"Wer?" fragte ich erneut.
Meine Stimme klang lahm und dumm.
"Die Frau von Ethan Parker." Cat legte nachdenklich einen Finger ans Kinn. "Oder zumindest hat sie sich so vorgestellt." Sie zuckte die Schultern. "Keine Ahnung."
"Keine Ahnung?" echote ich. Jetzt klang ich noch begriffsstutziger, aber das war mir egal. "Cat, was hat sie denn gesagt oder gewollt?"
Die Augen meiner Freundin verengten sich zu Schlitzen. "Keine Ahnung, Ave!" zischte sie plötzlich und ein Teil von mir warnte mich vor der Dummheit, nachts übermüdet einen sinnlosen Streit mit Cat anzufangen. "Du erzählst mir ja nichts mehr, Avery!"
Ich blinzelte. Sie hatte Recht. Ein Teil von mir hatte sich so geschämt, wie mein ach so geordnetes Leben in tausend Einzelteile zerfallen war, dass ich meine Freundin - nein, meine beste Freundin - nicht mal mit ins Boot genommen hatte. Sie wusste nichts über meine Vergangenheit, den Grund, weshalb ich abgehauen war und sie wusste auch nicht, was zwischen Ethan und mir noch war. Ich seufzte geschlagen und fuhr mir mit beiden Händen über das Gesicht. Die Erschöpfung holte mich wieder ein, doch ich wusste, dass Schlaflosigkeit in meinem Zimmer auf mich wartete. Also machte ich das einzig sinnvolle und griff nach Cats Hand, um sie mit mir ins Wohnzimmer zu ziehen.
Sie folgte verwirrt, aber gehorsam und beäugte mich kritisch.
"Ähm... Darf ich auch rein kommen?" rief plötzlich eine Stimme aus dem Flur. Fuck, Kit. Ich brauchte wirklich mehr Schlaf und vielleicht auch ein klein wenig mehr Hirnzellen.
"Sorry, Kit! Natürlich. Komm rein, fühl dich wie zuhause! Die Küche ist den Flur runter, das Badezimmer rechts und du kannst dich hier im Wohnzimmer hinlegen." rief ich.
Für mehr Gastfreundschaft waren wir zu lange befreundet und ich zu müde. Shame on me.
Cat grinste und schüttelte den Kopf, doch ihre Augen hafteten weiterhin neugierig auf mir mit den unausgesprochnen Worten: Ich höre.
Also öffnete ich meinen Mund. Und ich erzählte. Fing von vorne an und von hinten. Erzählte alles, was mir in den Sinn kam und was mich vor allem in den letzten Tagen beschäftigt hatte.
Als er nach einer Weile unsicher in auf der Türschwelle verharrte, winkte ich Kit mit aufs Sofa, wo er sich vorsichtig auf die Lehne setzte und Cat interessiert beäugte, die ihm ein kurzes Lächeln zu warf, um sich dann wieder meiner miserablen Lebensgeschichte zu widmen.
Ich wusste nicht, wie lange ich erzählt hatte, aber je öfter Cat nickte und je länger ich sprach, desto mehr schien die Last von meinen Schultern zu fallen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit fühlte ich mich wie ausgeschüttet. Aber warm. Es war ganz anders als ich vermutet hatte. Cats Blick hatte sich nicht geändert. Sie hatte auch nicht die Nase gerümpft oder sich von mir distanziert - im Gegenteil. Als ich fertig war, hatte sie einen Arm um mich gelegt und ihren Kopf auf meiner Schulter gebettet. Es war ein stilles Danke für dein Vertrauen und ich fühlte mich ruhiger.
Kit hatte es sich auch bequem gemacht und seine Beine von sich gestreckt, während er ein Kissen umarmte und damit kämpfte, seine Augen offen zu halten.
Eine Weile saßen wir einfach so da, während der Himmel hinter den Fenstern heller und heller wurde. Das dunkle Schwarz einem Blau wich, das von einem neuen Tag erzählte.
Kits regelmäßiges Atmen verriet, dass er inzwischen eingeschlafen war.
"Magst du mir jetzt erzählen, was Adelyn gesagt hat?" fragte ich vorsichtig. Ich wusste nicht mal selbst, ob ich wirklich wissen wollte, was Ethans Verlobte hier vorgehabt hatte.
"Huh?" murmelte Cat irritiert.
"Du weißt schon, die Frau, die in der Nacht hier aufgekreuzt ist", half ich ihr auf die Sprünge. Meine Freundin rappelte sich auf und rieb sich müde die Augen. "Klar."
Ich sah sie erwartungsvoll an. War Adelyn aufgekreuzt, um mir zu drohen? Um zu fordern, dass ich mich auf ewig von ihrem Verlobten fernhalten und meinen Job kündigen würde? Ein Schauer lief mir über den Rücken und ich versuchte, meine Panik so gut es ging, klein zu halten. Noch wusste ich nicht, was sie gesagt hatte.
"Also eigentlich hat sie nicht viel gesagt", begann Cat nachdenklich. "Sie hat einfach sturmgeklingelt. Ich hatte Panik und dachte, es wäre etwas mit dir passiert." Sie warf mir einen bedeutenden Seitenblick zu, ehe sie wieder nach vorne und aus dem Fenster sah. "Sie hat nach dir gefragt. Ich meinte, ich habe selbst keine Ahnung, wo du bist und das war nicht mal gelogen! Also hat sie gesagt-" Cat verstellte ihre Stimme um ein paar Oktaven höher: "Richte ihr aus, dass sie meine Zukunft zerstört hat!"
Ich starrte sie an. "Was sollst du mir ausrichten?"
Cat verdrehte die Augen. "Na, dass du ihre Zukunft zerstört hast!"
Irritiert blickte ich auch nach vorne und drehte die Worte in meinem Kopf hin und her. Was sollte das bedeuten?
Cathlyn streckte sich. "Naja, nachdem was du mir erzählt hast und so wie ich es interpretieren würde, klingt es ganz so als hätte Ethan Parker endlich Konsequenzen gezogen." Sie gähnte.
"Konsequenzen?"
"Mein Gott, Avery. Bist du auf den Kopf gefallen?" Cat lachte und tätschelte mir behutsam die Haare. "Ich glaube, er hat mit ihr Schluss gemacht. Das ist, was ich denke."
Ich starrte sie an. War das wirklich eine Möglichkeit?
Meine Freundin blickte mich selbstzufrieden an. "Weißt du, wie du am besten herausfinden kannst, was Sache ist?" Sie wartete erst gar nicht auf meine Antwort, als sie fortfuhr: "Du solltest zu ihm. Ihn zur Rede stellen und wirklich alle Karten auf den Tisch legen."
"Was ist, wenn es einfach erbärmlich wird und er überhaupt nichts Ernstes von mir will?" fragte ich und erst jetzt spürte ich, wie sehr ich wirklich Angst davor hatte.
Cat lächelte mich sanft an. "Dann bin ich da, um alle Einzelstücke deines Herzens wieder zusammenzuflicken. Versprochen. Aber Lieben heißt riskieren, Ave. Ich dachte, das hättest du mittlerweile gelernt."
Ich nickte langsam.
"Danke, Cat. Für alles."
Sie schüttelte den Kopf und lehnte sich wieder an mich. "Nicht dafür."
Es brauchte nicht lange, als auch mich der Schlaf einholte, inmitten von Gedanken an Ethan und mein Vorhaben, ihm alles zu sagen, was ich so lange nicht ausgesprochen hatte.
Heute würde ich es tun. Ich würde zu ihm fahren und dann würde ich meine Antworten bekommen. Ich kuschelte mich enger an Cat.
Wenn Lieben riskieren hieß, hieß Freundschaft Sicherheit.
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My Babe
ChickLitAvery Brown lebt ein unscheinbares Leben. Mit 21 Jahren hat sie zwar einen guten Job, eine tolle Wohnung mit ihrer besten Freundin und genug Geld, um das Leben zu genießen, doch ein entscheidender Punkt fehlt ihr: die Liebe. Dass sich ihr beschaulic...