Mit großen Augen starrte ich zu dem Teenagermädchen herüber, welches gemütlich an der Brüstung des Balkons stand und auf die Straßen von New York herabsah. Von ihrem Platz aus konnte sie perfekt den Broadway sehen, auf welchem sich die Menschenmassen mal wieder entlang schoben. Von hier oben konnte man allerdings nur die Regenschirme sehen. Sie hatten alle die verschiedensten knalligen Farben, teilweise waren sie bunt gemustert. Sie brachten die Farbe in den ansonsten so grauen und verregneten Tag.
Das schlechte Wetter schien der Teenager vor mir allerdings noch nicht richtig realisiert zu haben. Jedenfalls schützte sie sich anders als all die Leute von der Straße nicht davor. Insgesamt wirkte ihre Kleidung für den heutigen Tag mehr als ungeeignet.
Das Mädchen vor mir trug ein bodenlanges, rosa Blümchenkleid. Vom Kleidungsstil her würde es perfekt in Kira Lorraines Kleiderschrank passen. Eigentlich war es aus einem leichten Flatterstoff, welcher jetzt allerdings nass an ihrem bronzefarbenen Körper klebte. Dank des hier herrschenden starken Windes war der Stoff sogar um ihre Beine gewickelt worden, bevor er von dem Regen so nass war, dass er festklebte.
Mindestens genauso nass wie der Kleiderstoff waren auch die dunkelbraunen Haare des Teenagers. Sie konnten schon lange kein Regen mehr aufnehmen, weshalb das Wasser in Form von kleinen Flüssen über ihre Schultern weiter in das Kleid des Stoffes floss, bevor er es dann schließlich am Saum auf den Boden tropfte, wo sich schon lange eine Pfütze gebildet hatte.
Das Mädchen drehte sich langsam zu mir um. Gleichzeitig schlug ein Blitz im Dach auf der gegenüberliegenden Seite ein. Er erhellte kurz so sehr das Szenario, dass ich nichts mehr sah, außer dem gleißenden Licht. Es war ein wenig so, als würde mich Ares in den Olymp holen.
Als ich trotz des Lichts wieder etwas sehen konnte, sah mich das Mädchen schon an. Hasselnussbraune Augen musterten mich mit einer kindlichen Neugierde von oben nach unten, während sich ihre Besitzerin unsicher an ihrer Stupsnase kratzte. Eine Angewohnheit, welche die Besitzerin auch schon vor neun Jahren gehabt hatte.
„Du brauchst sehr lange", stellte das Teenagermädchen fest. Obwohl sie sich schon lange nicht mehr so kindlich wie früher anhörte, erkannte ich die Stimme trotzdem sofort. Sie gehörte zu Natasha, meiner kleinen Schwester.
„Jetzt habe ich dich gefunden, Tyra", stellte ich überglücklich fest. „Ich habe dich endlich gefunden." Ich wollte der mittlerweile Vierzehnjährigen um den Hals fallen, während sich tatsächlich eine Freudenträne langsam aber sicher den Weg über meine Wange bahnte, jedoch machte die Gewitternymphe einen Schritt zurück.
„Neun Jahre. Du hast mich neun Jahre allein gelassen. Ich dachte, du hättest mich vergessen. Wo warst du so lange?", wurde ich anklagend gefragt.
„Ich habe nach dir gesucht", versicherte ich meiner kleinen Schwester. „Ich bin dem Auto nachgelaufen. Ich war nur zu langsam. Seitdem habe ich versucht, dich zu finden. Ich habe jeden einzelnen Tag nach dir gesucht. Egal ob ich nun im Waisenhaus, bei einer Pflegefamilie oder auf der Straße gelebt habe. Und als ich nach Hogwarts kam, wollte mir Professor Dumbledore helfen. Seit einem halben Jahr sucht dich auch die Kriegsnymphenfamilie. Ich wusste, du warst irgendwo in Amerika, wir haben nur nicht herausgefunden wo. Nicht in der magischen Welt und auch nicht im System."
„Dort hätte man mich zu leicht gefunden. Die Heime suchte PIRA nach mir ab. Sie mochten es gar nicht, dass wir beide entkamen. Und eine magische Schule? Stelle dir die Schlagzeile vor: Tochter von Deborah Watkins aufgetaucht. Die Familienähnlichkeit von der kleinen Waise mit der berühmten vermissten Hexe wäre mit Sicherheit jemanden aufgefallen. Dafür ist die magische Welt in Amerika zu klein. Also hat Zeus wie Ares mit den Fingern geschnippt und weg war meine Spur. Zeus will nicht seine letzte Nymphe verlieren. Nach mir gibt es keine mehr."
„Aber er machte es mir unmöglich, dich zu finden", stellte ich fest. Der Gewittergott hatte Natasha mit Sicherheit geschützt. Vor allem vor PIRA, doch als er sich entschloss, die Spur zu lösen, nahm er mir damit auch die beste Chance sie zu finden. Oder hatte er geahnt, ich würde mich weigern, nach Hogwarts zu gehen?
Selbst wenn ich nach Hogwarts gekommen wäre, wer hätte gesagt, dass ich wirklich den Schulleiter um Hilfe gebeten hätte? Ich war schon als Sechsjährige nicht unbedingt gesprächig. Im Zweifelsfall wäre die Suche erst jetzt losgegangen, wo der dunkle Lord zurückgekommen ist. Jedenfalls die Suche der Guten. Ehemalige Anhänger von Voldemort, so wie zum Beispiel die Malfoys, hatten vielleicht die ganze Zeit ihre Fühler ausgestreckt, um die zwei verschollenen Nymphen zu finden.
War das vielleicht auch ein Grund gewesen, warum sich Adina mir an den Hals geworfen hatte? Die Wassernymphe hatte nicht gelogen, als sie mir sagte, sie sei einfach froh gewesen, dass ich sie nicht aufgrund ihrer Kräfte mögen würde, doch sie hatte offen zugegeben, es war der Grund gewesen, warum sie am Anfang mit mir befreundet sein wollte. Ich war immer davon ausgegangen, sie hatte es gesagt, weil ich sie nicht nur aufgrund von ihrer Genkombination mögen würde, doch vielleicht meinte sie doch etwas anderes. Vielleicht hatte sie es gemeint, weil ihr aufgetragen worden war, sich mit anderen Nymphen anzufreunden. Ganz besonders verwaiste Nymphen, die man leichter auf die Seite des dunklen Lords ziehen konnte, als welche, die in einer liebevollen Familie aufgewachsen worden waren.
Doch trotz allem konnte ich mir nicht vorstellen, dass Natasha und Zeus wirklich verhindern wollten, dass ich meine kleine Schwester fand. Das würde keinen Sinn machen. Nein, sie wollten nur vermeiden, dass Fremde sie fanden. Oder besser gesagt Feinde. Also musste sie mir Hinweise hinterlassen haben, von denen sie ausgegangen war, dass nur ich sie finden konnte.
„Du hast mir immer dabei zugesehen, wenn ich Hinweise hinterlassen habe. Ich habe damals in ein Kirchenbuch gekritzelt, als wir aus der ersten Kirche ins Waisenhaus gebracht wurden. Ein Blitz und die gekreuzten Schwerter. Außerdem hatte ich irgendwo den Namen unseres Waisenhauses gesehen, also hatte ich versucht, ihn aufzumalen. Im zweiten Waisenhaus war es eine Bibel mit dem Namen unserer ersten Pflegefamilie. Es waren immer irgendwelche Bücher, von denen ich mir sicher war, sie würden nicht weggeschmissen werden. Fotobücher, Bibeln, irgendwie so etwas.
Als Kind dachte ich, unsere Eltern würden uns abholen. Nach ein paar Jahren wusste ich gar nicht mehr, warum ich mir dabei so sicher war. An alles vor dem Waisenhaus hatte ich mich nicht mehr erinnert. Ich wollte es einmal nicht machen, da hattest du schrecklich geweint.
Nach den Howarth habe ich aufgehört. An unsere biologischen Eltern habe ich nicht mehr geglaubt. Sie waren – für mich waren sie gestorben. Das war für mich die einfachste Lösung und Ares hat mir diesen Glauben gelassen. Die Howarth waren Tod und ich hatte das Gefühl, es wäre meine Aufgabe, dich zu finden. Ich bin nicht auf die Idee gekommen, du könntest versuchen, mich zu finden.
Es war immer meine Aufgabe, dich zu beschützen. Ich wollte nicht, dass du die Grausamkeit dieser Welt sehen musst, nicht dass du genauso – ich wollte nicht, dass du wie ich siehst. Ich wollte, dass du ein Kind bleibst. Damit war es aber auch meine Aufgabe, dich von PIRA zu befreien, denn ich hatte dir nicht beigebracht, wie du es selbst anstellen kannst. Jedenfalls glaubte ich das."
„Aber ich konnte es", meinte Natasha. „Ich habe mich selbst befreit."
„Ja, das hast du. Und du hast mir Hinweise hinterlassen. Eine Fähigkeit von dir ist es, dass du so schnell rennen kannst wie ein Blitz. Du konntest auch noch nach deiner Flucht vor PIRA zurückkehren und eine Schnitzeljagd für mich errichten. Wenn du weggelaufen bist, konntest du für ein paar Millisekunden zurückkommen und mir eine Botschaft mit deinem neuen Aufenthaltsort hinterlassen."
„Finde sie. Finde mich. Du bist nicht mehr die Einzige, die mich sucht. Beeile dich, damit nicht jemand anderes schneller ist", wurde mir geraten, während sich die Szene langsam aber sich auflöste. Ich versuchte noch, nach der Hand meiner kleinen Schwester zu greifen, doch sie löste sich bei meiner Berührung einfach in tausend kleine Teile auf.
Ich schreckte aus dem Schlaf hoch. Noch immer drehten sich meine Gedanken um den Traum. Natasha hatte mir Hinweise hinterlassen. Das war das einzig Logische. Sie hatte genau gewusst, ich würde sie suchen. Mein einziger Anhaltspunkt war PIRA, also würde ich dort anfangen. Ich würde das ganze Unternehmen hochnehmen und irgendwann herausfinden, dass man sie nach Amerika gebracht hatte. Ich würde wahrscheinlich auch darauf kommen, in welchem Haus man sie festgehalten hatte. Und damit wäre ich automatisch auf ihrer Spur.
Die Todesser müssten erstmal einen Anhaltspunkt finden. Das war für sie wahrscheinlich gar nicht mal so leicht. Ich hatte Adina nie von Tyra erzählt, was auch hieß, sie wusste sehr wahrscheinlich nicht, dass wir einst zusammen waren. Oder hatte Remus ihr die Fotos gezeigt? Hatte Blaise etwas gesagt? Doch auch dann würden sie wahrscheinlich in meine Schulakte sehen, welche gefälscht war.
Allerdings war es mittlerweile allgemein bekannt, dass meine Schulakte gefälscht war. An die Originale der Muggel würden sie wahrscheinlich trotzdem nicht so einfach herankommen. Die Todesser hatten schließlich anders als meine Familie keine Ahnung, wo sie suchen sollten.
Und selbst bei dem unwahrscheinlichen Fall, dass die Todesser herausfanden, wie sie an meine originale Akte kamen, wäre ich mir gar nicht mal so sicher, dass die Muggel sie wirklich noch hatten. Wenn ich darüber nachdachte, dass Marlon so umsichtig war, als Erstes dafür zu Sorgen, dass Fudge ihm das Sorgerecht nicht wieder abnehmen konnte, fragte ich mich, was er noch alles in weiser Voraussicht gemacht hatte. Zum Beispiel, ob er alle Informationen der Muggel über Patricia Primrose Black einfach geklaut hatte.
Mein Blick glitt zu meinem Sorgeberechtigten, welcher noch immer friedlich mit in meinem Gästebett schlief. Eigentlich hatte ich den Drang, ihn auf der Stelle zu wecken. Am liebsten würde ich sofort erfahren, ob wir die Akte jetzt austauschen mussten oder nicht. Allerdings wollte ich es nur ungern. Aufgrund der Zeitverschiebung würden die nächsten Tage für uns schon hart genug werden.
Als wir hier eingetroffen waren, war es in England gerade Zeit für das Abendbrot. Hier in Kanada war allerdings gerade elf Uhr morgens gewesen, also nicht einmal die Zeit fürs Mittagessen. An die Zeitverschiebung hatte man glücklicherweise gedacht, weshalb die Vorstellungsrunde mit den anderen schon eingetroffenen Nymphen im Speisesaal stattfand, wo ein wirklich leckeres Abendessen auf uns englische Gäste gewartet hatte. Ein paar Stunden später waren wir dann in unsere Gästebetten verschwunden, um etwas Schlaf zu bekommen, bevor wir am gemeinschaftlichen Abendessen teilnahmen und uns so hoffentlich sehr schnell an die kanadische Uhrzeit gewöhnten.
Auf Zehenspitzen verließ ich mein Bett. Antiope, welche mal wieder am Fußende lag, hob kurz ihren Kopf an, schien aber zu beschließen, sie wollte nicht wissen, was ich Mitten in der englischen Nacht machte. So spannend konnte es nicht sein, wenn ich meinen Onkel deshalb nicht wecken wollte.
Leise lief ich zu einen der Koffer von Marlon, in welchem mein Onkel tatsächlich einen Haufen Akten mitgeschleppt hatte. Er hatte mir verraten, viele handelten von Natasha. Irgendwelche Spuren, den jemand nachgegangen war und die dann in Sand verlaufen sind. Ich suchte kurz, bevor ich die Unterlagen über das abgebrannte Haus von PIRA fand. Mit diesen unterm Arm geklemmt, verließ ich so leise wie möglich das Zimmer.
Mein erster Halt war bei Sirius Gästezimmer. Dieses war allerdings, wie ich schon befürchtet hatte, leer. Es hätte mich auch sehr gewundert, hätte sich mein Vater zurückgezogen. Dafür genoss er es einfach viel zu sehr bei Kiras trubeliger und lauter Familie zu sein. Es gab auch wirklich keinen Grund, die anderen stehen zu lassen, um sich alleine in ein Gästezimmer zu setzen.
Zwar war er ebenfalls erst heute mit Kiras restlicher Familie angereist, doch zwischen Texas und dem Schloss lagen gerade einmal zwei Stunden Zeitverschiebung. Daher war er noch topfitt und wollte noch lange nicht ins Bett. Ich eigentlich auch nicht. Nur zu gern hätte ich meine Magie eingesetzt, um einfach wach zu bleiben, bis er Schlafen ging, doch mein Vater war dagegen gewesen. Aus diesem Grund war ich brav mit Marlon abgezogen, als dieser ins Bett wollte.
Als Nächstes führte mich mein Weg zum Speisesaal, wo die ganzen Nymphen mit ihren Familien noch gesessen hatten, als ich gegangen war. Auch jetzt hörte ich schon von weiten die Stimmen der Erwachsenen als leises Gemurmel, Gelächter und immer mal wieder freudiges Quietschen von den Kindern, die dort miteinander spielten. Ich seufzte leise. Im Speisesaal war leider noch richtiger Trubel, also würde ich dort sehr wahrscheinlich meinen Vater finden, aber mich auch mit allen anderen Auseinandersetzen müssen.
Verunsichert schob ich die Tür zum Speisesaal auf und lugte vorsichtig um die Ecke. Tatsächlich brauchte ich nicht lange, um Sirius in dem Raum zu entdecken. Er stand noch immer bei Yasmine Benett, welche wohl noch nicht im Bett lag. Seitdem wir angekommen waren, hatten die beiden zusammengeklebt und miteinander geplaudert.
Wir hatten das Flohnetzwerk im Haus von der kanadischen Botschafterin genutzt. Ich war als erstes herübergefloht und natürlich sofort meinem Vater um den Hals gefallen. Er hatte mich mit einer langen Umarmung und seinem bellenden Lachen empfangen. Als dann allerdings Yasmine als letztes herüberflohte, erstarrte er im ersten Moment, bevor er ziemlich verwirrt ihren Namen herausbrachte.
Wie sich herausstellte, war Yasmine in England zur Schule gegangen, weil ihr Vater vor ihr der Botschafter von Kanada gewesen war. Genauer gesagt war sie nach Hogwarts gegangen, allerdings einige Jahre unter meinen Eltern. Trotzdem hatte sie noch zusammen mit Sirius in der Quidditchmannschaft von Gryffindor gespielt, erst als Jägerin und später dann als Sucherin. Seit dieser Erkenntnis schienen die beiden irgendwie zusammen zu kleben. Sie redeten und redeten über ihre gemeinsame Zeit, weshalb ich irgendwann beschlossen hatte, auf Marlons Schoß zu flüchten, wo es ruhiger war.
Doch jetzt gab es wohl nur zwei Möglichkeiten. Entweder ich beschloss jetzt, dass mir der Trubel viel zu stressig war und ging wieder zurück zu den Gästezimmern, wo ich dann entweder leise in meinem oder in Sirius die Akten nach einem Hinweis von Natasha absuchen konnte. Allerdings war ich nicht grundlos hierhergekommen. Ein wenig Gesellschaft hätte ich schon gerne und um diese zu kriegen, würde ich mich wohl mit Möglichkeit zwei anfreunden müssen und einfach die gesamte Truppe nehmen müssen. Vielleicht schaffte ich es auch, Sirius davon zu überzeugen, ein wenig mit mir allein in den Akten zu wühlen. Yasmine würde doch bestimmt bald ins Bett gehen. Schließlich war auch sie an die englische Zeit gewöhnt, nicht an die kanadische.
Ich gab noch ein leises Seufzen von mir, bevor ich den Türspalt so weit vergrößerte, dass ich hindurchschlüpfen konnte. Die Leute im Saal merkten es gar nicht. Sie waren viel zu sehr mit ihren Gesprächen beschäftigt. Lautlos machte die Tür hinter mir zu, bevor ich mich in Richtung meines Vaters schlich, welcher gar nicht weit entfernt stand. Netterweise machte es gar nicht große Mühe, in meinen Schuhen geräuschlos zu laufen.
Bevor ich bei meinem Vater ankam, stupste Remus ihn an. Anders als Sirius konnte mein ehemaliger Lehrer mich von seiner Position aus sehen. Auch ein paar der anderen hatten mich schon entdeckt, doch bisher schien niemand zu wissen, ob sie nun irgendwie auf mich eingehen sollten oder nicht, weshalb sich alle dafür entschieden mich einfach weiter durch den Saal schleichen zu lassen, bis ich selbst den Mund aufmachen würde.
Sirius drehte sich zu mir um. Er legte seinen Kopf schief und sah mich mit einem strengen Blick an. Automatisch senkte ich etwas den Blick, bevor ich zu ihm trat.
„Habe ich doch Drillinge gekriegt? Ich bin mir sehr sicher, dass meine eine Tochter freiwillig ins Bett gegangen ist. Zusammen mit einem riesigen weißen Kater. Meine zweite Tochter wurde von ihrem braunen Wuschelhund und ihrem Vormund ins Bett geschleift. Also muss ich wohl eine Dritte haben."
„Ich habe schlecht geschlafen", gab ich kleinlaut zu.
„Na dann verwandel ich mich wohl nicht einen großen Wuschelhund und jage dich wieder ins Bett. Bleibe ein paar Minuten bei uns. Du wirst dich aber nicht in Arbeit stürzen." Mir wurde die Akte aus dem Arm gezupft. Er sah sie kurz an, dann seufzte er leise. „Du hast sie schon zweimal durchgeblättert, ohne etwas zu finden, Patricia."
„Jetzt weiß ich aber, was ich suchen muss." Ich versuchte, ihm die Akte wieder abzunehmen. Nur zu gern würde ich jetzt sofort darin wühlen.
„Das kannst du auch noch morgen, Patricia. Oder wenigstens nach mehr als einer halben Stunde Schlaf."
„Nein! Wir sind nicht die Einzigen, die sie suchen", protestierte ich sofort. Wie konnte er mir nur sagen, ich sollte noch ein paar Stunden warten?
„Der dunkle Lord hat keine Ahnung, im welchem Land er anfangen muss. Also atme tief durch und gönne dir bis zum Abendessen Schlaf. Nach dem Abendessen werde ich dir mit der hier helfen. Ist das ein Deal?"
„Darf ich nein sagen?", fragte ich vorsichtig.
„Nein, Welpe, darfst du nicht. Versuche, dich ein wenig zu beruhigen. Du kannst nicht ständig deine Magie einsetzen, um länger wach zu bleiben. Am Ende wirst du müde, wenn es wirklich mal notwendig ist, eine Nacht durchzumachen. Daher ab ins Bett. Ich bringe dich auch." Mein Vater wandte sich wieder an seine bisherige Gesprächspartnerin. „Yasmine –"
„Ich sollte auch mal ins Bett." Wie zur Bestätigung gab die Rothaarige ein leises Gähnen von sich. „Schlaf gut, Patricia."Sirius hielt vorsichtig die Decke hoch, sodass ich darunter krabbeln konnte, nur um mich danach an Marlon zu kuscheln. Brav kam ich der stummen Aufforderung nach. Sobald ich gemütlich unter der Decke lag, wurde ich ordentlich zugedeckt. Als Nächstes bekam ich einen Kuss auf die Stirn gedrückt.
„Schlaf noch ein wenig, kleiner Welpe. Ich wecke euch zum Abendessen." Der Flüchtige machte kurz Anstalten die Akte über Natasha auf den Nachttisch neben mir zu legen, doch ließ es dann doch. „Wenn du willst, gucke ich mir noch mal die Akte an", bot er mir stattdessen an.
„Tasha hat für mich eine Botschaft hinterlassen. Ich glaube, nur ich kann sie finden", wandte ich ein. Egal wie meine kleine Schwester die Nachricht an mich versteckt hatte, wahrscheinlich würde nur ich sie erkennen können. Oder besser gesagt, würde ich sie wahrscheinlich als Einzige als diese erkennen.
„Ich kann doch wenigstens schon mal hereingucken, damit du ruhiger schlafen kannst. Wir suchen nach ihr, Welpe. Wir tun wirklich alles, was wir können. Du bist nicht mehr alleine. Wir machen das zusammen. Das ist Familie." Mir wurde ein weiterer Kuss auf die Stirn gedrückt, weshalb ich leise seufzte. Wir waren eine Familie, also ließ ich ihn wohl helfen.
„Sie ist davon ausgegangen, ich würde suchen, ganz ohne Hilfe. Der Hinweis muss also entweder auf dem Gebäude oder in der Polizeiakte sein. Beim Gebäude gab es allerdings die ganze Zeit die Gefahr von Abriss und Neubau, was auch geschehen ist. Also wird Natasha wahrscheinlich in der Polizeiakte herumgekritzelt haben. Dort könntest du anfangen", schlug ich vor.
„Das werde ich, kleiner Teeniewelpe. Ich setze mich wieder zu den anderen und sehe sie einmal durch. Und wenn ich nichts finde, werden wir sie heute Abend noch einmal zusammen durchsehen. Jetzt schlafe wirklich. Noch ein Kuss vom Vater –" Sirius drückte mir einen weiteren Kuss auf die Stirn. „Dann den Kopf an die Brust des Onkel-Vaters kuscheln und zu guter Letzt muss noch der Wuschelhund in die Arme springen."
Wie auf Kommando sprang Antiope von ihrem Platz auf, nur um sich zwischen Marlon und mich zu quetschen. Zufrieden schlang ich meine Arme um das Tier, während ich der gleichmäßigen Atmung des Muggels zuhörte. Ich bekam noch am Rande mit wie Sirius von seinem Platz auf der Bettkante aufstand und in Richtung Tür schlich. Als er diese öffnete, war ich allerdings schon eingeschlafen.
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Hexagramm - Löwenmut
FanfictionDreizehn Nymphen auf der Erde, zwölf in der Zwischenwelt, drei Prophezeiungen über sie. Der dunkle Lord ist wiedergekehrt. Diese Nachricht hängt wie ein Damokles-Schwert über Patricia. Noch immer nagt an ihr, dass der dunkle Lord glaubt, sie würde s...