-67- "Liam"

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Gegen Ende unserer Besprechung verabschiedet sich der Großteil, doch ein paar bleiben noch, um mit mir einen Drink zu trinken.
Da ich nicht ewig in London bin, nutzen sie die Gelegenheit, sich ein wenig mit mir zu unterhalten.
Mit denen, die noch bleiben, verstehe ich mich gut und ich bin mir sicher, dass es ein netter Abend wird.

Weil wir jetzt nicht mehr arbeiten, öffne ich eine Flasche Wein und hole Weingläser aus dem Regal, die ich auf den Tisch stelle.
Ich schenke uns ein und sehe mich dann um zu lächelnden Gesichtern. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich auch lächle, und zwar über mein ganzes Gesicht.
"Da strahlt aber einer.", schmunzelt John, ein Arbeitskollege und guter Freund von mir.
Schnell versuche ich, besonders ernst zu schauen und verstecke meinen Mund, indem ich einen Schluck aus dem Weinglas trinke und die Flüssigkeit meinen Hals herunterlaufen lasse.
John wirft mir einen Blick zu, der sagt: 'später erzählst du mir alles' und ich nicke leicht und setzte das Glas wieder ab.

Da das Meeting jetzt zu einem privaten Treffen geworden ist, knöpfe ich mein Hemd bis zur Hälfte auf, um mich nicht mehr so eingeengt zu fühlen.
Nun unterhalten wir uns alle- über Musik, das Studio, London und unser Liebesleben. Doch während die anderen von ihren vorhandenen oder nicht vorhandenen Beziehungen erzählen, lächle ich nur stumm in mich hinein.

Von den verbleibenden fünf Leuten, much eingerechnet, bin ich der einzige Schwule. Drei sind straight- einer davon ist John und die anderen sind eine nette Kollegin und ein weiterer Kollege, und die letzte ist bisexuell.

Insgesamt fühle ich mich in der Musikszene extrem gut aufgehoben, da sie so bunt und vielfältig ist, wie sonst fast keine Branche. Ich werde so akzeptiert, wie ich bin, und treffe auf viele interessante Leute, die mein Leben mit ihrer Offenheit bereichern.

Mit John kann ich über alles reden und er hat mich gleich von Anfang an herzlich aufgenommen. Er wohnt die ganze Zeit über in London, deshalb freuen wir beide uns sehr, wenn ich in die Stadt komme.
Manchmal ist es aber auch nett, zuhause in Doncaster zu sein und von dort aus zu arbeiten.
Gerade bin ich aber sehr dankbar, hier zu sein. Dafür ist Harry verantwortlich, aber auch das Studio und die Menschen, die dazugehören. Außerdem ist es schön, Liam wiederzusehen.

Liam.

Ich kenne seinen Körper auswendig, und er meinen. Wir kennen unsere Bedürfnisse und Vorlieben genau und trotzdem wissen wir beide, dass wir miteinander niemals weiter gehen würden, als eine Freundschaft+.
Es sind absolut keine Gefühle involviert- nur rein platonische Liebe.
Wir müssen auch gar keinen Sex haben, wir können uns auch super unterhalten. Trotzdem greifen wir beide immer wieder gerne dankbar auf die Möglichkeit zurück, beieinander aufzutauchen und die Geborgenheit und das starke Vertrauen zu nutzen, das sich über die Zeit zwischen uns aufgebaut hat, um Druck abzulassen, um Liebe zu spüren oder um einfach nur den Rest der Welt zu vergessen.
Außerdem ist der Sex gut, wirklich gut.
Es fühlt sich gut an, mit jemandem zu schlafen, dessen Grenzen man ganz genau kennt und andersherum.

Doch trotzdem, obwohl ich es gerne abstreiten würde, weil es irrsinnig und unrealistisch klingt, hat es sich noch besser angefühlt, mit Harry zu schlafen. Sein perfekter Körper, wie er eng an mich gepresst war, während er aus seinem perfekten Mund perfekte Laute von sich gegeben hat und sich alles perfekt angefühlt hat.

Mein Mund wird trocken und ich kehre schnell in die Realität zurück, um einen großen Schluck Wein zu nehmen, der meinen beim Zurückdenken an letzte Nacht trocken gewordenen Mund befeuchten soll.

Johns Augen funkeln belustigt, als er mich auf meinem Stuhl herumrutschen sieht und ich räuspere mich leicht beschämt, womit ich natürlich ungewollt die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf mich ziehe.

"Sorry... Frosch im Hals.", nuschle ich und leere schnell mein Glas. "Möchte noch jemand?"
Alle nicken, und ich muss kichern.

"Ich glaube nicht, dass das für uns alle reicht, aber ich kann gerne noch eine Flasche öffnen."

"Alles gut. Ich müsste mich gleich sowieso auf den Weg machen.", gibt ein Kollege von sich und steht auf, begleitet von einer der Frauen.

Wir verabschieden uns und nun bleiben nur noch John, Nat und ich zurück.

"Na, Lou, dann erzähl uns mal von deinem Schwarm.", sieht John mich gutmütig an und schon platzt alles aus mir heraus. Wie perfekt er ist, wie er mich fühlen lässt und dass er der süßeste und heißeste Mensch auf diesem Planeten ist.

Die beiden hören geduldig zu und nicken mir dann grinsend zu.

"Da scheinst du einen richtigen Schatz gefunden zu haben, versau's nicht."

"Nein, nein, habe ich nicht vor."

"Sehr gut. Was wollen wir drei Rabauken heute noch so anstellen?" John nickt.

"Morgen hab ich erst um zwölf nen Termin im Studio...", murmle ich vielsagend und nicht viel später ist die nächste Flasche Wein geköpft.

Liam.....

texting a stranger ||L.S.||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt