2. Kapitel

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Ich lief aus unserem Wohnhaus und hielt Ausschau nach Mike, der mich wie jede Früh hier abholte.

Ein erneuter Blick auf die Uhr erinnerte mich an meine heutige Pünktlichkeit. Wahrscheinlich hatte er sich angewöhnt immer etwas später als ausgemacht zu kommen, denn ich war wirklich jeden Morgen zu spät. Aber heute war anders.

Quietschende Reifen rissen mich aus meinen Gedanken und ich sah auf. Mikes Auto bremste ab und fuhr an den Gehweg.

Ich stieg mit einem Grinsen ein.

"Alles klar bei dir?" fragte ich, nachdem ich angeschnallt war. Er nickte und fuhr sich durch sein blondes Haar. "Ich wollte noch zum Bäcker nebenan, weil du immer so spät dran bist und dann seh' ich dich da stehen", klagte er über meine unerwartete Pünktlichkeit. "Ach Mike", seufzte ich und richtete meinen Blick auf die Straße.

Wir gingen noch gemeinsam zum Bäcker, ehe wir zur Arbeit fuhren.

Als wir zur Tiefgarage fuhren, sprach er das neue Thema an, das innerhalb der Firma bereits die Runde gemacht hatte.

"Wie findest du unseren neuen Chef?" fragte er und wartete bis sich die Garagentür öffnete. Ich verdrehte die Augen und seufzte. "Er ist das komplette Gegenteil von unserem ehemaligen Chef." Mike nickte zustimmend und fuhr in die Garage.

"Mal sehen wie es heute wird", sagte er schließlich grinsend, als wir standen und ausstiegen. "Ohja", murmelte ich. "Mal sehen." Ein seltsames Gefühl breitete sich in mir aus.

Mike und ich waren seit meinem ersten Arbeitstag in dieser Firma befreundet. Und das nicht nur, weil er sich sofort bereit erklärt hatte mich jede Früh zu fahren, sondern auch weil man mit ihm unheimlich gut reden konnte und er kein Wort an irgendjemand anderen verlor. Er hatte diese "Top Secret"-Gabe. Seine Frau musste ihn lieben.

"Sehen wir uns in der Mittagspause?" fragte er, als wir im Aufzug standen. Ich nickte. "Willst du raus oder hier bleiben?" fragte er weiter. "Raus", erwiderte ich schnell. Ich hasste es, Mittagspause im Büro zu verbringen. Er lachte leise und lehnte sich gegen die Wand des Aufzugs. "Wir sehen uns", sagte er, bevor ich ausstieg. Ich schenkte ihm ein Lächeln, ehe ich verschwand.

"Avery!" rief mich Mandy, sobald ich mich auf meinen Platz setzte. Ich hob meinen Kopf und sah sie an. "Ja?" fragte ich. Sie stöckelte auf ihren unglaublich hohen Highheels in meine Richtung und ich verspürte den Drang, sie zu schubsen. Nur so. Um zu sehen was passiert, wenn man solche Dinger trug.

Stattdessen lächelte ich und erhob mich. Sie blieb stehen und holte theatralisch viel Luft. "Oh mein Gott", fing sie an. "Hast du den neuen Chef schon gesehen?" Ich sah sie irritiert an und nickte langsam. "Er ist so heiß, findest du nicht?" quiekte sie nervtötend.

Toll Mandy, nicht mal fünf Minuten hier und du killst mein Trommelfell.

Ich zuckte die Schultern und ließ zurück mich auf meinen Stuhl fallen. "Mandy, wir sind hier zum arbeiten", begann ich, doch ehe ich fortsetzen konnte, unterbrach mich eine dunkle Stimme.

"Gute Einstellung, Miss Brown."

Mandy drehte sich auf ihrem Absatz um und strahlte ihn an. "Mister Parker!" rief sie erfreut. "Hatten sie eine gute Nacht?" Irritiert wandte er seinen Blick schließlich an Mandy. "Kann man so sagen", erwiderte er knapp. 

Und jetzt fiel es mir auf. Er war attraktiv. Mehr als das. Seine hellbraunen Haare hatten diesen typischen Bin-gerade-aus-dem-Bett-gekommen-aber-perfekt-gestylt Look. Seine grau-blauen Augen waren zum dahin knien. Und dieser durchtrainierte Körper. Die perfekten weißen Zähne. Die schönen Lippen. Alles perf...

"Miss Brown?" unterbrach er meinen Gedankengang. "Haben Sie eine Frage?"

Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ihn die ganze Zeit angestarrt haben musste. Fuck. Wie. Peinlich. Ich blinzelte und richtete mich auf. "Nein, nichts. Sie haben nur ähm was an den Lippen", sagte ich und deutete in seine Richtung.

Irritiert fasste er sich an den Mund, konnte aber nichts finden. Wieso denn auch. Da war nichts. Mandy betrachtete mich einen Augenblick verwirrt, dann lachte sie auf. "Ach, Mister", flötete sie und legte eine Hand auf seinen Oberarm. "Avery findet Sie so attraktiv, sie war ganz verloren in Ihrem Anblick."

"Mandy, du kannst jetzt gerne gehen. Ich hab noch einiges zu erledigen", erwiderte ich mit falscher Freundlichkeit. Mister Parker sah uns beide nacheinander an. "Ich erwarte Professionalität", sagte er schließlich, drehte sich um und ging.

"Etwas an den Lippen?" scherzte Mandy, als er weg war.

"Geh!" zischte ich. Mit noch mehr eigener Peinlichkeit wollte ich nicht mehr konfrontiert werden.

My BabeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt