Kapitel 9

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„Ich bekomme das einfach nicht hin!", gebe ich deprimiert von mir und kann ein genervtes Seufzen nicht mehr unterdrücken. Seit Tagen komme ich keinen Schritt voran. Und niemand kann mir erklären, wie meine Fähigkeit funktioniert! Von Tag zu Tag hasse ich mich selbst mehr dafür meine Kräfte überhaupt aktiviert zu haben.

Doch entgegen meiner Erwartung über einige aufmunternden Worte, sieht Lukas mich nur finster an. „Gibt es eigentlich mal einen Tag, wo du dich nicht über deine Kräfte beschwerst?", gibt er düster von sich und mustert mich abwertend. Eine solche Kälte hat er mir gegenüber noch nie angeschlagen. Was mich verwirrt die Stirn runzeln lässt.

„Tut mir leid, dass ich mir manchmal meinen Kummer von der Seele rede, aber dafür hat man doch Freunde! Ich höre euch doch auch zu und versuche zu helfen.", schieße ich sofort zurück, wenn auch eher verwirrt als richtig wütend. „Du solltest dich trotzdem mehr freuen!", gibt Lukas schnippisch zurück und legt sein Besteck beiseite. Auch ich habe inzwischen aufgehört zu essen und mustere meinen ältesten und besten Freund eingehend. Was er vielleicht gar nicht mehr ist, wenn ich ihn mir so ansehe.

„Was bitte sollte mich an meiner Situation gerade freuen?", will ich daher provokant wissen und spiele damit nicht nur auf meine Magie an. Und Lukas bemerkt das ganz genau. Schließlich ist er der Einzige, der davon weiß. Von meiner Familie und dem Verbot jemals wieder nach Hause zu kommen. Erneut verspüre ich die Trauer, versuche sie aber zu verdrängen. Jetzt genauer darüber nachzudenken, hilft kein bisschen.

„Ja, du bist so arm dran!", reißt mich Lukas mit seinen giftigen Worten aus meinen Gedanken. „Die arme Prinzessin unserer Schule, die sich mit der Ehre das achte Element besitzen zu dürfen herumschlagen muss! Die Aufmerksamkeit und der Ruhm müssen ja unerträglich sein!" „Du siehst nur die guten Seiten!", gebe ich nun ebenfalls etwas lauter zurück und funkel Lukas wütend an. Gerade er sollte es besser wissen!

„Ach ja, stimmt! Deine Familie hat dich ja verstoßen! Wahrscheinlich haben sie das nicht gemacht, weil du ein Element besitzt, sondern einfach, weil sie dich nicht mehr ertragen konnten! Eine perfekte Ausrede, um dich endlich loszuwerden!", zischt Lukas hasserfüllt und lässt mich damit erstarren. Mehr als jeder andere es gekonnt hätte, hat er mich verletzt. Meine Familie ist momentan mein wundester Punkt und mein ehemaliger bester Freund hat sein Wissen gegen mich verwendet. Denn ein Freund ist er definitiv nicht!

Ohne ein Wort zu sagen, stehe ich auf. Dass der Tisch vereist ist, interessiert mich nicht. Genauso wenig wie der Schnee überall im Raum und die Atemwolken der anderen. Der komplette Raum hat den Gefrierpunkt erreicht, genauso wie mein Inneres. Man sollte niemanden an sich heranlassen. Wenn man das tut, wird man verletzt. Von seiner Familie genauso wie von seinen Freunden.

Daher wende ich mich ab und verlasse den Raum. Ich gehe nach draußen. Ohne Jacke und mit kurzen Sachen. Die Natur und die Kälte sind mir lieber als alle Menschen dieser Welt! Denn die Natur spielt nichts vor und hintergeht einen nicht. Hier ist alles genau so wie es ist. Ehrlich und unverdorben. Trotzdem kann ich die Tränen nicht aufhalten, die meine Wangen hinunterlaufen und als Eis auf den Boden fallen. Nun bemerke ich auch, wie hinter mir alles eingefroren ist. Und ein extremer Wind herrscht. Nur nicht an der Stelle, an der ich mich befinde, sondern auf dem kompletten Schulgelände!

In den Fenstern sehe ich viele Gesichter, die mich alle beobachten. Unter anderem auch meine Freunde. Erschrocken wende ich mich ab. Ich will nicht, dass sie sehen, wie ich die Kontrolle verliere. Und das tue ich gerade. So schnell ich kann renne ich in den Wald. Dass das Unwetter immer weiter zunimmt und sich ein richtiger Blizzard zu bilden scheint, ist mir dabei egal. Ich will hier nur weg!

So schnell ich kann renne ich in den angrenzenden Wald, damit dieser mich vor den bohrenden und ängstlichen Blicken beschützt. Schließlich komme ich an einem See an, den ich vor lauter Schnee und Wind überhaupt nicht gesehen habe. Stolpernd versuche ich stehen zu bleiben, doch meine Angst ist unbegründet. Denn kaum betrete ich das Wasser, gefriert es. Der komplette See ist mit einem Mal zugefroren!

Doch leider kann ich mich auf dem glatten Untergrund nicht halten. Weshalb ich mit einem leisen Aufschrei falle und in die Mitte des Sees rutsche, wo ich einfach liegen bleibe. Schluchzend hocke ich mich einfach zusammen und lasse allem freien Lauf. Meinen Tränen und meinen Kräften. Der Sturm wird immer heftiger, immer kälter und es fällt so viel Schnee, wie ich noch nie in meinem Leben gesehen habe, doch es ist mir momentan einfach egal.

Eine schützende Kuppel hat sich um mich herum gebildet. Hier herrscht kein Wind, kein Schnee, nichts. Hier ist einfach alles ruhig. Ohne etwas zu tun, beobachte ich das Treiben um mich herum. Die Gefühle und Gedanken scheinen genauso in meinem Kopf umherzuschwirren, wie der Schnee im Wind.

Ich weiß nicht, wie lange ich hier alleine sitze und tausende Gedanken durch meinen Kopf schießen, ehe ich von einem hellen leuchten abgelenkt werde. Und wenig später fällt Jace in meine kleine windstille Kuppel.

Irritiert mustere ich ihn. Zum ersten Mal scheint ihm wirklich kalt zu sein. Zumindest sieht er so aus. In den Haaren hat er Eis und auch seine Wimpern sind mit Schnee verklebt. Sein Hemd ist nicht hochgekrempelt und seine Lippen sind etwas blau. In einer anderen Situation hätte ich Jace gefragt, ob er meiner Magie nicht standhalten kann, doch momentan bin ich darüber einfach entsetzt.

Ich habe so viel Kälte in mir, dass sogar der stärkste Feuerelementar unserer Generation Probleme hat. Doch bevor ich wieder in meinem Selbstmitleid verschwinden kann, treffen mich rauchgraue Augen. „Kayla.", flüstert er und scheint erleichtert zu sein mich gefunden zu haben. Langsam rappelt er sich auf und kommt zu mir. „Du machst es einem wirklich nicht leicht dich zu finden." Den Blick abwendend zucke ich lediglich mit den Schultern. Mir ist das alles so egal.

Doch Jace ist niemand der schnell aufgibt oder sich ignorieren lässt. Daher überrascht es mich nicht, als er mich an der Schulter packt und zu sich dreht. „Kayla, rede mit mir!" „Warum sollte ich?", gebe ich bitter zurück und sehe ihm emotionslos in die Augen. „Weil ich Kälte wirklich nicht leiden kann und ungern erfrieren würde. So zu sterben ist unehrenhaft für einen Feuerelementar.", gibt Jace trocken von sich und reibt seine Hände aneinander, wahrscheinlich um sie wieder etwas zu wärmen.

„Was machst du dann hier?", gebe ich immer noch bissig von mir und sehe es gar nicht ein meine Stimme weniger giftig klingen zu lassen. Nach Nettigkeiten ist mir gerade nicht. Doch das scheint Jace nicht zu stören. „Weil ich es kann." Seine Arroganz ist mit den Händen zu greifen und ich kann nicht anders als fragend eine Augenbraue nach oben zu ziehen. „Es gibt nun mal nicht viele Menschen, die es bei diesem Wetter länger als fünf Minuten draußen aushalten.", meint Jace schulterzuckend und sieht sich wieder um. „Könntest du vielleicht einfach einen Gang zurückschalten?", wendet er sich schließlich an mich, nachdem wir gemeinsam eine Weile das Schneetreiben beobachtet haben.

Mühsam stehe ich schließlich auf und lasse erstmal meine Knochen unangenehm knacken. Wer weiß wie lange ich in ein und derselben Position gesessen habe, ohne es zu merken. Unschlüssig sehe ich mich dann wieder um, während Jace mich genau beobachtet. Ich muss schrecklich aussehen. Denn auch wenn meine Tränen inzwischen getrocknet sind, wird meine Schminke vollkommen verschmiert sein und meine Haare müssen auch grauenhafter aussehen. Doch das ist wohl gerade mein geringstes Problem. Jetzt muss ich erstmal herausfinden, wie ich das Ganze hier wieder gestoppt bekomme. Nur leider habe ich wirklich keine Ahnung, wie ich das anstellen soll. 


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Endlich mal wieder ein Kapitel. Tut mir wirklich Leid, dass es so lange gedauert hat. Aber leider hatte ich die letzten Wochen Schichtbetrieb bei mir (meine Hochachtung vor allen, die das permanent machen) und darunter hat leider meine Kreativität etwas gelitten. Aber jetzt geht es hoffentlich in regelmäßigen Abständen weiter.

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