Kapitel 43

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Mittlerweile war Anfang Februar geworden. Noch immer war Hogwarts und die umliegende Landschaft unter dicken Schneemassen begraben. Die eisige Kälte draußen hielt allerdings niemand im Inneren des Schlosses davon ab, dort übermäßig viel emotionale Wärme verbreiten zu wollen. Sobald man um eine Ecke kam, fand man dort auch schon zwei Schüler, die im besten Fall gerade nur dabei waren, sich megaschmalzig für ein Valentinstagsdate verabreden, und im schlimmsten Falle, gleich auf dem Gang sich entweder gegenseitig auffressen oder vögeln wurde. Dafür gab es wirklich genug leere Klassenzimmer, das musste man nicht mitten auf dem Schulflur machen.
Auch Adina war schon vollkommen im Valentinstagsfieber. Sie durchforstete jede Zeitschrift nach dem perfekten Valentinstagsgeschenk für Jamie. Bisher hatte sie allerdings nur mal wieder etwas Neues für Franklin gekauft.
Ich hatte mich bisher sehr erfolgreich um das Thema Valentinstag gedrückt. Irgendwie wusste ich noch nicht so ganz, wie ich dazu stand. Ich fand den Gedanken, einen Tag mal wieder nur für Blaise und mich zu haben wirklich schön. Wenn ich dann aber hörte, was andere Paare für dieses Tag für einen Aufwand betrieben, hatte ich allerdings schon keine Lust mehr. Ich fand es schon immer stressig genug, zu Weihnachten für alle das perfekte Geschenk zu finden, da musste ich nicht auch noch an Valentinstag einen solchen Aufwand betreiben.
Antiope kam mit ihrem Ball zurück. Bärchen lief auf seinen kurzen Beinchen hinterher, während Franklin mal wieder auf dem Rücken meines Hundes saß. Mir wurde das Spielzeug hingehalten, damit ich es erneut warf. Ohne zu zögern, kam ich der Aufforderung nach. Die drei Tiere preschten davon.
„Rrimrose", hörte ich in diesem Moment Blaise rufen. Mein Freund stellte sich neben mich. Er sah lächelnd zu mir herüber.
„Powerst du die drei mal wieder für den Unterricht aus?", wurde ich freundlich gefragt.
„Wie jeden Morgen. Du bist früh wach", stellte ich fest.
„Ja, das bin ich. Hast du dir eigentlich schon Gedanken darüber gemacht, was wir an Valentinstag machen?"
Und damit konnte ich dieses Thema nicht mehr umgehen. Hoffentlich würden wir uns darauf einigen können, aus diesem Tag keine Riesensache zu machen.
„Es ist Hogsmeadewochenende. Ich dachte wir gehen ins drei Besen Butterbiertrinken."
„Ich dachte, weil Valentinstag ist, machen wir ausnahmsweise mal etwas besonderes."
„Deshalb wollte ich die anderen nicht mitnehmen", stellte ich ehrlich fest. „Ich dachte, wir machen einfach mal wieder etwas zu zweit. Für Antiope besorge ich auch einen Hundesitter."
„Du hast also kein Interesse daran einen romantischen Valentinstag mit mir zu verbringen."
„Ich habe keine Lust auf die Planung. Adina sucht schon seit zwei Wochen ein Geschenk für Jamie. Ich will den Tag genießen und nicht nur – Stress deshalb haben. Aber wenn es dir wichtig ist, werde ich sehr gerne mit dir zusammen einen aufwändigen, romantischen Valentinstag feiern, auch wenn es dann vorher stressig wird. Dann suche ich jetzt noch zwei Wochen nach dem perfekten Geschenk für dich."
„Ich glaube, du findest früher das perfekte Geschenk. Du bist sehr gut darin", wurde mir versichert.
„Aber du musst den ganzen romantischen Kram planen. Ich bin nicht gut darin. Roux kann dir helfen", gab ich offen zu.
„Ich plane den Tag, meine kleine Rose. Und er wird nicht stressig, versprochen." Mir wurde ein Kuss auf die Schläfe gedrückt. Ich seufzte nur zufrieden als Antwort. Das drückte eigentlich alles aus, was ich dabei empfand. Ich war froh, dass mir nur eine stressige Aufgabe blieb: Ein perfektes Valentinstagsgeschenk zu finden. Die Frage war nur, was machte das aus?
„Blaise? Gibst du mir ein Tipp, woran ich ein perfektes Valentinstagsgeschenk erkenne?"
„Du machst immer tolle Geschenke, Patricia. Mache dir darüber keine Sorgen. Dir fällt etwas ein."
„Also soll ich beim Valentinstagsgeschenk nichts besonderes beachten?", fragte ich weiter nach.
„Meistens ist das Valentinstagsgeschenk romantischer", wurde mir mitgeteilt.
Das brachte mich irgendwie nicht wirklich weiter. Romantik gehörte wirklich nicht zu meinen Spezialitäten. Allerdings kannte ich glücklicherweise jemanden, der sehr viel von Romantik verstand. Roux wäre hoffentlich eine gute Beraterin für mein Geschenkproblem.

Ich hatte noch nie einen so kritischen Blick bei Roux gesehen. Mit diesem konnte sie sogar Snape Konkurrenz machen, welcher mit seinem kritischen Blicken erst vor kurzem einen Hufflepuff-Zweitklässler in seinem Unterricht zum Heulen gebracht hatte. Jedenfalls hatten mir das zwei Slytherin-Zweitklässler erzählt, als ich mal wieder brav meiner Pflicht nachgekommen war, sie während der Pause zu beaufsichtigen.
„Es ist also kein gutes Valentinstagsgeschenk dabei", stellte ich fest ohne auf Roux vernichtendes Urteil zu warten.
„Das ist alles kein romantisches Geschenk", wurde mir mitgeteilt.
„Deshalb will ich ja deine Hilfe haben. Ich bin nicht gut darin", stellte ich fest.
Roux gab ein leises, langes Seufzen von sich, bevor sie noch einmal meine Liste mit Geschenkideen durchging. So wie eigentlich bei all meinen Geschenken stand die Funktionalität im Vordergrund. Es sollte sinnvoll sein, weshalb zum Beispiel eine neue Tasche für Blaises Feder und Tintenfass mit drauf stand. Seine alte sah langsam ziemlich abgenutzt aus und er hatte gemeint, er würde sich in Hogsmeade wohl mal nach einer Neuen umschauen. Da konnte ich ihm doch eine besorgen und sie nett bemalen.
„Dann sag mir ein romantisches Geschenk, was dann nicht nur als Staubfänger auf seinem Nachtisch steht", forderte ich.
„Schenk ihm etwas Persönliches."
„Ein selbstbemaltes Federmäppchen ist persönlich", erwiderte ich mangels einer Idee, was sie damit sagen wollte.
„Ja, schon, aber – das würdest du jeden von uns zum Weihnachten oder zum Geburtstag schenken. Schenk ihm etwas zwischen euch. Es muss ja auch nichts materielles sein. Du bist ein sehr verschlossener Mensch. Schenk ihm Wissen über Teil deines Lebens. Zeige ihm etwas daraus, von dem du nicht weißt, ob er es wirklich wissen soll."
Das war ein komisches Geschenk. Aber zumindest verstaubte Wissen nicht unnötig in der Ecke. Und wenn Roux der Meinung war, dass ich Blaise an etwas in meinem Leben teilhaben lassen sollte, war es bestimmt das richtige Geschenk.

Hexagramm - LöwenmutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt