Kapitel 4

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Nachdem die ganze Schule nun über mich Bescheid wusste, habe ich mich so schnell wie möglich in mein Zimmer zurückgezogen. Die vielen Blicke und das Getuschel sind mir so auf die Nerven gegangen, dass ich nicht mal meine Pizza zu Ende gegessen habe, sondern mir etwas von meinen Süßigkeiten auf meinem Zimmer gegönnt habe. Bis wenig später meine Freunde an meiner Tür aufgetaucht sind, um mich auszuquetschen.

„Wie oberkrass ist das denn bitte?", meint Flavia als erste und wirft sich neben mich auf mein Bett, während die anderen sich auf meinem Fußboden verteilen und zustimmend nicken. Seufzend vergrabe ich meinen Kopf in meinem Kissen. Das ist nicht unbedingt das, was ich hören wollte. „Das wollte ich doch aber gar nicht! Ihr wisst, dass ich nicht gerne im Mittelpunkt stehe!", gebe ich durch das Kissen gedämpft von mir. „Da wirst du dich wohl oder übel dran gewöhnen müssen.", gibt Isabell ungerührt von sich, weshalb ich ihr einen bösen Blick zuwerfe. Im Aufmuntern war sie schon immer die Beste. Und dabei ist Flavia sonst immer so unsensibel.

„Isabell!", weist nun auch David sie zu Recht und sieht seine Freundin überrascht an. Welche mich jedoch weiterhin mitleidlos mustert. „Sie sollte glücklich sein über die Fähigkeiten, die sie bekommen hat. Aber stattdessen nörgelt sie hier rum und bekommt von euch auch noch Mitleid!" Erschrocken sehen wir sie alle an und sogar Flavia ist sprachlos. Und dann auch noch dieser arrogante Blick, den sie mir zuwirft. Das macht mich aggressiver als alles andere. „Du willst mir also erzählen, dass es dir nicht unangenehm wäre, wenn alle dich anstarren? Das du es toll fändest, wenn die ganze Schule über dich redet? Und, dass es vollkommen in Ordnung ist die einzige Person auf der verfluchten Welt zu sein, die über diese eine Fähigkeit verfügt?", zische ich ihr zu, was Isabell bei jedem meiner Worte weiter in sich zusammensinken lässt.

„Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.", gibt Isabell jetzt geknickt von sich, bevor sie sich wieder sammelt und erneut aufrichtet. „Aber ist diese Macht den Ärger nicht wert?", will sie nun wieder schüchtern wissen und alle sehen mich fragend an, während ich überlege, wie ich dazu stehe.

„Wäre die Situation anders, dann ja. Würde es Lehrer geben, die mir das Beibringen könnten, was ich wissen muss. Aber das geht nicht. Letztendlich bin ich auf mich allein gestellt. Und das ist etwas, das ich nie wollte.", gebe ich leise zurück und lehne mich an Flavias Schulter, die mir beruhigend über den Rücken streicht.

„Das ist ein Argument. Aber wenn es jemand schafft sich sein Element selbst beizubringen, dann du.", spricht mir Lukas gut zu und drückt meine Hand. „Danke.", gebe ich leicht lächelnd von mir und bin froh über meine Freundschaft zu ihm. Lukas hat mich schon immer verstanden und zu mir gehalten. Etwas, das ich leider nicht immer so zu schätzen wusste, wie ich sollte. Aber heute wird es mir mal wieder deutlich bewusst.

„Genau. Lass mal schauen was du kannst!", meint Flavia nun enthusiastisch und springt auf. Im nächsten Moment kommt sie mit meinem mit Wasser gefüllten Zahnputzbecher zurück und hält ihn mir hin. Zweifelnd sehe ich erst den Becher und dann meine Freunde an, welche mir jedoch nur Mut zusprechen. Schließlich zwinge ich mich den Becher in die Hand zu nehmen.

Doch wie, zumindest von mir, erwartet passiert nichts. Aber so schnell sind meine Freunde nicht zufrieden und nun ist auch mein Ehrgeiz geweckt. Stirnrunzelnd schließe ich die Augen und versuche mich zu konzentrieren. Doch bisher habe ich mein Element noch nie mit Absicht hervorgerufen. Aber so schwer kann das ja nicht sein!

Daher tauche ich im nächsten Moment meinen Finger ins Wasser und versuche das Gefühl heraufzubeschwören, welches ich bisher in den Situationen gehabt habe. Und prompt spüre ich, wie das Wasser in dem Becher gefriert. Überrascht, dass es tatsächlich funktioniert hat, öffne ich wieder meine Augen und schaue auf das Eis, welches sich gebildet hat.

„Wie cool ist das denn?", flüstert Flavia begeistert und nimmt mir den Becher ab, um sich das gefrorene Wasser genauer anzusehen. Bis sie es schließlich weitergibt. „Zugegeben, dass ist unglaublich faszinierend.", gibt David von sich und sieht mich beinahe entschuldigend an. Aber ich kann nicht anders als ihm zuzulächeln.

Und als Isabell mich fragend ansieht, ziehe ich sie einfach in eine Umarmung. „Tut mir leid.", flüstert sie mir noch einmal zu, weshalb ich sie noch einmal drücke. „Als könnte ich dir lange böse sein.", flüstere ich ihr verschmitzt zurück und kitzel sie im nächsten Moment durch, worin mich die anderen gerne unterstützen.

Nachdem wir noch eine Weile geredet haben, suchen meine Freunde schließlich auch ihre Zimmer auf. Und ich nutze die Zeit, um mich bei meiner Familie zu melden. Meine Eltern und mein älterer Bruder werden sicher schon gespannt sein von mir zu hören. Nervös greife ich nach einigen Minuten des Abwartens nach meinem Handy. Ich weiß auch nicht warum, aber irgendwie bin ich aufgeregt und unsicher. Die erste aus meiner Familie, die über ein Element verfügt und dann auch noch über das achte und letzte Element.

Doch bevor ich es mir anders überlegen kann, ertönt schon das Rufzeichen und bereits nach dem ersten Klingeln nimmt jemand ab. „Mama?", frage ich unsicher in den Hörer, da niemand sich meldet. Doch dann höre ich Töpfe klappern, gefolgt von der Stimme meiner Mutter. „Kayla, Schatz, wie schön das du anrufst! Wie ist es in der Schule?" Kurz muss ich schlucken, dann platzt es aber direkt aus mir heraus. „Wir hatten heute die Ermittlung der Elemente!", beginne ich, doch meine Mutter lässt mich nicht einmal ausreden. „Ach Schatz, es ist doch überhaupt nicht schlimm, dass du über kein Element verfügst! Wir lieben dich trotzdem."

Wenn es doch nur so wäre! „Aber Mama, ich habe ein Element!", unterbreche ich ihre besänftigenden Worte, die ich überhaupt nicht brauche. Und nach meinen Worten verstummt sie auch sofort. „Du hast ein Element?", ist die etwas atemlose Nachfrage meiner Mutter, welche ich nun bestätige. „Nicht nur eins.", flüstere ich beinahe ins Telefon und will eigentlich gar nicht wissen, was sie nun sagen wird. Doch trotzdem kommt nach einigen Momenten die Antwort. „Und welches hast du?", flüstert nun auch meine Mutter ins Telefon und ich muss bei ihrer vorsichtigen und beinahe ängstlichen Frage die Augen schließen.

„Ich habe das achte Element.", gebe ich leise zurück und warte nun mehrere Minuten auf eine Antwort. „Du hast das achte Element?", gibt sie nun tatsächlich ängstlich klingend von sich, während ich im Hintergrund meinen Vater aufgebracht rufen höre. „Sie hat was? Gibt sie mir!" Erschrocken schaue ich auf mein Handy, aus welchem jetzt leises Geflüster zu hören ist, gefolgt von der Stimme meines Vaters. „Wenn das ein Witz sein soll, Kayla, dann ist das nicht lustig!", brüllt er beinahe, weshalb ich das Telefon ein bisschen weiter weghalten muss.

„Das ist kein Witz." Leider kann ich nicht verhindern, dass meine Stimme traurig und gequält klingt, was mein Vater jedoch entweder nicht bemerkt oder einfach ignoriert. „Wenn das so ist, dann wünsche ich dir viel Spaß in der Schule. Ich muss jetzt auflegen." Und damit ist das Gespräch beendet und nur noch das laute Tutgeräusch vom anderen Ende der Leitung zu hören.

Vollkommen irritiert und verwirrt sehe ich eine Weile mein Handy an, bevor ist es beiseitelege und entgeistert vor mich hinstarre. Was war das eben? Es hat sich so nach Abschied angefühlt. Ich weiß ja, dass niemand in meiner Familie Elementaren über den Weg traut, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie mich so plötzlich ausgrenzen würden.

Bedrückt mache ich mich fertig und gehe anschließend ins Bett. Wie können mir meine eigenen Eltern das nur antun? Ich bin doch niemand anderes als vorher! Enttäuscht von meiner Familie und mich selbst hassend schlafe ich schließlich ein. Mein letzter Gedanke gilt dem Wunsch, dass ich meine Gefühle genauso einfrieren kann, wie das Wasser vorhin. Das würde mir einiges erleichtern. Aber leider ist das nicht möglich.

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