Kapitel 6

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Nachdem ich ausversehen Luft eingefroren habe, hat Herr Meyers mich erstmal entlassen. Er will sich überlegen, wie wir meine Kräfte am besten trainieren können. Und mir verboten zu versuchen sie selbstständig einzusetzen. Da niemand weiß was ich alles kann und über wie viel Macht ich überhaupt verfüge, habe ich, ohne zu zögern, zugestimmt und bin schon beinahe zu meinem Zimmer gerannt.

Dort habe ich mich einfach auf mein Bett geworfen und in Selbstmitleid gebadet. Und nachgedacht. Meine Eltern wollen mich nicht mehr sehen. Sie verstoßen mich sogar aus der Familie. Meine Fähigkeiten übersteigen alles, was bisher da gewesen ist und niemand kann mir erklären, wie ich das in den Griff bekomme.

Verzweifelt versuche ich noch einmal zuhause anzurufen, werde aber sofort weggedrückt. Was mehr schmerzt als es Worte getan hätten. Daher schaffe ich es auch nicht mehr meine Tränen zurückzuhalten, welche ungebremst meine Wangen hinunterfließen. So sitze ich auf meinem Bett und starre nach draußen, als es auf einmal an der Tür klopft und diese wenig später einfach geöffnet wird.

Innerlich verfluche ich mich dafür, dass ich nicht abgeschlossen habe, versuche jedoch unauffällig meine Tränen abzuwischen, ehe ich einen Blick über die Schulter wage. Doch zu meinem Glück ist es nur Lukas, welcher mich besorgt mustert.

„Du warst nicht beim Essen. Da haben wir uns Sorgen gemacht. Was ist los?", platzt es aus ihm heraus und wenig später sitzt er neben mir im Bett und nimmt mich in den Arm. Ohne es verhindern zu können fließen mir wieder Tränen übers Gesicht und ich vergrabe meinen Kopf an seiner Schulter, während ich mich an ihm festhalte.

„Ich wünschte ich hätte diesen Test nie mitgemacht! Ich will das nicht! Du hättest es haben sollen und nicht ich. Diese Kräfte bringen nur Ärger und Kummer!", bringe ich schließlich heraus und versuche mich zu beruhigen. Was aber nur zu Schluckauf führt. Vergeblich versucht Lukas mich einige Minuten lang zu beruhigen, doch ich habe mich inzwischen so hineingesteigert, dass nichts mehr zu helfen scheint.

Bis Lukas auf einmal beginnt mich durchzukitzeln. Lachend liege ich nun auf meinem Bett und versuche mich zu wehren, bis er schließlich aufhört. Neben mir lässt er sich auf die Matratze fallen und sieht an meine weiße Decke, was ich ihm gleich tue.

„Jetzt noch mal langsam. Was ist passiert?" Da ich Lukas wie niemand anderem vertraue bricht es schließlich aus mir heraus. „Meine Eltern haben mir aus der Familie verstoßen. Sie haben Angst vor mir und meinen Kräften und wollen mich nie wieder sehen. Und ich kann es ihnen nicht einmal verdenken." Kurz muss ich eine Pause machen, um einmal tief durchzuatmen.

„Statt einer Familie habe ich jetzt also Kräfte, die ich nicht kontrollieren kann. Und die niemand zuvor jemals zu Gesicht bekommen hat!" Nach meiner Aussage herrscht erstmal Stille, ehe Lukas seinen Blick von der Decke nimmt und auf mich richtet.

„Deine Familie bekommt sich schon wieder ein. Die müssen sich nur erstmal an den Gedanken gewöhnen. Aber du bist immer noch du selbst. Und irgendwann werden sie das auch begreifen.", spricht Lukas mir gut zu und nimmt meine Hand in seine, was mich wieder etwas beruhigt. Immerhin habe ich ihn nicht eingefroren oder dergleichen.

Doch bevor ich näher darüber nachdenken kann, spricht Lukas auch schon weiter. „Und den Rest bekommst du auch noch hin. Du hast deine Kräfte gerade einmal zwei Tage. Du schaffst das schon! Du musst nur etwas Geduld haben!"

Eine Weile herrscht Stille zwischen uns, in der ich über Lukas' Worte nachdenke. Er hat schon recht. Vielleicht müssen wir uns alle nur erstmal an den Gedanken gewöhnen und uns damit abfinden. Niemand von uns hat geahnt, dass diese Art von Kräften in mir schlummert, und daher sind wir auch alle sehr überrascht.

Womit ich mich selbst auch mit einschließe. Vielleicht muss ich mich erstmal damit abfinden so mächtig zu sein. Im Mittelpunkt will ich trotzdem nicht stehen, doch das wird sich wahrscheinlich nicht verhindern lassen. Trotzdem werde ich meine Freunde nicht aufgeben. Gerade in Momenten wie jetzt sind sie unglaublich wichtig.

Mein Magenknurren weckt mich schließlich aus meinen Gedanken, was uns Beide zum Lachen bringt. Kopfschüttelnd richtet Lukas sich auf und grinst mich breit an. „Lass uns schauen, ob wir noch etwas zu essen bekommen. Nicht das du noch versuchst an mir zu knabbern." Lachend stehe auch ich auf und gehe noch kurz ins Bad, um zumindest die groben Spuren meines Zusammenbruchs zu beseitigen.

„Du bist doch viel zu zäh.", ziehe ich ihn auf, als ich mir etwas Schminke ins Gesicht streiche, um meine roten Wangen und meine aufgequollenen Augen zu verdecken. Schließlich bin ich halbwegs zufrieden und gehe zurück in mein Zimmer, in welchem Lukas bereits an der Tür auf mich wartet. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg in den Speisesaal. Und wieder einmal bin ich froh einen solchen Freund gefunden zu haben. In der Mensa treffen wir direkt auf unsere Freunde, die bereits auf uns warten.

Gemeinsam schafften sie es mich von meinen unschönen Gedanken abzulenken, welche ich nun in meinen Hinterkopf verbannen kann. Hoffentlich hat Lukas recht und meine Familie muss nur erstmal den Schreck überwinden. Und auch meine Kräfte werde ich schon noch irgendwie kontrollieren lernen. Hoffe ich zumindest.

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