Kapitel 1

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Der erste Schultag ist immer etwas Grausames. Egal, ob man auf einer normalen Schule ist oder auf einer magischen. Doch dieses Jahr wird es besser laufen für mich und auch für meine Freunde. Denn nun sind wir nicht mehr die Anfänger. Dieses Schuljahr bekommen wir gesagt, welches Element wir in uns tragen und wie wir es benutzen können. Denn erst ab dem achtzehnten Geburtstag kann man erfahren, welches das eigene Element ist, wenn man denn eins hat. Sollten wir denn überhaupt über eins verfügen. Ich persönlich Zweifel da ja dran, schließlich ist es in meiner Familie überhaupt nicht vertreten.

Meine beste Freundin Flavia Steiner dagegen kommt aus einer Familie, in welcher alle zumindest zu einem kleinen Teil magisch begabt sind. Ihr traue ich zu, dass sie über ein mächtiges Element verfügt. Doch das alles werden wir gleich herausfinden. Gemeinsam mit meiner Freundin Flavia und unseren gemeinsamen Freunden David, Lucas und Isabell sind wir auf dem Weg in die große Halle, in welcher heute unser Schuljahr beginnt.

Unsere Gruppe ist so unterschiedlich, wie die Schüler an unserer Schule. Flavia mit ihren langen, blonden Haaren, der zierlichen Figur und dem aufbrausenden Temperament. Isabell ist eher zurückhaltend, mit ihren hellbraunen Haaren und einer Körpergröße von beinahe eins achtzig. Ihr Freund David ist jedoch noch größer und ein richtiger Spaßvogel. Die zwei sind so unterschiedlich, wie zwei Menschen es sein können und doch passen sie wunderbar zusammen. Das letzte Mitglied unserer Gruppe ist Lucas. Am Anfang haben uns alle für Geschwister gehalten, weil wir beide schwarze Haare und olivfarbene Augen haben. Und auch vom Körperbau her sind wir beide eher sportlich. Doch unsere Ähnlichkeit stört uns nicht. Sie macht uns nur zu besseren Freunden.

Und sollten wir über ein Element verfügen, dann werden wir uns noch weiter voneinander unterscheiden. Denn das eigene Element hat auch Auswirkungen auf das Aussehen. Manchmal sind es Strähnen in der Elementfarbe, bei anderen die kompletten Haare oder auch die Augenfarbe. Ich bin gespannt, wie es sich bei jedem Einzelnen auswirken wird.

„Ich bin gespannt, welches Element meins sein wird.", freut sich Flavia neben mir aufgeregt, während ich eher zurückhaltend den Strom der Schüler beobachte. Wir sind etwa achtzig Schüler, wovon mindestens ein Drittel über kein Element verfügen wird. „Wenn wir denn eins haben.", höre ich mich selbst sagen, bevor ich mich zurückhalten kann. Die bösen Blicke meiner Freunde brennen bereits auf meiner Haut, bevor ich es bereuen kann meinen Pessimismus laut ausgesprochen zu haben.

„Wenn du so an die Sache ran gehst, dann wird das natürlich auch nichts.", meint Lucas direkt, welcher, ebenso wie ich, nicht aus einer Familie mit Elementaren kommt. „Genau! Ein bisschen Optimismus würde dir nicht schaden.", steuert auch Isabell ihre Meinung bei, was ich jedoch einfach ignoriere. Diese Diskussion führt zu nichts. Das haben wir schon viel zu oft hinter uns, um da noch einmal freiwillig auf das Thema zurück zu kommen.

„Lasst uns lieber Plätze suchen. Es müsste bald anfangen.", lenke ich alle ab und laufe schon voraus, um dem Gespräch mit meinen Freunden aus dem Weg zu gehen. Doch als ich die große Halle betrete, bleibe ich direkt wieder in der Tür stehen. Es haben sich schon beinahe alle auf den in Reihen aufgebauten Stühlen versammelt und schauen gespannt nach vorne, auf die noch leere Bühne.

Schnell setzen wir fünf uns in eine der hinteren Reihen, in welcher noch Plätze frei sind, und lassen uns gerade in dem Moment darauf fallen, als unsere Klassenlehrerin mit zwei weiteren Lehrern die Bühne betritt. In der Hand hält sie ein Mikrofon, in welches sie nun beginnt zu sprechen. „Hallo liebe Schülerinnen und Schüler. Herzlich willkommen in eurem zweiten Jahr an unserer Schule. Nun wird sich zeigen, in welche Klasse ihr kommen werdet. Ob in eine der vier Elementarklassen oder ein ganz normale."

Als weiterhin gespannte Stille herrscht, gibt sie ein Zeichen und an den Seiten unserer Stuhlreihen stellen sich einige Lehrkräfte mit Tabletts und Bechern darauf auf. Verwirrt tauschen meine Freunde und ich Blicke aus, doch bevor jemand fragen kann, redet ein Lehrer auf der Bühne weiter. „In diesen Bechern ist ein Getränk, welches eure elementare Magie hervorlockt, wenn ihr denn welche besitzt. Doch seid gewarnt, es könnte zu einigen Nebenwirkungen kommen. Schwindel, Übelkeit oder auch verschwommene Sicht sind nur einige davon. Ihr könnt immer noch zurücktreten und freiwillig in eine normale Klasse gehen. Dieser Weg steht euch selbstverständlich immer offen."

Nun nimmt die dritte Lehrerin das Mikrofon in die Hand, während sich in mir Unsicherheit und Entschlossenheit abwechseln. Doch schließlich siegt die Neugier. Ich will Gewissheit haben, ob ich ein Element besitze oder nicht. Das würde ich mich sonst immer fragen. Und eine andere Entscheidung wahrscheinlich mein Leben lang bereuen.

„Jeder von euch, der an dieser Stelle abbrechen möchte, kann dies jetzt tun und gehen. Alle anderen bleiben bitte sitzen und nehmen den Becher entgegen, der euch gereicht wird." Kurz wartet die Frau ab und wir sehen dabei zu, wie acht Schüler den Raum verlassen. Die fragenden Blicke meiner Freunde ignoriere ich einfach und nehme meinen Becher an, der mir von meiner Biologielehrerin gereicht wird. Aufmunternd lächelt sie mich an, dann geht sie weiter.

Und auch die Frau auf der Bühne redet weiter. „Ihr solltet euer Getränk mit einem Zug austrinken. Aber Achtung, es schmeckt nicht sonderlich.", warnt sie noch, doch da habe ich schon den Becher angesetzt. Mit mehreren schnellen Schlucken, bei denen ich mich zurückhalten muss, nicht gleich wieder alles auszuspucken, trinke ich den Becher aus. Neben mir höre ich leise Würgegeräusche und schaue zu Flavia, die mit einem gequälten Gesichtsausdruck meinen Blick erwidert. Das Zeug schmeckt wirklich schrecklich, doch so schlimm, wie einige es machen, ist es auch wieder nicht. Oder ich habe mir einfach durch zu viele Chilis meine Geschmacksnerven verdorben.

„Nun seid ihr entlassen. Begebt euch bitte gleich auf eure Zimmer. In vierundzwanzig Stunden treffen wir uns wieder hier, um zu sehen, wer in welche Klasse gehört.", entlässt uns unsere Lehrerin.

Langsam gehen wir nach draußen. Bisher geht es mir gut, wenn man von dem komischen Nachgeschmack absieht. Ich muss in meinem Zimmer unbedingt erstmal Zähne putzen gehen. Doch einige sehen bereits blass aus oder halten sich den Bauch. Aber vielleicht geht es mir auch nur nicht schlecht, weil ich keine Magie habe?

Gemeinsam mit Flavia mache ich mich auf den Weg zu unseren Zimmern. Isabell und David wohnen ab diesem Jahr zusammen auf der Akademie in einem Pärchenzimmer und müssen daher in ein anderes Gebäude. Und auch Lucas muss zum Haus der Jungen.

„Dann bis morgen. Ich hoffe ihr schafft den Tag ohne Probleme.", meint Isabell und drückt Flavia und mich kurz, bevor sie dem etwas kleineren Lucas durch die Haare wuschelt. „Das ist so ätzend, wenn du das machst!", beschwert er sich, verabschiedet sich aber ebenfalls und rennt beinahe schon bis zu seinem Zimmer. Ich glaube, dass ihm bereits schlecht ist.

Da es mir noch immer gut geht und Flavia wohl nur etwas schwindelig ist, gehen wir eher langsam weiter. „Meinst du es geht einem schlecht, wenn man über ein Element verfügt?", frage ich sie ernsthaft, weil es mir wohl als eine der Wenigen gut zu gehen scheint. „Das weiß ich nicht. Aber ich würde mich noch nicht zu früh freuen. Du siehst schon etwas blass aus.", gibt sie nachdenklich zurück und lehnt sich an den Rahmen ihrer Zimmertür, während ich meins aufschließe.

Ich will ihr gerade widersprechen, da rumort es in meinem Magen. Im nächsten Moment bin ich auch schon auf dem Weg zum Klo, um dort mein komplettes Frühstück wieder von mir zu geben. Gerade als ich wieder aufstehen will kommt eine neue Welle Übelkeit und ich muss erneut brechen. Ich bereue bereits jetzt mir diesen Mist selbst zugefügt zu haben. Völlig fertig lege ich mich einfach mit dem Rücken auf die Fließen und winkel die Beine an. Vielleicht wird es ja so besser?

Ein leises Klopfen an der Badezimmertür lässt mich jedoch aufschrecken. „Kayla? Alles okay bei dir? Brauchst du etwas?", höre ich die zaghaft klingende Stimme von Flavia, welche wahrscheinlich vor der Tür steht und nicht so richtig weiß, was sie tun soll. „Du könntest mir ein Kissen, eine Decke und meine Wasserflasche geben. Ich glaube, ich werde den Tag hier verbringen.", gebe ich gequält von mir und bin froh, dass ich jetzt nicht selbst aufstehen muss, um mir die Sachen zu holen.

„Ich danke dir. Leg dich lieber auch hin, bevor es dir so ergeht wie mir.", gebe ich leise zurück und muss aufpassen, dass ich mich nicht gleich wieder übergeben muss. „Dann sehen wir uns später. Kannst mir ja schreiben, wenn es dir besser geht." Mit einem leichten Lächeln sehe ich zu meiner Freundin auf. Die meisten Menschen halten sie aufgrund ihrer Abstammung für oberflächlich oder arrogant, aber ich weiß, dass sie ihre Freunde niemals im Stich lassen würde. „Danke. Mach ich."

Und dann ist sie auch schon verschwunden. Worüber ich sehr froh bin. Wenn es mir schlecht geht, dann bin ich nämlich unausstehlich. Und dann will ich auch niemanden um mich herumhaben. Doch um diese ganze Krankheitsgeschichte zu umgehen, beschließe ich erstmal eine Runde zu schlafen. Danach wird es mir bestimmt besser gehen. Zum Glück konnte ich diese Nacht nicht sonderlich gut schlafen und bin dementsprechend müde. Innerhalb weniger Minuten bin ich auch schon eingeschlafen.

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