6. Kapitel

13.9K 313 5
                                    

Meine Lider waren so schwer wie nie zuvor. Gequält kämpfte ich gegen sie an, um schließlich meine Augen zu öffnen. Der Raum verschwamm und begann sich zu drehen. Was ist nur los mit mir? Und seit wann sieht mein Zimmer so modern aus? Heftiger Traum. Warte...

Ich schreckte hoch und saß aufrecht im Bett. Das war kein Traum gewesen!

"Oh nein, oh nein", flüsterte ich und sprang vom Bett.

Warte war das.. Ich berührte meinen Oberkörper. Ich war nur in Unterwäsche!

Hektisch suchte ich den Raum ab nach irgendwas zum Anziehen.

Gestern, gestern..Was war gestern? Oh fuck ja. Der alte Typ! Scheiße! Nein! Hatte er mich mit zu sich genommen?

Ich brach meine Suche nach Anziehsachen ab und sah zur Tür.

Wenn wir wirklich Sex gehabt hatten. Nein, das wollte ich mir erst gar nicht vorstellen. Hatte er mich hier eingesperrt? Wo war ich? Ich musste raus.

Panisch rannte ich zur Tür, um festzustellen, ob sie verschlossen war. Ich riss den Hebel herunter und sie ließ sich erstaunlicherweise öffnen. Doch anstatt stehen zu bleiben knallte ich mit voller Wucht in eine Person.

Er musste mich gehört haben!

Ich hielt mir stöhend den Kopf und sah auf. Doch was ich da sah, war keineswegs der alte Mann. Es war Parker.

Langsam macht ich zwei Schritte zurück.
Wie. Peinlich. Was machte ich überhaupt bei ihm?

Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Miss Brown?" fragte er. Seine Stimme breitete Gänsehaut auf meinem Rücken aus.

Sein rechter Mundwinkel zuckte und er betrachtete mich. Ich kapierte nicht, bis er auf mich deutete. "Ich nehme an, Sie haben ganz vergessen, dass Sie in Unterwäsche sind?" stellte er fragend fest. Ich sah an mir runter und zuckte zusammen. "Wir müssen in 10 Minuten los", teilte er mir mit. Ich nickte nur kurz, lief rückwärts ins Zimmer und ließ auf dem Weg möglichst beiläufig die Tür zufallen.

Konnte mich bitte jemand umbringen oder vergaben? Oder beides.

Während ich mein Kleid anzog, fiel mir auf, dass ich so auf keinen Fall in die Arbeit gehen konnte. Es sei denn, ich hatte vor als Geliebte des neuen Chefs durchzugehen. Schnell zog ich noch meine Jacke und meine Schuhe an, die neben dem Bett lagen und öffnete erneut die Tür, nur diesmal langsamer. Parker lehnte an der Wand und sah mich abwartend an.

"Ich kann so nicht arbeiten gehen", platzte es aus mir heraus, bevor er etwas sagen konnte. Irritiert zog er eine Augenbraue hoch und sah mich an. "Wenn ich so in die Arbeit gehe, wirkt es als" - "Als wären Sie meine Büro-Schlampe", unterbrach er mich.

Hatte er das gerade wirklich gesagt?

Ich blinzelte ihn irritiert an. "Ehm ja", murmelte ich dann und sah auf den Boden. "Keine Sorge, Bunny", sagte er und durchbrach die Stille. Bunny? Ich erhob den Blick und sah in sein Grinsen. "Ich fahr dich vorher heim." Schwungvoll stieß er sich von der Wand ab, nahm den Schlüssel von der Kommode im Flur und drückte den Knopf am Aufzug. "Sie haben einen Aufzug?" fragte ich erstaunt. Er nickte und sah mich wieder an. "Nehmen Sie sich heute frei, Miss Brown. Sie brauchen den Schlaf und ich brauche arbeitsfähige Angestellte", sagte er. Seine Stimme klang plötzlich wieder distanziert und kühl. "Aber", wollte ich widersprechen, doch er gab mir ein Handzeichen zum Schweigen.

Als ich heim kam, waren Cathlyn und Tom nicht mehr da. Vermutlich waren sie bereits auf dem Weg zur Arbeit. Ich sah auf die Uhr in der Küche. Viertel vor Acht. Mein Kopf schmerzte und ich fühlte mich einfach nur noch elend. Die ganze Sache mit Marc und Mandy, der Alkohol, der alte Typ und dann noch die peinliche Situation mit Parker - meinem Chef! - machten mich fertig.

Ich schloss die Tür in meinem Zimmer hinter mir und ließ mich kurz darauf in mein Bett fallen.

***

"Avery?" Ich gähnte und drehte mich weg. "Avery!" Ich stöhnte genervt auf und öffnete gequält die Augen. "Was willst du, Cat?" fragte ich als ich mein Gegenüber erkannte. Sie runzelte die Stirn und musterte mich besorgt. "Die Frage ist eher, was willst du hier?" gab sie ein wenig beleidigt zurück. "Wieso?" nuschelte ich und schloss meine Augen erneut, zu anstrengend war es gegen das Tageslicht anzublinzeln. "Weil es-", sie legte eine kurze Pause ein, vermutlich, um auf die Uhr zu sehen. "-halb zwei ist!" beendete sie empört den Satz. 

"Na und", seufzte ich. "Na und?" wiederholte sie mich irritiert. "Ich hab heute frei", erklärte ich knapp. Als nichts mehr kam, öffnete ich wieder meine Lider, um gleich darauf in die mich kritisch musternden Augen meiner Freundin zu sehen. "Was ist denn?" fragte ich schließlich.

"Wieso hast du dir frei genommen und wieso bist du einfach gegangen gestern und wo warst du?" Ihre Fragen prasselten auf mich ein und ich hatte Mühe sie wirklich zu verstehen.

Langsam rappelte ich mich auf. "Also erstens, Mandy hat sich an meine Bekanntschaft rangemacht. Ihr habt mich mehr oder weniger ignoriert und Marc hatte dann nur noch Augen für Mandy." Ich verdrehte bei der Erinnerung erneut die Augen, ehe ich fortfuhr. "Und dann bin gegangen. Parker hat mich auf dem Heimweg gesehen und das war's." Ich brach ab, weil ich wirklich keine Lust hatte, ihr alle Einzelheiten zu erzählen.

Sie nickte und dachte nach. "Parker?" fragte sie dann einfach nur und sah mich an. "Mein Chef", erklärte ich lahm. Sie verdrehte die Augen und wedelte mit der Hand. "Jaja, weiß ich doch. Aber", Sie richtete sich auf und grinste breit. "Hattet ihr etwa Sex?"

Meine Augen weiteten sich. Langsam schüttelte ich den Kopf. "N-nein", stotterte ich. Darüber hatte ich nicht mal nachgedacht. Ich war in Unterwäsche. In seinem Bett gewesen. Fuck! Nein.

Cathlyn lachte und legte beruhigend ihre Hand auf mein Bein. "Oh nein, Ave. Du weißt es nicht mal sicher? Warst du so dicht?" schlussfolgerte sie. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und sah sie grimmig an. "Das ist nicht lustig", mahnte ich sie.

"Ich würde mal sagen, du ruhst dich noch aus. Vielleicht kommen die Erinnerungen ja wieder und wenn nicht, frag ihn morgen im Büro besser", schlug sie vor und erhob sich. "Meine Mittagspause ist vorbei", stellte sie fest und lief zur Tür. Ich nickte. "Wenn was ist, ruf an", sagte sie noch grinsend, ehe sie die Tür schloss. Ich bedankte mich und ließ mich zurück aufs Bett fallen.

Konnte es noch schlimmer werden?

My BabeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt