3. [Die Rumtreiber]

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Als wir die Große Halle betraten, war meine ganze Kleidung durchnässt und ich fror ein wenig. Trotzdem musste ich immer noch grinsen, so groß war meine Freude über das Wiedersehen mit meinen besten Freunden.
Wir hatten uns in den Ferien ab und zu Briefe geschrieben, aber es war einfach nicht das gleiche wie jetzt, wo wir uns wieder jeden Tag sehen konnten. Wir liefen zum Ravenclaw Tisch und setzten uns zu Lucy und Brad, die sich kurz zuvor gesetzt hatten. Damals sind wir eine 5er Gruppe gewesen, doch mit der Zeit hatten wir uns ein wenig getrennt. Es hatte keinen bestimmten Grund gehabt, ich schätze, eine Freundschaft in einer so großen Gruppe war einfach zu schwierig. Dennoch kannten wir uns untereinander wirklich gut und saßen auch beim Essen immer zusammen...und das schon seit 6 Jahren.
Kaum hatten wir uns alle untereinander begrüßt, kamen auch schon die ganzen Erstklässler in die Halle gestürmt. Ihre Umhänge schienen noch nasser als unsere zu sein, was auch kein Wunder war, wenn man bedachte, dass sie eben noch im Boot über den See getuckert sein mussten. Einige von ihnen zitterten vor Kälte und Nervosität. Sie bestaunten die vier langen Haustische, den Lehrertisch, die schwebenden Kerzen und die verzauberte Decke, die momentan tiefschwarz war.

In diesem Moment schauten Shawn, Louise und ich uns wie jedes Jahr an und schwelgten in Erinnerungen an unseren ersten Abend in Hogwarts.
Es war ebenfalls leichter Regen gefallen, aber nicht so stark wie heute. Ich bin also ebenfalls ziemlich nass gewesen, als mir der Sprechende Hut aufgesetzt wurde. Er hatte lange überlegen müssen. Er war kurz davor gewesen, mich nach Gryffindor zu stecken, weil er meinte, er würde eine große Freude an Abenteuern in mir sehen. Allerdings war er sich anschließend ziemlich sicher, Ravenclaw sei die bessere Entscheidung für mich. Louise und Shawn waren ebenfalls nach Ravenclaw gekommen und hatten sich direkt auf den Plätzen rechts und links von mir fallen lassen.
So saßen wir auch an diesem Abend wieder, denn daran wollten wir nichts mehr ändern. Ich blickte an Louise vorbei zum Lehrertisch, wo nun die neuen Erstklässler sortiert werden sollten. Nach Ravenclaw kamen einige etwas schüchterne, aber sehr nett wirkende von ihnen. Wir begrüßten sie und nach Dumbledores kurzer Ansprache, füllten sich die Tische mit den leckersten Speisen.
Nach der langen Zeit bei meinem Vater, der grundsätzlich nicht kochte, tat es wirklich gut, so viel essen zu können.
Während des Essens unterhielten wir uns so gut wie nie, da wir alle viel zu sehr damit beschäftigt waren, so viel wie möglich auf unsere Teller zu bekommen.
Shawn schaufelte sich meistens einen Teller nach dem anderen voll, während ich noch beim ersten war. Wir alle aßen für unser Leben gerne. Louise brauchte viel, weil sie recht kräftig war und viel Quidditch spielte, Shawn war ziemlich groß und wir gingen regelmäßig zusammen joggen, um uns fit zu halten.

,,Das war vielleicht eine Qual hier hoch", jammerte Shawn, ,,wären wir in Hufflepuff, müssten wir nicht die ewig langen Treppen hinaufsteigen".
Ich lief sofort zum Fenster und setzte mich auf die große Fensterbank.
,,Dann hätten wir aber auch nicht diesen wunderschönen Ausblick", merkte ich an und Shawn schaute mich zwar kritisch an, gab mir dann aber auch recht. Louise lachte bloß und dann saßen beide auch schon neben mir. Ich legte meinen rechten Arm um Louise und meinen linken um Shawn.
,,Ich freue mich so sehr, endlich wieder mit euch hier sein zu können."
Die anderen beiden mussten gar nichts sagen, wir wussten ganz genau, was die anderen dachten.
,,Du hast kaum von deinen Ferien erzählt und auch in deinen Briefen hast du nichts darüber geschrieben. Wie lief es bei dir?"
Ich musste sie nicht anschauen, um zu wissen, dass Louises Frage an mich gerichtet war, schließlich hatte Shawn nicht ein einziges Detail seiner Ferien ausgelassen.
,,Ganz in Ordnung, schätze ich", log ich und mied jeden Blickkontakt zu den beiden.
Ich starrte auf einen sehr schwarzen Punkt in der Dunkelheit. Vielleicht war es ein Baum, vielleicht aber auch bloß ein Stück Rasen, dachte ich. Erkennen konnte ich zwar nicht viel und trotzdem tat ich so, als würde dort draußen etwas höchst spannendes vor sich gehen.
,,Hör mal, wir haben uns vorhin ein wenig um dich gesorgt, weil du nicht aufgetaucht bist. Und die Geschichte von Sirius kann doch nicht wahr sein. Als ob einer wie er ein Mädchen um Hilfe bitten würde und das wegen seines Gepäcks. Du kannst ehrlich zu uns sein, wir wären dir doch niemals böse", diese Worte kamen nun von Shawn.
Ich blickte zu ihm auf, seine Augen fixierten mich und ich wusste, es war sinnlos, jetzt zu lügen.
,,Du hast Recht, ich war nicht ehrlich zu euch. Meine Ferien waren nicht gerade grandios und ich wollte vorhin einfach nicht darüber sprechen. Aber jetzt bin ich ja hier, mit euch. Jetzt geht das Leben gut weiter", ich lächelte leicht, aber ehrlich.
,,Du weißt doch, dass wir es akzeptieren, wenn du nicht darüber sprechen möchtest. Aber es stimmt, jetzt geht es erst richtig los", erklärte Louise sichtlich erleichtert, da sie jetzt die Wahrheit wusste.
,,Gehen wir morgen laufen? Nach dem Essen heute habe ich es mehr als nötig", fragte Shawn und schaute erst auf seinen Bauch, dann auf mich.
,,Wenn ich morgen früh aus dem Bett komme, sehr gerne. Dann sollte ich jetzt aber auch schon mal schlafen gehen, gute Nacht, Shawn. Kommst du mit, Louise?"
Louise nickte und verabschiedete sich auch von Shawn, der sich auf dem Fensterbrett nun breiter machte, die Arme hinter dem Kopf verschränkte und aus dem Fenster starrte.

,,Ich weiß, du möchtest momentan nicht darüber sprechen, aber sollte sich das ändern, kannst du mich auch gerne nachts noch wecken."
Louises Worte bedeuteten mir mehr, als ich ihr sagen konnte. Ich lächelte ihr zu, zog mich um und legte mich ins Bett.
,,Für dich gilt übrigens das gleiche", konnte ich noch sagen, bevor mich die Müdigkeit packte und in einen angenehmen Schlaf riss.
Lange hatte ich nicht mehr so gut geschlafen wie in dieser Nacht.

Am nächsten Morgen wachte ich früh auf und beschloss, schon mal in den Gemeinschaftsraum zu gehen, um zu lesen. Ich zog meine Sportklamotten an, nahm das Buch und schlich mich leise runter, um die anderen nicht zu wecken. Der Gemeinschaftsraum war komplett leer und draußen schwebte noch ein leichter Nebel zwischen den Bergen. Es war eine fantastische Aussicht, die ich von meinem Lieblingssofa aus genießen konnte.
Ich war wohl so in mein Buch vertieft, dass ich kaum merkte, dass sich jemand neben mir fallen ließ.
,,Wieso habe ich mich bloß darauf eingelassen?", murmelte Shawn. Seine Stimme klang rau und verschlafen.
Ich legte das Buch weg und musterte ihn. Er hatte tiefe Augenringe und seine Haare waren komplett durcheinander.
,,Du hast es vorgeschlagen, ich bin diejenige, die sich darauf eingelassen hat", entgegnete ich ihm grinsend.
Ich erhob mich und streckte meine Hand aus, die er dankend annahm. Wir liefen den Turm hinunter und schlenderten durch die Eingangshalle zum großen Eichenportal. Die Luft draußen war frisch und noch feucht vom Regen. Es hatte noch bis tief in die Nacht geregnet und wohl erst vor wenigen Stunden aufgehört, wodurch auch der Boden komplett matschig war.
Wir liefen los und sprachen den ganzen Weg über kein Wort. Wir hatten in den Ferien definitiv an Tempo und Ausdauer verloren, aber das machte uns nicht viel aus, da wir das sowieso mehr aus Spaß machten.

Als wir schließlich keuchend und verschwitzt den Turm hinaufstiegen, war der Gemeinschaftsraum schon um einiges voller. Auch Louise war schon wach und begrüßte uns etwas verschlafen.
Shawn und ich gingen schnell duschen und spazierten anschließend mit Louise in die Große Halle. Die Tische waren schon gedeckt und die meisten Schüler schon am essen. Ich warf einen flüchtigen Blick zum Gryffindor Tisch und entdeckte Sirius und seine Freunde recht schnell. Er lächelte und nickte mir zu, ehe er sich wieder seinen Freunden zuwandte.
,,Will der was von dir?", fragte Shawn und warf Sirius einen prüfenden Blick zu.
,,Ach Quatsch, wir haben uns gestern bloß einfach gut unterhalten, das ist alles", sagte ich wahrheitsgemäß.

Es war ein warmer Sonntag und als die Sonne nachmittags noch raus kam, beschlossen wir, an den See zu gehen, um eine Partie Zauberschnippschnapp zu spielen.
Wir saßen keine halbe Stunde dort, als hinter mir plötzlich Stimmen ertönten. Shawns abschätzigem Blick nach zu urteilen, konnten es bloß Sirius und seine Freunde sein.
,,Können wir noch einsteigen?", fragte Sirius und zeigte auf unser Spiel. Ich schaute Louise und Shawn fragend an, die beide aber bloß mit den Schultern zuckten.
,,Klar", sagte ich, als mir einfiel, dass Sirius mir gestern direkt geholfen hatte.
,,Das sind James, Peter und Remus", erklärte Sirius, während er auf seine Freunde zeigte.
,,Louise, Shawn und Saphira", nun deutete er auf uns.
Shawn war sichtlich genervt, er hasste es, bevormundet zu werden. Ich wusste, er hätte sich lieber selber vorgestellt.
Die vier setzten sich nun neben uns und ich warf einen kurzen Blick auf jeden von ihnen. Sirius sah nicht wirklich anders aus als gestern. Seine langen Haare fielen ihm leicht ins Gesicht, als er sich setzte.
James war neben Sirius der typische Schönling und wie mir schien, wusste er das auch ganz genau.
Peter wirkte recht plump neben seinen Freunden, er blickte bloß auf den Boden und sagte nicht viel. Mein Blick fiel auf Remus, den ich neben Sirius und James bisher nie wirklich wahrgenommen hatte. Er wirkte etwas älter als die anderen, seine Augen sahen müde aus und die Narben in seinem Gesicht, stachen mir sofort ins Auge.
Mein Blick musste wohl etwas zu lang an ihm geheftet haben, da er mich nun etwas fragend anlächelte. Ich lächelte nur kurz zurück und blickte schnell auf das Wasser, um die Röte in meinem Gesicht loszuwerden.

Als wir eine Stunde später wieder den Gemeinschaftsraum betraten, war er noch ziemlich leer. Bei dem Wetter saßen die meisten wohl draußen oder in der Bibliothek.
,,So schlimm sind sie doch nicht, oder?", fragte ich hoffnungsvoll.
,,Nee, sind schon ganz in Ordnung", gab Louise zu.
Shawn sagte nichts und zuckte bloß mit den Schultern.
,,Ich muss noch nach neuen Büchern in der Bibliothek suchen", murmelte er und ging gedankenverloren durch die Tür.
,,Weißt du, was mit ihm los ist?", fragte ich Louise etwas besorgt.
,,Ich denke mal, er hält nicht viel von den vieren und will jetzt nicht noch mehr von ihnen hören."
Die Sonne machte mich immer so müde, weshalb ich mich vor dem Abendessen noch kurz schlafen legen wollte. Ich gab Louise Bescheid, die sich zu Lucy gesellte und ging anschließend hoch in mein Bett.
Ich hasste es, zwischen Menschen zu stehen. Ich hatte die Rumtreiber früher ja selber nicht gemocht, aber man musste sich nun mal auf neue Sichtweisen einlassen. Mit einer kleinen Wut auf Shawn legte ich mich noch einmal auf die andere Seite und schlief dann endlich ein.

Remus Lupin (Rumtreiber & PoA) ff: Von Smaragden und SaphirenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt