Ich drehte mich um und lief zurück zur Tür. Ein seltsames Gefühl breitete sich in mir aus. Ich spürte sofort, dass etwas nicht stimmte. Es fühlte sich verkehrt an, so mit Kit geredet zu haben.
'Ich kann warten' hatte er gesagt. Scheiße. Hatte ich Kit etwas falsches gesagt? Ihm Hoffnung gegeben, obwohl da keine waren?
Ich stöhnte auf und fuhr mir mit beiden Händen durchs Haar. Ein Gefühl kam in mir auf, dass Kit nichts anderes war als ein guter Freund. Nichts anderes als tiefe freundschaftliche Gefühle. Wenn ich an Ethan dachte wühlte es mich auf, ich konnte kaum klar denken. Wenn ich an Kit dachte war es ruhiger. Aber was davon waren welche Gefühle und welche waren richtig?
Ich wusste nur, dass ich trotz allem froh war, dass Ethan bei mir war. Am Liebsten wäre ich mit ihm ans andere Ende der Welt gefahren, weg von allen anderen. Nur er und ich.
Ich klopfte an die Haustür und keine zwei Sekunden später öffnete meine Mutter die Tür.
"Hast du da etwa gewartet?" fragte ich überrascht. Sie schüttelte schnell den Kopf.
"Wollt ihr zu Abend essen?" fragte sie.
"Ich geh hoch und frag Ethan", erwiderte ich und hastete die Treppe hinauf. Ein seltsames schlechtes Gewissen drückte in meiner Brust.
Ich öffnete die Tür und hörte einen Reißverschluss. Sofort sah ich zu dem Ort, an dem Ethans Tasche gestanden hatte. Nun beugte er sich darüber und räumte sein Handy ein. Er hatte seine Jacke wieder an und seine Autoschlüssel in der Hand.
"Was machst du da?" fragte ich erschrocken. Eine Kälte stieg in mir auf.
Er schwang sich seine Tasche über die Schultern und sah mich an. Sein Blick war eisig und distanziert. Ich erkannte ihn nicht wieder. "Gehen", sagte er kalt.
"W-Warum?" fragte ich und stellte mich instinktiv mit dem Rücken vor die Tür. Ich schloss sie schnell und lehnte mich, mit einer Hand an der Klinke, dagegen.
"Aus Gründen", sagte er knapp und machte einen Schritt nach vorn. "Lässt du mich bitte durch?" fragte er, wobei es eher nach einer Aufforderung als nach einer Frage klang.
"Nein!" erwiderte ich. "Nein Ethan! Sag mir, was los ist!" Ich fühlte mich auf einmal klein und hilfslos. Ich verstand die Welt nicht mehr, also fügte ich hinzu: "Du kannst nicht einfach hier aufkreuzen, kommen und gehen, wie es dir passt!"
Er schein eine Mauer vor sich aufgebaut zu haben. Sie schien undurchdringlich. Dann fiel mein Blick auf das Fenster an meinem Bett. Es stand offen. Mir stockte der Atem. Er musste Kit und mich gehört haben.
Ethan folgte meinem Blick, dann sah er wieder zu mir. "Ich hab es geöffnet, in der Hoffnung wieder einen klaren Kopf zu bekommen", sagte er ruhig. "Und den hab ich jetzt. Nur anders, als ich es erwartet hätte."
"Ethan, Ich-" mir fiel nichts ein, was diese Situation hätte retten können.
"Avery, Kit hat Recht. Wer einmal betrügt bleibt ein Arschloch. Ich würde dir nur auch weh tun. Glaubst du, es würde besser werden?" Er lachte und es klang fast verächtlich. "Nein. Das ist ein Wunschgedanke, Avery. Du kannst mich nicht ändern. Ich würde dich nur verletzen und dann-" Er holte tief Luft und auf einmal sah ich so etwas wie Schmerz in seinem Blick aufflackern. "- dann würde ich auch dich links liegen lassen."
Ich spürte, wie mein Herz klopfte. Wie es sich gegen den Schmerz zu wehren schien, der mich unaufhaltbar durchbohrte. Ich schluckte. Mein Mund war trocken. Alles tat weh.
"Ethan, du hast gesagt-"
"Was ich gesagt habe spielt keine Rolle!" rief er wütend.
Dann schien er sich wieder zu sammeln.
"Es spielt keine Rolle. Ich hatte dich schon fast soweit. Du kannst Kit dankbar sein, dass er gerade jetzt dazwischen gekommen ist. Glaub mir, du hättest es bereut, wenn ich heute Nacht hier geschlafen hätte."
Ich starrte ihn fassungslos an.
Wer war dieser fremde Mann, der in meinem Zimmer stand?
Ethans Kiefer spannte sich an und er blinzelte. Schnell richtete er seinen Blick zu Boden.
"Lass mich jetzt gehen", sagte er ruhig.
Ein Schluchzen kam mir über die Lippen.
Seine Hand ballte sich zu einer Faust.
"Es ist besser so", flüsterte er, schob mich beiseite und verließ das Zimmer.
Ich stand regungslos in der Ecke.
Irgendwann gaben auch meine Beine unter mir nach und ich sank an der Wand herab zu Boden. Auch dort fand ich keine Kraft, meinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, also starrte ich nur aus dem Fenster. Alles in mir war leer.
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My Babe
ChickLitAvery Brown lebt ein unscheinbares Leben. Mit 21 Jahren hat sie zwar einen guten Job, eine tolle Wohnung mit ihrer besten Freundin und genug Geld, um das Leben zu genießen, doch ein entscheidender Punkt fehlt ihr: die Liebe. Dass sich ihr beschaulic...