9. [Die Beerdigung]

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Der Freitag fühlte sich ewig lang an. Den gesamten Nachmittag verbrachte ich alleine, da Shawn im Schlafsaal der Jungen saß. Brad erzählte mir, er säße nur auf dem Bett und starrte aus dem Fenster.
Louise, Shawn und ich waren uns sehr ähnlich, wenn es uns nicht gut ging. Wir verschlossen uns in der Regel vor anderen und bevorzugten es, alleine über alles nachdenken zu können. Ich ließ ihm also von Brad ausrichten, er könne gerne zu mir kommen, wenn er jemanden bräuchte.
Louise war wieder mal nicht aufzufinden, aber auch sie sprach in letzter Zeit nicht mit mir darüber, wo sie dauernd steckte. Ich vermutete aber, dass es irgendwas mit Quidditsch zu tun haben würde, schließlich sprach sie auch selten über etwas anderes.

So saß ich am späten Nachmittag also alleine im Gemeinschaftsraum und drehte Daumen. Ich war ein wenig nervös wegen der Beerdigung, da ich noch nie auf einer gewesen war. Den ganzen Tag hatte ich darüber nachgedacht, wie ich mich Shawn und seiner Familie gegenüber am besten verhalten würde, kam aber zu keinem richtigen Schluss.
Der gesamte Gemeinschaftsraum war mal wieder fast komplett leer. In der Ecke saßen fünf Drittklässler, die ihre Hausaufgaben leise flüsternd miteinander verglichen. Der Rest muss bei dem sonnigen Wetter wohl draußen sein, dachte ich.
Schließlich war ich so genervt von dem Geflüster, das aus der Ecke kam, dass ich aufstand und beschloss, einen Spaziergang zu machen.

,,Miss May, das ist ja schön, dass ich Sie vor dem Wochenende noch antreffe. Hätten Sie eine Sekunde für mich?", hörte ich eine Stimme hinter mir auf der Treppe.
Als ich mich umdrehte, erkannte ich das freundliche, aber ziemlich besorgte Gesicht von Professor Flitwick.
,,Ja, natürlich. Was gibt es denn?", fragte ich schnell, während ich alles in meinem Kopf durchging, um etwas zu finden, was ich falsch gemacht haben könnte.
,,Sie sind ja klassenbeste bei mir im Kurs und daher wollte ich Sie fragen, ob Sie bereit wären, einer Schülerin der 5. Klasse Nachhilfe zu geben? Sie möchte es dieses Jahr unbedingt in Zauberkunst weiter schaffen, aber momentan bezweifle ich ein wenig, dass sie es bei den ZAGs schafft. Ich würde Ihnen völlige Freiheit lassen, was die Stundenanzahl und alles Weitere angeht.
Sie haben dieses Jahr natürlich auch viel mit Ihrem eigenen Abschluss zu tun, also hätte ich vollstes Verständnis, wenn es Ihnen zu viel werden würde, seien Sie einfach ehrlich."
Ich war ein bisschen überrascht, als er seinen Vortrag beendete. Ich hatte immer das Glück gehabt, dass ich nie wirklich Probleme in der Schule hatte. Ich war in fast jedem Fach ziemlich gut, obwohl ich mich kaum anstrengte. Da es bei Shawn und Louise fast genauso war, hatten wir in den letzten Jahren meist mehr Zeit zusammen verbringen können, als die anderen aus unserem Jahrgang, die dauernd am Lernen waren.
,,Das würde ich wirklich gerne tun. Ich bin mir sicher, dass ich mir etwas Zeit für sie nehmen könnte. Wer ist sie denn, kenne ich sie?", fragte ich neugierig.
,,Vermutlich nicht. Sie heißt Carla Forlane und ist in Hufflepuff. Das wäre wirklich großartig von Ihnen und würde sich sicherlich auch positiv auf Ihre eigene Note auswirken", er strahlte nun schon fast.
,,Ich würde Sie nächste Woche dann in den Unterricht meiner 5. Klasse bringen, damit Sie sich ein Bild von ihr verschaffen können."
Ich nickte freundlich. Plötzlich erstarrte sein Gesicht ein wenig und er sprach etwas leiser und ernster weiter.
,,Ich wollte Sie im Übrigen auch noch nach einer anderen Sache fragen. Sie stehen Mister Thompson ja sehr nah?"
Er stockte kurz, da nun Stimmen auf der Treppe ertönten. Er drehte sich um und schon kamen Sirius, Remus, James und Peter hinunter gelaufen. Sirius und James lachten laut, bis Remus sie anstieß, um sie auf Professor Flitwick aufmerksam zu machen. Wahrscheinlich hatten sie wieder irgendwelche Streiche ausgeheckt, von denen er besser nichts erfahren sollte.

,,Guten Tag, Miss May. Was haben wir denn nun wieder angestellt, dass der arme Professor Flitwick jetzt schon seinen heiligen Feierabend hergeben muss, um uns zu sprechen?", fragte James und lächelte erst mich und dann Flitwick eine Spur zu höflich an.
,,Es soll Schüler geben, die von ihren Lehrern nicht immer nur Ärger bekommen, Mister Potter", quikte Flitwick sichtlich amüsiert.
,,Das habe ich ihm auch schon versucht zu erklären", lachte Remus hinter James.
Er blieb einen Moment lang auf der Treppe stehen und lächelte mir zu, bevor er merkte, dass seine Freunde schon weiter gegangen waren und ihnen hinterher eilte.

Remus Lupin (Rumtreiber & PoA) ff: Von Smaragden und SaphirenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt