Kapitel 45

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Der Himmel, den man als Decke der großen Halle sehen konnte, strahlte in einem wunderschönen Hellen blau. Kleine Wattewölkchen waren dort oben zu sehen und versprachen einen weiteren wunderschönen Märztag.
Der Frühstückstisch war mal wieder vollgestellt mit unterschiedlichen Speisen, die alle nur darauf warteten verputzt zu werden. Heute waren sie allerdings ein wenig Nebensache. Ausnahmsweise saßen nicht nur meine Freunde bei mir, sondern auch das Quidditchteam. Nachdem Susanne und Roux mehr als misstrauisch beäugt worden waren und mir daraufhin die Treue geschworen hatten, hatte Montague die Strategie für unser Spiel am Samstag gegen Ravenclaw auf dem Tisch ausgebreitet. Gerade ging er sie das dritte Mal durch, wobei ihm jeder zuzuhören hatte. Auch ich, denn ein fotografisches Gedächtnis war aus Monatgues Sicht keine akzeptable Ausrede. Warum auch immer nicht. Aus diesem Grund sah ich nun sehr interessiert den Wolken beim Vorbeiziehen zu.
Oben an der Decke erschienen die ganzen Eulen mit der Post. Ich sah ihnen dabei zu, wie sie über uns kreisten, um den Empfänger ihres Briefes zu suchen. Auffällig viele landeten bei Harry. Ob wohl doch noch das Interview mit Rita Kimmkorn veröffentlicht worden war? Mittlerweile war schließlich fast ein Monat vergangen, doch von der Veröffentlichung des Artikels hatte ich noch nichts gehört. Dabei wäre es sicherlich nicht an mir vorbeigegangen.
Wie jeden Morgen landeten auch die Eulen mit dem Tagespropheten und der französischen Tageszeitung vor Arienne auf dem Tisch. Kurz darauf folgte auch noch eine dritte Eule, welche ihr einen Brief überreichte.
„Deine Eltern?", fragte ich neugierig.
„Nein", kam es als Antwort, während ein glückliches und wirklich breites Lächeln auf ihrem Gesicht erschien.
„Von wem ist er denn?", hakte ich weiter nach, auch wenn ich das komisch fand. Normalerweise musste ich Arienne doch nicht alles aus der Nase ziehen.
„Erinnerst du dich noch an die Leibwächterin mit der ich mich in Kanda getroffen hatte?", wurde ich noch immer mit diesem breiten Lächeln gefragt.
„Natürlich. Du hast mit ihr geflirtet, um über die Beauxbatons hinweg zu kommen. Hatte auch funktioniert, das war schön. Du warst wieder glücklicher", stellte ich unsicher fest. Was hatte der Ferienflirt mit dem Brief an meine große Schwester zu tun?
„Er ist von ihr. Ich hatte sie auf der Silvesterfeier wiedergesehen und irgendwie ging sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Also hatte ich ihr geschrieben und das ist die Antwort. Leider brauchen die Briefe nach Kanda echt lange."
Ich runzelte die Stirn. Davon hatte mir Arienne bisher noch nichts erzählt, allerdings gehörte ich vermutlich auch nicht zu den Leuten, mit denen man über so etwas redete. Vielleicht hatte sie auch mal Andeutungen gemacht und ich hatte es nicht verstanden.
Ja, jetzt, wo ich darüber nachdachte, hatte sie nach den Weihnachtsferien sehnsüchtig auf einen Brief gewartet. Etwa eine Woche später hatte sie allerdings einen erhalten und danach auch nicht mehr ständig den Himmel nach Eulen abgesucht. Daher war ich davon ausgegangen, der wichtige Brief war angekommen, auch wenn ich nicht verstanden hatte, was an dem psychologischen Artikel von Vivienne so wichtig war.
An meiner Empathie musste ich wohl noch pfeilen.
„Tut mir leid, ich hätte das wohl bemerken müssen. Du bemerkst solche Dinge bei mir", gab ich kleinlaut zu.
„Hättest du nicht, Patricia. Ich bin gut darin, meine Gefühle zu verstecken, und du bist nun einmal besser darin, Gefühle von weiten zu erkennen. Aber du wirst immer besser darin, auch dein näheres Umfeld zu durchschauen", wurde mir versichert.
Ich gab ein leises resigniertes Seufzen von mir. Warum hatte ich nur immer das Gefühl, meine langsamen Fortschritte reichten nicht aus?
„Passt du auf, Patricia?", hörte ich in diesem Moment Montague fragen.
„Ab jetzt passe ich wieder auf. Auch wenn ich deine ganze Taktik schon längst auswendig kann", versprach ich dem Kapitän und wandte mich wieder der Besprechung zu.
Meine große Schwester öffnete ihren Brief. Dem Grinsen, welches sich wirklich Mühe gab noch ein wenig breiter zu werden, nach zu urteilen, beinhalteten die Zeilen keinen Korb.

Die Frage, ob Harry die Briefe bekommen hatte, weil das Interview mit ihm veröffentlicht worden war, beantwortete sich sehr schnell von alleine. Als wir nach der Freistunde zu Zaubertränke in den Kerker gingen, hingen überall in den Fluren riesige Plakate.

Hexagramm - LöwenmutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt