Kapitel 24

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Genüsslich kaute ich auf meinem dritten Brötchen herum. Nach meinem Magieausbruch gestern meldete sich heute mein Hunger. Eine dicke Schicht Erdbeermarmelade und Quark hatte ich darauf gestrichen. Die perfekte Mischung aus süß und der leichten Säure.
„Bist du nervös aufgrund deines Auswahltrainings, gleich?", fragte mich Blaise, welcher mir beim Essen zusah.
„Nein, bin ich nicht. Mir liegt es im Blut als Treiber zu spielen. Kein Risiko. Das Team gibt sich dieses Mal auch große Mühe. Ich denke, dieses Jahr werde ich für Slytherin spielen", stellte ich glücklich fest. Ich sah zu Draco, welcher gerade mit dem restlichen Team frühstückte. Dabei sahen alle Mitglieder immer mal wieder zu uns herüber.
Dieses Jahr würden sie mich wirklich als Teammitglied akzeptieren. Es würde nach dem Vorspiel keine Diskussion geben, wen sie als neuen Treiber dazu holen würden – jedenfalls nicht in Bezug auf mich. Und ich würde das Trikot ohne bissige Kommentare annehmen. Na gut, vielleicht einen Klitzekleinen über stickende Socken in Richtung Draco. Aber nur einen nettgemeinten, bissigen Kommentar.
„Deine Freundin packt das problemlos, Zabini. Wir setzen uns gleich auf die Tribüne, dann siehst du, wie sie alle anderen fertig macht", verkündete Sue breit grinsend.
„Gryffindors sind beim Training der Slytherinmannschaft nicht gerne gesehen", stellte Adina kleinlaut fest. Sie sah schuldbewusst auf den Teller.
„Ich bin keine Gryffindor, ich bin Patricias Cousine. Die Häuser sind mir egal. Spielt sie für Slytherin, bin ich für Slytherin. Ich male ihr aber kein Plakat zum Anfeuern oder ziehe mir deshalb nur noch grüne Kleidung an. Euer Slytherin-grün steht mir einfach nicht. Ich bin mehr für Khaki und Oliv."
„Mir reicht es, dass du hinter mir stehst", erklärte ich zufrieden. „Oh, da kommt Harry. Ich wollte noch mit ihm reden. Wir sehen uns nach dem Training."
„Wir besprechen schon mal, was für Plakate wir malen, um dich anzufeuern Ich trage auch grün und silber", meinte Roux glücklich.
„Ihr dürft planen, ihr wisst bestimmt besser, was da rauf muss, aber ich will mitmalen", forderte ich.
„So funktioniert das eigentlich nicht, aber du darfst", kicherte die Jüngste unter uns.
Ich zuckte leicht mit den Schultern. Wenn ich dabei war, dann funktionierte es genau so. Ich mochte es zu malen und wenn hier gemeinschaftliche Malprojekte angestrebt wurden, wollte ich teil von ihnen sein.
Ich stand von meinem Platz auf, eine Brötchenhälfte noch immer in der Hand. Mit dieser lief ich in Richtung des Gryffindortisches, wobei mir mal wieder viel misstrauische Blicke und Geflüster folgten. Oh ja, es würde niemand überraschen, wenn ich irgendwann offiziell zu den Todessern gehören würde.
„Guten Morgen", begrüßte ich Harry, welcher mich ziemlich verwundert ansah.
„Guten Morgen, Patricia. Seit wann lässt du für uns denn deine Freunde stehen?", fragte mich Hermine neugierig.
„Ich wollte Harry sagen, er soll keine Briefe mehr schreiben. Jedenfalls nicht, wenn es irgendwie anders geht", gab ich ehrlich zu.
Der Junge, der überlebt hatte, wurde im ersten Moment leichenblass – vermutlich hatte er noch kurz vorher einen unnötigen Brief geschrieben – dann wurde er kurz wütend, nur um sich dann wieder zu beruhigen. Vermutlich erinnerte er sich daran, dass ich zwar dazu tendierte sehr direkt alles anzusprechen, es meistens aber nicht so böse meinte, wie es sich gerne anhörte.
„Warum soll ich denn keine Briefe mehr schreiben?", wurde ich betont ruhig gefragt.
Ich sah mich noch einmal um, doch niemand schien wirklich daran interessiert zu sein, was wir hier gerade flüsterten. Daher lehnte ich mich zu Harry herüber, um ganz sicherzugehen, dass niemand lauschen konnte.
„Umbridge fängt unsere Briefe ab. Also schreibe am besten keine mehr aus diesem Schloss heraus. Sirius erreichst du über das Armband – wo ist das eigentlich?"
Ich sah auf Harrys leere Handgelenke. Hoffentlich hatte er es nicht verloren, das würde Eglor überhaupt nicht gefallen. Wahrscheinlich würde er mir den Kopf abreißen, weil ich dem Gryffindor es „geschenkt" hatte. Also so weit man etwas von den Kobolden verschenken durfte. Nach Harrys Tod würde ich es brav zurückgeben.
„Ich habe es im Zimmer gelassen. Die Leute gucken eh schon immer, dann muss ich nicht auch noch mit einem Armband herumlaufen", stellte Harry fest.
Ich verdrehte die Augen. Warum hatte ich ihm eigentlich das Ding geschenkt, wenn es ihm jetzt zu peinlich war, es zu tragen. Ich hatte mich extra hingesetzt, und mir drei Tage lang Gedanken über das Design gemacht. Am Ende hatte ich mich für einen Schnatz an einem schlichten, unauffälligen Reif entschieden.
Ich hätte ihm wohl doch als Geburtstagsgeschenk einfach ein Peilsender implantieren sollen. Der hätte dann wenigstens etwas gebracht.
„Dann nutze es im Zimmer oder verstecke dich auf dem Dach vom Astronomieturm oder so. Hauptsache du schreibst keine Briefe mehr, die Umbridge abfangen kann", wies ich den Jungen an.
„Moody hatte uns schon gewarnt, weshalb ich den Brief so geschrieben habe, dass kein Außenstehender es versteht."
„Warum hast du nicht einfach von Anfang an das Armband genutzt? Ich habe dich doch gestern Abend noch gewarnt, einen Brief zu schreiben", mischte sich nun auch Hermine flüsternd ein.
„Ich wusste einfach nicht, wo ich das Armband nutzen soll! Im Schlafsaal haben alle geschlafen und im Gemeinschaftsraum wollte ich mich auch nicht hinsetzen. Wenn jemand hereinkommt, halten mich doch alle für noch bekloppter als ohnehin schon", verteidigte sich mein Fast-Bruder sofort.
„Jetzt ist es eh zu spät. Ab jetzt nutzt du das Armband und dann ist gut. In Hogwarts gibt es genug Nischen. Falls dich doch mal jemand findet, sag einfach, ich würde dich mit meiner schwarzen Magie zu Selbstgesprächen zwingen. Das glaubt dir jeder sofort", wies ich Harry an. Ich angelte mir einen Apfel aus einer Schale ganz in der Nähe.
„Ist das jetzt ein ernstgemeinter Rat? Dir ist bewusst, dass dich dann wahrscheinlich alle wieder hassen?"
„Tun sie eh die ganze Zeit. Das habe ich mittlerweile eingeplant", gab ich offen zu. Sollten sie doch denken, ich würde Harry mit schwarzer Magie zu lustigen Dingen zwingen. Ob sie dann wohl irgendwann ängstlich aus dem Weg hüpfen würden, wenn ich kommen würde? Das würde mich definitiv amüsieren.
„So etwas solltest du aber gar nicht einplanen müssen", stellte Hermine fest. Sie wollte noch etwas hinzufügen, doch über uns war das Flügelrauschen zu hören, weshalb sie doch lieber hochsah. Eigentlich wollte ich das Gespräch auch gar nicht weiterführen. Ich wusste nämlich nicht, wie ich den beiden Erklären sollte, dass es nicht nur in Ordnung war, dass Hogwarts mich mal wieder hasste, sondern genau das momentan irgendwie mein Ziel war. Ich sollte eine sanfte Abspaltung zu ihnen herbeiführen und das würde ich auch machen.
In diesem Moment landete eine wunderschöne Schleiereule mit einem Tagespropheten im Schnabel vor uns auf dem Tisch. Ihr neuer Platz war gefährlich nahe an einer Zuckerdose, weshalb ich diese schon fallen sah, doch der geübte Flieger schaffte es tatsächlich dran vorbei. Als Nächstes wurde der Muggelstämmigen ein Fuß hingehalten, damit sie bezahlte. Während ich meinen Apfel aufaß, überflog Hermine kurz die Titelseite.
„Irgendwas Interessantes?", wollte Ron wissen.
„Nein", seufzte Hermine, „nur 'ne Klatschmeldung, dass die Bassistin der Schicksalsscherstern heiratet."
Das war wirklich uninteressant. Ich angelte mir noch zwei weitere Äpfel aus der Schale und überlegte auch schon, mich von den Gryffindors zu verabschieden, um in Richtung Quidditchfeld aufzubrechen. Zwar wäre ich damit etwas zu früh dran, doch schaden würde es nicht. Dann konnte ich mir wenigstens einen guten Schulbesen für das Vorspielen heraussuchen.
„Moment mal", rief die Muggelstämmige genau in dem Moment, als ich aufstehen wollte. „O nein ... Sirius!"
„Was ist los?", fragte Harry neugierig. Er griff so ungestüm nach der Zeitung und versuchte sie, Hermine aus der Hand zu reißen, dass sie doch tatsächlich in zwei Hälften riss.
„>Das Zaubereiministerium hat von einer verlässlichen Quelle den Hinweis erhalten, dass Sirius Black, berüchtigter Massenmörder ... bla, bla, bla ... sich gegenwärtig in London versteckt hält<!", las Hermine beklommen flüsternd aus ihrer Hälfte vor.
Mir wäre fast mein angenagter Apfel aus der Hand gefallen. Das Ministerium wusste also jetzt, dass mein leiblicher Vater in London war? Wahrscheinlich hatte irgendein Todesser ihn auf dem Bahnsteig erkannt. Pettigrew hatte sicherlich von seiner Aninmagusgestalt erzählt.
Warum hatte ich ihn nur nicht von seinem Spaziergang mit Harry abgehalten? Oder ich hätte mir schwören lassen können, dass er wie ein braver Hund, sich draußen vor dem Kings Cross weit entfernt von Todessern anleinen ließ. Irgendwas hätte ich machen müssen, damit man ihn nicht erkennen würde. Es war doch klar gewesen, dass mittlerweile seine Hundegestalt nicht mehr geheim war.
Obwohl eigentlich war es ganz gut, dass es jetzt ganz offiziell klar war. Somit hatten sich weitere Ausflüge erledigt. Jetzt würde er sich noch höchstens zu Kiras Familie ins ehemalige Schloss von Artemis oder Andromeda Tonks trauen. Zwei Orte, an denen er wohl keine Todesser treffen würde. Damit war er viel sicherer, als wenn er auf die Idee kam, ohne meine Aufsicht durch die Straßen zu streunern.
„Lucius Malfoy, da mach ich jede Wette", sagte Harry mit leiser, erzürnter Stimme. „Er hat Sirius auf dem Bahnsteig erkannt ..."
„Was?", rief Ron erschrocken. „Du hast nicht gesagt ..."
„Schrei doch nicht so rum! Die anderen gucken schon!", fuhr ich den Rothaarigen an, während Harry und Hermine, „Schh!", machten.
„»... >Ministerium warnt die Zaubererschaft, dass Black sehr gefährlich ist... hat dreizehn Menschen getötet... ist aus Askaban ausgebrochen< ... der übliche Plunder", schloss Hermine, legte ihre Hälfte der Zeitung weg und sah uns besorgt an. „Nun, jetzt kann er das Haus eben nicht mehr verlassen, das ist alles. Dumbledore hat ihn ja ermahnt, dass er es nicht tun soll", sprach Hermine meine Gedanken aus.
Ich nickte leicht als Bestätigung ihrer Worte. Gerade Harry schien allerdings sehr betrübt aufgrund der Nachricht. Er starrte auf seine Zeitungshälfte und reagierte gar nicht auf Hermines Worte.
„Hey!", rief er genau in dem Moment, wo ich gerade wieder beschlossen hatte, dass ich nun zum Quidditchfeld gehen würde. „Schaut euch das mal an!"
Neugierig sah ich ihm über die Schulter. Fast die ganze Zeitungsseite war mit Werbung für einen Ausverkauf bei Madam Malkins Gewänder für alle Gelegenheiten bedruckt. Nur an einer Stelle war eine kleine Meldung zu lesen. >Eindringling im Ministerium> war die in Großbuchstaben geschriebene Überschrift.
„Ich habe genug Umhänge", kam es von Ron, der offensichtlich dachte, Harry hätte Lust shoppen zu gehen.
„Nein", kam es sofort von meinem Fastbruder. „Seht mal ... diese kleine Meldung hier ..."

Hexagramm - LöwenmutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt