,,Heute Abend kann ich nicht. Shawn, Louise und ich wollten noch ein wenig Zeit zusammen verbringen", erklärte ich Remus nach dem Unterricht.
Heute Nacht war Vollmond und ich wusste, es würde ihm schwer fallen, mich anzulügen, also hatte ich beschlossen, ihm die Last zu nehmen.
Es schmerzte immer noch ein wenig, dass er es mir nicht sagen wollte, aber ich schob diese Gefühle beiseite, wann immer sie mich überkamen.
Ich war überglücklich mit Remus. Er verstand mich auch ohne Worte, wir teilten ähnliche Interessen, lernten voneinander und ich fühlte mich bei ihm einfach sicher.
Manchmal erwachte aber ein kleines Monster in mir. Es hatte rote Augen, die direkt in mein Herz stachen. Es fragte mich, warum Remus mir noch nichts erzählt hatte. Es sagte mir, er würde mir nicht genug vertrauen. Manchmal fragte ich mich dann, ob er mit einer anderen Freundin glücklicher wäre und ob er es einer anderen schon erzählt hätte. Ich wollte immer für ihn da sein und sein Vertrauen haben, aber er gab mir keine Chance.
,,Ist nicht schlimm", sagte er und strich mir eine Locke aus dem Gesicht.
Er beugte sich zu mir herunter und küsste mich, ehe er mit seinen Freunden in seinen Gemeinschaftsraum ging.Ich lehnte mich an die kalte Steinmauer und dachte nach. Zu meinem Glück kam Louise in genau der Sekunde den Gang entlang und blieb vor mir stehen.
,,Alles okay?", fragte sie besorgt.
,,Ich weiß nicht recht", sagte ich und bemerkte den Kloß in meinem Hals.
,,Komm, wir gehen raus und du erzählst es mir."
Ich folgte ihr den Korridor entlang auf den Schlosshof.
,,Ich weiß, dass Remus ein Problem hat, aber er weiß nicht, dass ich es weiß. Er hat mir nichts erzählt und umgeht das Thema gekonnt. Ich habe einfach Angst, dass ich nicht die Person für ihn sein kann, die ich gerne wäre.
Ich wünschte mir, er würde mir genug vertrauen, um es mir zu sagen."
Louise lief schweigend neben mir her und blickte nachdenklich auf den schneebedeckten Boden.
,,Vielleicht musst du ihm ein wenig mehr Zeit geben", überlegte sie laut.
,,Ich weiß, das versuche ich auch. Trotzdem sticht es mir ins Herz, wenn er mich anlügt. Es geht mir nicht um mich, er kann lügen wie er will, das verletzt mich nicht, weil er es nicht mit bösen Absichten macht. Aber es verletzt mich, dass er nicht mit mir darüber sprechen kann. Was habe ich falsch gemacht?", platzte es nun aus mir heraus.
,,So darfst du nicht denken. Weißt du, ich habe die Beziehung mit Lucy auch einige Wochen vor dir, aber vor allem vor Shawn verheimlicht. Ich wusste, ihr würdet gut reagieren, aber es hat sich am Anfang einfach besser angefühlt, mit keinem darüber zu sprechen."
Ich ärgerte mich ein wenig, da sie nicht verstand, was ich meinte.
,,Das ist nicht das gleiche. Ihr wart glücklich zusammen. Beziehungen lassen sich manchmal besser führen, wenn weniger Menschen davon wissen. Aber ihm geht es damit offensichtlich nicht gut. Ich merke doch seine Blicke, wenn wir dem Thema näher kommen. Es macht ihn fertig. Das sind Dinge, die man mit anderen teilen muss, damit es besser wird", sagte ich etwas verärgert.
Sie nickte und blickte in den Himmel.
,,Da hast du natürlich recht, aber du vergisst eine kleine Sache."
Ich schaute sie fragend an und wusste, dass sie ihre nächsten Worte sehr bedacht wählte.
,,Schau mal, er hat doch Menschen, mit denen er es teilen kann. Er hat seine Freunde. Vielleicht genießt er einfach, dass er mit dir glücklich sein kann. Er möchte, dass du ihn ohne seine Probleme kennenlernst."
Ich dachte kurz nach, im Grunde hatte sie recht, aber auch sie hatte etwas entscheidendes vergessen.
,,Aber das ist doch eine Traumwelt. Keine Beziehung hat nur gute Seiten. Man muss doch auch über Probleme sprechen können. Ich lerne den echten Remus doch gar nicht kennen, wenn er mir nur eine Seite zeigt und die andere versteckt."
Ich spürte, wie mein Puls sich erhöhte.
,,Bist du denn anders? Sprichst du oft mit ihm über deine Familie? Erzählst du ihm von deinen Sorgen vor der Zukunft? Erzählst du ihm von deinem Bruder, von den Ex-Freunden deiner Mutter oder deinem Vater? Erschaffst du nicht auch deine eigene Traumwelt, in der ihr alleine seid, ohne deine Familie?"
Ich schluckte hart, denn ihre Worte trafen mich wie ein Faustschlag. War es normal, sich etwas vorzuspielen, wenn man sich verliebt hatte? Ich hatte Remus tatsächlich nur ein Mal wirklich viel von meiner Familie erzählt und das war, als ich den Brief von meinem Vater bekommen hatte. Hätte er mich dort nicht angetroffen, hätte ich ihm vermutlich niemals davon erzählt, es war meine bloße Verzweiflung gewesen.
,,Wie ist es bei dir und Lucy?", fragte ich vorsichtig.
,,Sie weiß bei Weitem nicht so viel über meine Gefühle wie du oder Shawn. Sie wird es noch erfahren, aber nicht jetzt. Ich glaube auch nicht, dass sie mir so viel erzählt wie Brad. Ich denke, das ist momentan in Ordnung", erzählte sie.
,,Danke", flüsterte ich ihr zu, als ich sie umarmte.
Louise hatte immer einen klaren Kopf und wusste, wie sie mich zu Verstand bringen konnte. Ohne sie hätte ich einige Fehler gemacht, die selten andere, aber hauptsächlich mich selbst verletzt hätten.
Shawn war derjenige unter uns, der immer zuhörte und Verständnis zeigte, während Louise eher diejenige war, die einem die Wahrheit sagte und nach Lösungen suchte. Ich war so ziemlich genau die Mitte der beiden.
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Remus Lupin (Rumtreiber & PoA) ff: Von Smaragden und Saphiren
Fanfiction,,Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall treffen" -Friedrich Dürrenmatt Eine Begegnug im Hogwarts-Express und ihre Auswirkungen stellen das Leben von Saphira May komplett auf den Kopf. Eigentlich sollte die jun...