Das Schloss der Kriegsnymphenfamilie war mal wieder in Weihnachtsdekoration begraben. Egal, wo man hinsah, überall hingen Lichterketten, Christbaumkugeln, Lametta und Tannenzweige. Aus dem Salon hörte man schon das fröhliche Quietschen der jüngeren Kinder dieser Familie gemischt mit dem Stimmengewirr der Erwachsenen. Sirius und ich waren wohl einer der letzten, die zu der großen Truppe dazustießen.
Als wir in den Salon traten, wurden auch schon fast von Hestias Kindern umgerannt, welche sich gegenseitig durch den Raum jagten. Ich sah mich neugierig nach meinem Onkel-Vater um, welchen ich schließlich auf einem Sofa entdeckte. Er wirkte noch immer ziemlich geschwächt und dass niemand ein Teil der Sitzgelegenheit für sich eingefordert hatte, sagte auch schon alles. Yasmine saß auf einem Stuhl daneben, damit ihr Freund seine Füße hochlegen konnte.
Ich eilte zu dem Pärchen herüber, um meinem ihnen Hallo zu sagen. Sirius hielt vorher schon bei Frédéric und Claire an, um die beiden zu begrüßen.
„Wie geht es dir?", fragte ich Marlon, nach der Begrüßung.
„Jeden Tag ein klein wenig besser", wurde mir mit ziemlich erschöpfter Stimme mitgeteilt.
„Bist du denn gut heruntergekommen?", hakte ich weiter nach.
„Mit entsprechend vielen Pausen", wurde mir gestanden, weshalb sich mein Magen unangenehm zusammenzog. Diese Antwort gefiel mir ganz und gar nicht. Ich fragte mich wirklich, wann er wieder fitt genug war, um an einem Stück die Treppen herunterzulaufen.
„Das wird wieder, Patricia. Man merkt jeden Tag, dass er wieder fitter wird", versicherte mir Yasmine, weshalb ich ein leises, langes Seufzen von mir gab. Es ging mir halt viel zu langsam.
„Bis zu Silvester bin ich wieder fitt genug, damit ich mit dir und Yasmine zur Feier der kanadischen Botschaft kann", versprach mein Onkel-Vater.
Ich legte meine Stirn in Falten. Von dieser Feier erfuhr ich gerade das erste Mal.
„Wir hatten mit ihr noch nicht darüber gesprochen, Marlon", stellte meine potentielle Stiefmutter belustigt fest und strich ihrem Freund liebevoll über die Wange. „In der kanadischen Botschaft wird eine Silvesterfeier stattfinden, Patricia. Marlon und ich werden hingehen, auch wenn Umbridge dann leider erfährt, dass die Untersuchung gegen Marlon vielleicht nicht ganz objektiv gelaufen ist. Wir würden uns freuen, wenn du uns begleiten würdest."
Ich biss mir auf die Unterlippe. Eigentlich wollte ich Sirius nicht auch noch an dem Tag alleine feiern lassen, wo ich mich schon für morgen ausgeklinkt hatte. Außerdem was sollte ich auf der Botschaftsfeier? Hohe Politiker und ich waren nicht wirklich zwei Dinge, die gut zusammenpassten. Ich hatte keine Lust an Silvester in Blaises Rolle bei der Verlobung seiner Mutter zu übernehmen, brav neben Marlon und Yasmine zu stehen und die Hände von Politikern zu schütteln, die mich nicht ausstehen konnten.
„Du musst dich nicht jetzt entscheiden, Welpe", wurde mir von Marlon versichert. „Denke in Ruhe darüber nach, spreche mit Sirius darüber und entscheide dich dann. Wir wollten dich nur gerne einladen."
Ich nickte leicht. Ich würde mich definitiv ganz in Ruhe entscheiden, die Pros und Kontras ganz in Ruhe abwägen, bevor ich mich schließlich endgültig entschied.
„Wie geht es deinen Freunden in Hogwarts?", schnitt Marlon ein neues Thema an.Marlon hatte es tatsächlich nach dem Festmahl und dem Austausch von Geschenken bis in sein Schlafzimmer geschafft. Zwischenzeitlich hatte ich gedacht, er müsse wirklich unten auf dem Sofa im Salon schlafen, weil er nur ziemlich mühevoll und mit Krücken einen Schritt nach dem anderen machen konnte.
Auch Yasmine wirkte noch nicht ganz überzeugt, dass ihr Freund es bis in sein Bett schaffen würde, weshalb sie ihn tatsächlich noch mit mir nach oben gebracht hatte, bevor sie zu ihrer Familie nach Kanada appariert war.
Ich hatte mich bei meinem Onkel-Vater im Bett zusammengerollt, in der Hoffnung den 25. Dezember einfach zu verschlafen. Doch natürlich tat ich es nicht. Gerade einmal nach fünf Stunden Schlaf, beschloss mein Körper, das würde für heute reichen, weshalb ich hellwach neben Marlon lag. Er schlief natürlich noch tief und fest.
Fast eine Stunde lang drehte ich mich nervös von links nach rechts. Nach den ersten zehn Minuten kam Antiope zu mir, um sich an mich zu kuscheln, doch irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Jedes Mal, wenn ich mich zu Marlon drehte, blitzte wieder das Bild meines Sorgeberechtigten vor meinem inneren Auge auf, wie er noch vor wenigen Tagen ausgesehen hatte. Die dicken Verbände, welche die von den Blitzen verbrannte Haut bedeckte.
Ich musste hier raus und mein Wuschelhund hatte sicherlich auch nichts gegen einen ausgedehnten Spaziergang mit mir zu unternehmen, um mich ein wenig von den düsteren Gedanken abzulenken.
„Na komm, Antiope", flüsterte ich leise in Richtung meines Hundes. „Wir gehen etwas spazieren."
Ich befreite mich von der Decke und steuerte auf die Schlafzimmertür zu. Duschen würde ich nebenan. Dort konnte ich auch bei Licht einen Zettel schreiben, in dem ich Marlon mitteilte, wo ich gerade unterwegs war. Die Frage war nur, wo würde ich spazieren gehen? Einfach um das Schloss eine Runde? Oder wollte ich woanders hin? Zum Beispiel zum Friedhof, um Tashas Grab zu besuchen?
Vielleicht kam sie ja auch heute. Wenn sie rannte, würde sie bestimmt problemlos über das Wasser kommen. Sie könnte einfach nach Nordirland zum Grab rennen.
Ich schüttelte bestimmt den Kopf. Ich sollte wirklich nicht albern sein. Heute würde nur die Familie von Mama und Papa zum Grab kommen, nicht meine kleine Natasha. Ansonsten würde meine kleine Schwester doch schon längst wieder bei unseren Großeltern wohnen, nicht alleine durch die Weltgeschichte stromern.
Aber trotzdem war es eine schöne Idee, Mama und Papas Grab zu besuchen. Ob ich wohl irgendwo Blumen herbekommen würde? Allerdings war das an Weihnachten wohl eher nicht möglich. Vielleicht sollte ich einmal die Hauselfen fragen, also falls von ihnen schon jemand wach war.
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Hexagramm - Löwenmut
FanfictionDreizehn Nymphen auf der Erde, zwölf in der Zwischenwelt, drei Prophezeiungen über sie. Der dunkle Lord ist wiedergekehrt. Diese Nachricht hängt wie ein Damokles-Schwert über Patricia. Noch immer nagt an ihr, dass der dunkle Lord glaubt, sie würde s...