Kapitel 43

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Nach meinem Ausraster in der Mensa ist der restliche Tag eher ruhig abgelaufen. Jace und ich wurden von vielen unserer Mitschüler beglückwünscht, ansonsten wurden wir aber weitestgehend in Ruhe gelassen. Es ist auch mal wieder schön nicht ständig begutachtet und angestarrt zu werden.

Am nächsten Tag haben wir dann auch endlich Levin und Adam zu Gesicht bekommen, welche kaum von Olivias Seite wegzubekommen sind. Adam macht sich deutliche Sorgen um seine Schwester, welche noch immer nicht aufgewacht ist, während Levin die Krankenschwestern mit allerlei nützlichen Heilpflanzen unterstützt.

Nach dem Frühstück sind wir dann alle zum See gegangen, um ungestört miteinander sprechen zu können. Gedankenverloren starre ich auf die Wellen, welche durch das Hineinwerfen von Steinen entstehen. Davon gibt es an der Stelle hier einige, die David mit großem Schwung ins Wasser befördert. „Ihr müsst die Beiden einfach besiegen. Sie haben es verdient auf dem Boden zu kriechen und das zu erleben, was meine Schwester durchstehen musste.", flüstert Adam leise, den Blick ebenfalls auf die Wellen im Wasser gerichtet.

„Das wird nicht leicht.", gebe ich ebenso leise zu bedenken und schaue besorgt zu Jace, welcher in seinen eigenen Gedanken versunken zu sein scheint. Daher versuche ich noch etwas weiter von ihm abzulenken. Vermutlich sind es nämlich genau die beiden gewesen, die ihn damals als Opfer auserkoren haben und die treibende Kraft dahinter gewesen sind. Es muss schwer für ihn sein dem ganzen wieder ausgesetzt zu werden. Besonders, da wir einen schweren Kampf vor uns haben. Die beiden haben schon auf Olivia keine Rücksicht genommen. Dann werden sie uns mit allem angreifen, was ihnen zur Verfügung steht.

„Wie heißen die beiden überhaupt?" Kurz herrscht Stille, ehe Isabell grinsend antwortet. „Du bist wirklich unglaublich. Das sind Amelia und Timothy Conner. Sie stammen aus einer Familie, in welcher alle sehr begabte Elementare gewesen sind. Entsprechend groß ist auch ihr Ego."

„Wie sind die beiden so im Kampf? Welchen Eindruck hattet ihr?", will ich weiter wissen und versuche so viele Informationen zu sammeln, wie ich kann. Wir brauchen definitiv eine Strategie. Bisher hatten wir eher einfache Gegner. Abgesehen von Zacharias und Owen. Das war schon etwas schwieriger. Aber ich glaube keinen Moment dran, dass wir so gewinnen können, wie wir es da getan haben.

„Amelia ist eher darauf bedacht Abstand zu wahren und aus sicherer Entfernung anzugreifen. Auch hinterrücks, wenn es sich für sie anbietet. Darauf muss man immer achten. Du solltest niemals Wasser hinter dir haben. Das ist ihr liebstes Element. Pflanzen oder Erde verwendet sie dagegen eher selten. Trotzdem muss man daran denken, dass sie diese beiden Elemente auch perfekt beherrscht.", gibt mir überraschend Jace zur Antwort, weshalb ich ihn mit offenem Mund anschaue.

Auch alle anderen sind vollkommen erstarrt und niemand weiß, was er nun sagen soll. Deshalb ist es gut, dass Jace einfach weiterspricht, ohne sich von uns irritieren zu lassen.

„Timothy ist eher der Nahkämpfer. Er geht direkt auf einen los und hat keine Hemmungen damit Gewalt anzuwenden. Daher ist sein Lieblingselement die Elektrizität. Er liebt es seine Gegner bis zur Bewusstlosigkeit zu schocken und dabei ihre Schreie zu hören. Man sollte ihm also niemals zu nahe kommen.", endet Jace und ich bekomme zum ersten Mal eine genauere Vorstellung von seinem Leben an seiner alten Schule.

Mühevoll dränge ich die Tränen zurück und versuche mich zusammen zu reißen. Die anderen kennen den Hintergrund in diesen Worten nicht, doch sie können den Schmerz und die Bitterkeit in seinem Tonfall hören. Er sagt mehr aus, als es Worte könnten.

Noch immer stumm sehe ich dabei zu, wie Jace aufsteht und geht. Nach wenigen Schritten bleibt er jedoch stehen, dreht sich um und sieht mir direkt in die Augen. „Wir können gegen die beiden nicht gewinnen." Dann wendet er sich ab und verschwindet zwischen den Bäumen.

„Verdammt. Ich hatte komplett vergessen, dass er auch mal an dieser Schule gewesen ist.", höre ich Flavia leise sagen und einige gemurmelte Flüche von den anderen. „Ihr habt ja keine Ahnung.", gebe ich von mir und stehe auf. So schnell ich kann laufe ich ihm hinterher. Das kann ich so unmöglich stehen lassen.

Kurz bevor er die Schule erreicht, kann ich Jace schließlich einholen. Von dem Gerenne etwas außer Atem packe ich ihn an der Schulter. „Warte mal.", keuche ich und versuche wieder Luft zu bekommen, damit ich wenigstens ordentlich sprechen kann. Meine sportliche Verfassung ist wirklich ausgesprochen schlecht. Ich sollte daran unbedingt mal arbeiten. Später. Jetzt habe ich keine Zeit dafür.

„Diese Einstellung von dir hilft uns keinen Augenblick lang weiter.", gebe ich schließlich von mir, weshalb Jace wieder seine undurchdringliche Maske aufsetzt. Doch ich kann die Angst in seinen Augen erkennen. „Das ist kein Einstellungsproblem, sondern eine Tatsache. Sieh es ein oder lass es bleiben. Die beiden werden uns fertig machen." „Und da willst du es machen wie Ben und mich dort allein zurücklassen? Denn ich werde mich nicht einfach geschlagen geben.", erwidere ich entschlossen, auch, wenn ich mir dabei nicht so sicher bin. Doch das bemerkt er glücklicher Weise nicht.

Mit einem gequälten Stöhnen schlägt er sich die Hände vors Gesicht und dreht sich einmal im Kreis. „Du und deine unfassbare Sturheit! Wieso kannst du nicht einfach aufgeben und dich damit arrangieren?" Nun weiß ich, dass er mich auf diesem Kampfplatz nicht einfach zurücklassen wird. Er ist nicht wie Ben. Mir ist bewusst, dass ich viel von ihm verlange, doch wir können Timothy und Amelia nicht so einfach damit davonkommen lassen. Sie würden nur weiterhin alle terrorisieren, die ihnen über den Weg laufen. Und wir sind wahrscheinlich zwei der wenigen Personen, die sie aufhalten können.

„Wir werden uns für die Gemeinheiten rächen, die Ben und Olivia, an dir und wahrscheinlich auch jeder Menge anderer Menschen verübt haben. Und ich weiß, dass wir beide dazu in der Lage sein werden." Verzweifelt schaut er mich an, doch ich kann nur leicht lächeln. „Vertraust du mir etwa nicht?" „Nicht in diesen Dingen. Aber ich bin dabei. Wir werden sie besiegen oder mit zu Boden reißen."

„Du bist ein elender Pessimist.", lache ich auf und lege meinen Arm um seine Hüfte, um ihn wieder zurück zu unseren Freunden zu manövrieren. Der Tag ist noch jung und wir haben noch einiges vor uns. Es wird Zeit diese Aufgabe anzugehen, Pläne zu schmieden und noch ein wenig zu trainieren. Etwas, was wir auch gut gebrauchen können. Denn es wird nicht einfach gegen Amelia und Timothy zu bestehen.

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