hat mich alles überfordert und ich denke ich hab einiges mehr in meine Gefühle für dich interpretiert. Vielleicht liegt das auch daran, dass du mein erstes Mal warst und ich dachte ich muss mit dir"- „Warte..WAS?" unterbrach mich Mike und riss die Augen auf. Ich sah vom Boden auf und ihn an. Er musterte mich entgeistert. „Was ist?" fragte ich. „Es tut mir leid Mike, aber ich kann das nicht. Ich werde dir deinen Gefühlen nicht gerecht. Ich mag dich als Freund und guten Kollegen und ohne dich in der Arbeit" - „Ich war dein erstes Mal?" fragte er und unterbrach mich erneut. Erst jetzt dämmerte es mir: Ich hatte ihm gar nicht erzählt, dass ich mein erstes Mal mit ihm hatte. Ich sah ihn an. „Fuck", murmelte ich und sah auf den Boden, als könnte sich mir einen Ausweg aus dieser unangenehmen Lage auftun. „Avery, das wusste ich nicht!" rief Mike aus. Ich zuckte zusammen durch seine plötzliche Lautstärke. Er nahm meine Hand in seine und hielt sie sich mit beiden Händen vor sein Herz als er sagte: „Avery, dein erstes Mal sollte wunderschön sein und mit einem Mann, den du liebst und mit dem du zusammen bist!" Ich seufzte und zuckte mit den Schultern. „Ich hätte viel besser auf dich eingehen können, wenn ich es gewusst hätte", fuhr er fort. „Und vor allem hätte ich dich dann nicht so überrumpelt." Ich kaute auf meiner Unterlippe. Das ganze Gespräch über mich und mein erstes Mal wurde mir langsam peinlich. Ich wollte Schluss machen - falls man das angesichts der kurzen Dauer unserer Beziehung überhaupt so nennen konnte - und jetzt klärte mich Mike darüber auf, wie man das erste Mal besser angehen sollte. Ich entzog ihm meine Hand und verschränkte meine Arme vor der Brust. „Wenigstens hatte ich mein erstes Mal mit einem Mann, dem ich etwas bedeute", flüsterte ich. „Es tut mir leid Mike, aber ich denke wir sollten uns erstmal aus dem Weg gehen bis wir uns beide darüber im Klaren sind, wo wir stehen." Ich sah wieder auf und er nickte. Er sah erschöpft aus und ich konnte mir gut vorstellen, dass sein Leben vor zwei Wochen noch heiler war. „Pass auf dich auf Ave", sagte er und zog mich in eine lange Umarmung. Ich schloss die Augen und so verweilten wir eine Zeit lang.

***
„Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich blamiert habe!" kündete mir Cat am nächsten Tag beim Frühstück mit. Ich sah auf und sie kicherte. „Sam ist schwul", fügte sie hinzu und ich verstand. Mein Mund klappte auf. „Nicht dein Ernst!" rief ich und hielt mir eine Hand vor den Mund. „Kein Wunder, dass er so perfekt aussah!" Cat nickte. „Er ist gepflegt und top gestyled. Eigentlich hätte es mir aufgefallen müssen, als der Barkeeper ihm einen ausgegeben hat. Ich besitze nun mal keinen Gaydar." Entschuldigend hob sie die Hände und wir lachten.
Ich hatte ihr erzählt, wie es mit Mike gelaufen war. Seit dem Gespräch war mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ich spürte, wie ich endlich wieder klar denken konnte. Die ganze Sache mit Mary und Mike betraf mich nun nicht mehr. Cat ging sehr gut mit Tom und seinen Plänen um. Und Mandy konnte ich auch irgendwie verzeihen, schließlich waren wir keine wirklichen Freundinnen und sie schuldete mir nichts. Weder Loyalität noch Ehrlichkeit. Vielleicht konnte sie Tom sogar etwas vom hohen Ross hinunter schubsen. Die einzige Person, die mir nun im Kopf herum geisterte war Ethan Parker. Wie hatte ich es nur geschafft, mich so dermaßen vor ihm zu blamieren? Ich jedenfalls kannte niemanden, der es zustande gebracht hatte, betrunken bei ihrem Chef zu übernachten. Er musste sich auch seinen Teil über mich denken. Ich beschloss, auch dieses Thema erstmal ruhen zu lassen. Auch vom Alkohol wollte ich Abstand nehmen. Solange bis ich wieder klare Gedanken fassen konnte. Im Geiste machte ich mir eine Notiz, Mandy morgen um ein Gespräch zu bitten und vielleicht konnte ich ja auch mit Ethan reden. Mister Parker! korrigierte ich mich innerlich. Aber warum reden? Scheiße. Der Mann geht mir nicht aus dem Kopf.

***
Hey ihr Lieben!
Es tut mir so leid, dass ich ewig nicht mehr weiter geschrieben habe. Für alle die diese Geschichte seit 2015 verfolgen: Unendlichen Dank für Eure Geduld!<3
Und für alle die in der letzten Zeit dazu gestoßen sind: Ich hoffe, sie gefällt euch und ich freue mich wirklich über jeden einzelnen Leser, Kommentar und Vote! ❤️ ohne euch würde das Schreiben nur halb so viel Spaß machen! <333

Ab sofort kommt jede Woche mindestens ein Kapitel online

My BabeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt