Kapitel 20

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Eine Stunde später ist es dann so weit. In der Nähe des Sees warten wir auf Jace und den Direktor, welche auch wenig später bei uns eintreffen. Wie immer hat Jace sein arrogantes Lächeln aufgesetzt, auch wenn ihn seine Augen verraten. Ein Hauch Sorge hat sich hineingeschlichen und ich glaube auch, dass ich unterschwellig Angst darin erkennen kann. Da ich Jace immer am schlechtesten einschätzen kann, habe ich mir angewöhnt ihm seine Emotionen an den Augen abzulesen.

„Hallo, Eisprinzessin, kannst du meine Hilfe gebrauchen?", beginnt Jace direkt mich zu nerven, doch ich habe nur ein gelangweiltes Lächeln für ihn übrig. Auf so etwas bin ich vorbereitet gewesen. „Wie ich gehört habe, brauchst auch du etwas Hilfe, Asbre." Kurz flackert etwas Wut über sein Gesicht, doch schnell kann er es wieder verbergen.

„Dann wollen wir beginnen. Kayla und Jace, stellt euch bitte in einigem Abstand gegenüber voneinander auf.", beginnt unser Direktor direkt uns Anweisungen zu geben, welchen ich mit zusammengepressten Lippen nachkomme. Auch, wenn ich ehrlich gesagt keine Lust habe mich von ihm herumkommandieren zu lassen. Als wir in Position sind sehe ich wieder zu unserem Direktor. Meine Lehrerin steht neben ihm, sieht aber ebenfalls nicht glücklich aus. In mir macht sich ein mulmiges Gefühl breit, doch ich habe keine Chance nachzufragen.

„Jetzt kämpft ihr gegeneinander. Ihr könnt all eure Fähigkeiten benutzen.", ergreift der Direktor das Wort und ich spüre, wie ich deutlich blasser im Gesicht werde, als ich so schon bin. „Wie bitte? Sind sie irre?", will ich laut und beinahe schon hysterisch wissen, doch die Bewegung von Jace lässt mich meine Aufmerksamkeit ihm schenken. Er hat einen Feuerball in der Hand und fokussiert mich.

„Komm schon, Eisprinzessin. Das wird lustig." „Das war doch deine bescheuerte Idee!", zische ich ihn an, was mir ein schelmisches Lächeln einbringt. Wenn er sich wirklich mit mir anlegen will, dann kann er das gerne versuchen. Mal sehen, wessen Fähigkeiten besser sind. Mein Eis oder sein Feuer!

Ich bringe mich in Position und konzentriere mich auf Jace. Ohne weiter zu zögern wirft er einen Feuerball auf mich und ich lasse vor mir eine Wand aus Eis entstehen, wie damals als Schutz vor dem blonden Feuerelementar. Der Feuerball verpufft an meiner Wand, doch Jace lässt sich davon nicht beirren. Weiteres Feuer setzt er gegen mich ein, bis er zu einem direkten Strahl übergeht, den er auf meine Eiswand richtet.

Fiberhaft überlege ich, wie ich ihn stoppen könnte, bevor er durch die Wand gebrochen ist. Dann fällt mein Blick auf den See. Wenn ich ihn in einen Strudel aus Wasser schließen könnte, dann würde ihn das vielleicht davon abhalten mich grillen zu wollen. Doch bevor ich meine Idee in die Tat umsetzen kann, höre ich ein bedenkliches Knirschen meines Eises und kann mich gerade noch so auf den Boden fallen lassen, ehe ein Feuerstrahl über mich hinweg schießt. Ich lasse, noch immer auf dem Boden liegend, eine neue Feuerwand entstehen, bleibe jedoch auf dem Schnee liegen.

„Komm schon.", murmel ich immer wieder leise vor mich hin, meine Hand zum Wasser ausgestreckt und hoffend, dass sich unter der Eisschicht, mit welcher der See noch immer überzogen ist, etwas rührt. Und tatsächlich. Das Eis zieht sich langsam zurück. Wie auch immer ich das tue, es ist mir egal. Ich bin einfach nur glücklich darüber, dass es funktioniert.

Wieder ertönt ein lautes Knacken meiner Eiswand, doch dieses Mal bin ich vorbereitet. Und ich verstärke meine Anstrengung das Wasser meinem Willen zu unterwerfen. Kleine Wellen entstehen auf der Oberfläche, doch leider keine Riesenwelle, welche Jace einfach davon fegt. Bevor mir meine eigene Eiswand wieder um die Ohren fliegen kann, stehe ich auf und laufe direkt auf den See zu, raus aus meiner Deckung. Doch Jace ist zu konzentriert, um das gleich zu bemerken.

Erst als ich mitten auf dem See stehe, sieht er mich richtig an und stoppt seinen Angriff auf meine Eiswand. Mit einer hochgezogenen Augenbraue sieht er mich an. „Was soll das, Eisprinzessin? Mein Feuer trifft dich auch da!", ruft er mir zu und kommt an den Rand des Sees. Er denkt, dass er dort in Sicherheit ist. Doch das stimmt nicht. Wenn mir das Wasser schon nicht gehorcht, dass Eis tut es in jedem Fall.

Da ich nicht gewillt bin Jace zu antworten, konzentriere ich mich voll und ganz auf meine Kräfte. Da der See bei der ersten Berührung mit meinem Fuß unter mir bereits vollkommen zugefroren ist, fällt es überhaupt nicht auf, dass ich mein Eis darüber hinausschicke. Und bevor Jace es bemerkt, habe ich seine Füße bis zu den Knien eingefroren. Nun kann er nicht mehr weg. Doch das scheint ihn nur ein Wenig zu irritieren.

Feuer schießt aus seinen Händen und trifft auf mein Eis, wie gerade mit der Wand. Doch das wird nicht schnell genug gehen. Ich knie mich im nächsten Moment auf den Boden, die Hände auf die vereiste Oberfläche des Sees gedrückt. Ich werde diesem Idioten seine Arroganz austreiben, darauf kann er sich verlassen. Mich zu einem Kampf zu zwingen, nur um zu beweisen, dass er stärker ist als ich, war der größte Fehler seines Lebens.

Ich werde zwar langsam müde, wie immer, wenn ich zu oft meine Kräfte eingesetzt habe, doch noch geht es. Daher konzentriere ich mich auf das Wasser unter mir. So langsam bekomme ich ein Gefühl dafür. Es ist anders als das Eis. Nicht so starr und schwerfällig. Eher lebendig. Vor meinem inneren Auge stelle ich mir vor, wie das Wasser die Eisoberfläche durchdringt. Wie es die Eisdecke aufbricht und Jace wegschwemmt.

Immer wieder stelle ich es mir vor. Und dann erklingt ein lautes Knacken. Das Eis unter mir bewegt sich. Immer stärker stelle ich mir das Ganze vor und bewege währenddessen keinen Muskel. Das Knacken wird lauter und endet in einem lauten Knall. Das Eis bricht komplett auf und erhebt sich zu einer noch größeren Welle, als ich sie mir vorgestellt habe.

Erschrocken holt Jace Luft und zum ersten Mal kann ich die Angst nicht nur in seinen Augen sehen, sondern auch in seinem Gesicht. Doch es ist zu spät, um meine Welle zu stoppen. Doch genauso wie Jace mich unterschätzt hat, habe offenbar auch ich ihn unterschätzt.

Denn kurz bevor die Welle ihn trifft, flackert Elektrizität über seinen Körper. Genau diese wird entfesselt, als er von meiner Welle getroffen wird. Mit einer Kraft, die ich niemals erwartet hätte, sprengt er ein Loch in meine Wasserwand. Das rettet Jace jedoch nicht davor weggeschwemmt zu werden. Doch es sprengt ebenfalls meine Eisschicht und rast auf mich zu. Auch eine Wand aus Eis kann den Blitz nicht stoppen und so werde ich davon getroffen und nach hinten geschleudert.

Schmerzen explodieren in meinem Körper und ich überschlage mich mehrfach, ehe ich halb im Wasser, halb am Uferrand liegen bleibe. Meine Fingernägel graben sich automatisch in den Schlamm, während ich verzweifelt nach Luft schnappe und mich auf den Rücken drehe. Die Tränen dränge ich zurück.

„Das reicht nun wirklich! Diese Methode des Trainings ist vollkommen inakzeptabel! Wir haben ihren Vorschlag probiert und nun ist meiner dran. Wenn ich der Lehrerschaft sage, dass sie zwei unserer Schüler des zweiten Jahrgangs dermaßen in Lebensgefahr gebracht haben, dann sind sie lange genug Schulleiter gewesen! Es ist mir egal, wer sie um was gebeten hat! Sie müssen zum Besten für unsere Schüler handeln und nicht dabei zusehen, wie sie sich gegenseitig umbringen!", höre ich Frau Klein hysterisch Schreien und kann ihr im Stillen nur Recht geben. Das hier war ein bisschen zu heftig für meinen Geschmack.

Als ich vorsichtig den Kopf hebe, kann ich sehen, wie Frau Klein einen hustenden und mehr als nassen Jace mit Hilfe ihrer Kräfte aus dem See holt. Offenbar hat ihn unser Zusammenstoß direkt hinein befördert. Es würde mir ja Leid tun, wenn ich nicht der Meinung wäre, dass er selbst schuld an dieser ganzen Situation ist.

Am Rand steht unser Direktor und beobachtet mit rotem Kopf, aber ohne einen Muskel zu rühren, wie Frau Klein Jace aus dem See hilft.

Mühsam richte ich mich auf. Ich bin über und über mit Schlamm bedeckt. Doch abgesehen von einigen Gliederschmerzen und wenigen Kratzern, scheint es mir gut zu gehen. Vorsichtig stehe ich also auf und stütze mich am nächsten Baum ab, um nicht wieder umzukippen. Das aufgekommene Schwindelgefühl geht jedoch schnell wieder vorüber.

Nichtohne unserem Direktor noch einen angewiderten Blick zuzuwerfen, mache ich michauf den Weg zu meinem Zimmer. Ich muss unbedingt ein Bad nehmen. Vielleichtdieses Mal sogar ein lauwarmes. Das kann ich sicherlich gut gebrauchen. 

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