23. [Wiedersehen]

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,,Guten Morgen, ne gute Nacht gehabt?"
Ich öffnete meine Augen und sah Brad am Tisch im Gemeinschaftsraum sitzen und Grinsen. Shawn lag neben mir auf dem Sofa und hatte mich noch fest in seinen Arm geschlossen.
Ich befreite mich aus seinem Griff und setzte mich zu Brad an den Tisch. Er schob mir eine Tasse Tee entgegen und blickte mich belustigt an.
,,Hat er es dir also endlich gestanden?"
,,Ja, das hat er", antwortete ich und starrte auf das Sofa, auf dem Shawn noch schlief.
,,Das konnte sich ja auch keiner mit ansehen", sagte er kopfschüttelnd.
Ich lehnte mich im Stuhl zurück und wünschte mir nichts mehr, als Louise sprechen zu können. Sie würde schon in zwei Tagen kommen, aber das dauerte zu lang.
Der Kuss hatte sich so gut angefühlt, dabei hätte er es nicht gedurft. Wie sollte ich aber auch keine Gefühle für ihn entwickeln, wo er sich die letzten zwei Wochen so um mich gekümmert hatte? Er war einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben, ich kannte ihn seit über 6 Jahren.
In der ersten Klasse hatte ich tatsächlich Gefühle für ihn gehabt. Im Nachhinein wusste ich, dass es wohl eher eine Schwärmerei gewesen sein musste. Shawn war groß, hatte dunkle Locken und blaue Augen. Er las gerne, kümmerte sich um seine Freunde und hatte eine wundervolle Stimme, eigentlich war er fast perfekt, wenn ich so darüber nachdachte.
Und trotzdem hatte meine Schwärmerei für ihn irgendwann ihr Ende gefunden.
War das eine dieser Geschichten, in denen zwei beste Freunde erst nach Jahren bemerken, wie gut sie zusammen passten?
,,Was lief bei euch?", fragte Brad mit einem dämlichen Grinsen.
,,Sei nicht immer so neugierig", sagte ich.
,,Er wird es mir so oder so erzählen. Schließlich hat er mir die letzten Wochen schon gesagt, wie süß du ja bist."
Ich lachte ein wenig.
,,Wir waren auf dem Astronomieturm und kamen irgendwie zu dem Thema und kurz darauf haben wir uns geküsst", erzählte ich.
,,Naja soweit hätte ich mir das auch zusammenreimen können. Die Frage ist ja, wieso ihr heute Morgen nicht in euren Betten gelegen habt", sagte er ungeduldig.
,,Da ist nichts passiert, falls du das meinst. Ich weiß doch nicht mal, was dieser Kuss jetzt für uns bedeutet. Was du immer gleich denkst", sagte ich genervt.
,,Der Kuss wird ihm viel bedeutet haben", sagte er plötzlich sehr ernst.
Ich drehte meine Teetasse und schaute, wie der Tee Wellen schlug.
,,Liebst du ihn?", fragte er und fixierte mich mit seinem Blick.
,,Ich denke schon", sagte ich leise.
,,Denken ist zu wenig", erwiderte er.
,,Was erwartest du denn von mir? Ich habe erst eine Trennung durch und jetzt gesteht mein bester Freund mir seine Gefühle. Ja, ich wollte ihn küssen und nein, ich weiß nicht, ob es richtig war", ich erhob mich und lief zum Schlafsaal, ,,wahrscheinlich war es das nicht."
Ich zog mich um und als ich wieder in den Gemeinschaftsraum ging, schlief Shawn immer noch, was mir nur recht war.
,,Ich weiß, ihr seid alt genug, um zu entscheiden, wen ihr küsst, aber spielt euch nichts vor", sagte Brad, als ich schon an der Tür war.
,,Du hast vollkommen recht. Manchmal kann man aber einfach nicht rational handeln", sagte ich und verschwand, ehe er mir widersprechen konnte.

,,Da bist du ja, ich habe dich schon den halben Tag gesucht", sagte Shawn, als ich am Nachmittag wieder in den Gemeinschaftsraum kam.
,,Ich bin bei den Hippogreifen gewesen. Ich war lange nicht mehr dort", erklärte ich und setzte mich auf das Sofa. Ich zog meine Mütze aus und richtete meine Haare ein wenig.
,,Ich hatte Angst, du würdest mir aus dem Weg gehen, um die Sache von gestern zu verdrängen", sagte er langsam.
Exakt, dachte ich, genau so war es.
,,Nein, keine Sorge", sagte ich und wickelte meinen Schal vom Hals.
,,Bereust du es?", fragte er und seine blauen Augen durchbohrten mich.
,,Nein, das definitiv nicht", antwortete ich wahrheitsgemäß.
Ich bereute Dinge sehr selten, da ich es sinnlos fand, mir Gedanken über Sachen zu machen, die ich eh nicht mehr ändern konnte.
Er ließ sich neben mir aufs Sofa fallen und legte seine Hände an meine Wangen. Er küsste mich und drückte mich sanft zurück, sodass ich nun auf dem Sofa lag. Er beugte sich über mich und küsste mich zärtlich.
,,Entschuldige, aber ich wollte den Kuss von gestern schon den ganzen Tag wiederholen."
,,Ich auch, aber ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mich kurz meine Jacke ausziehen lassen würdest."
Er ging sofort von mir herunter und wir mussten beide lachen. Ich legte meine Sachen auf den Sessel neben dem Sofa und setzte mich auf Shawns Schoß.
Er grinste mich an und strich mir liebevoll über die Wange. Ich lehnte mich an seine Brust und er drückte mich an sich.
,,Ich möchte dich wirklich nicht drängen, deshalb frage ich dich jetzt und möchte bitte eine ehrliche Antwort", sagte er plötzlich.
Ich setzte mich wieder auf und nickte.
,,Möchtest du mit mir zusammen sein?"
Ich setzte mich von seinem Schoß und blickte nachdenklich aus dem Fenster.
,,Ich habe Angst, dass es zu früh ist, nach der Sache mit Remus", sagte ich.
Es hatte keinen Zweck ihn anzulügen, denn er kannte mich bestens.
,,Wir können uns Zeit lassen", sagte er.
,,Was sagen wir Louise?", fragte ich.
,,Das ist keine große Frage. Ich denke, wir sollten es ihr ehrlich sagen."
Ich nickte, obwohl ich selbst nicht mal wusste, was die Wahrheit war.
,,Möchtest du alleine sein?", fragte er, als ich nichts mehr sagte.
,,Nein, bitte bleib bei mir", sagte ich leise.
Er lächelte mich liebevoll an und nahm mich in den Arm.

Remus Lupin (Rumtreiber & PoA) ff: Von Smaragden und SaphirenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt