Die Tür schlug auf und Shawn kam klatschnass ins Wohnzimmer.
,,Du machst ja noch alles dreckig", mahnte ich ihn.
Er verdrehte die Augen, zückte seinen Zauberstab und trocknete den Boden. Er verschwand in seinem Zimmer und kam wenige Sekunden später mit trockenen Klamotten wieder raus.
,,Du glaubst nicht, was ich heute erfahren habe", sagte er.
Er blickte mich erwartungsvoll an. Ich legte das Buch aus der Hand und blickte fragend zu ihm auf. Er genoss den kurzen Moment, in dem er meine Aufmerksamkeit hatte.
,,Als ich eben im Ministerium war, hieß es, es gab einen Ausbruch aus Askaban. Sirius Black ist ausgebrochen."
Ich erstarrte. Ich hatte es immer beiseite geschoben, daran zu denken. Ich wollte nicht darüber nachdenken, dass ein guter Freund von mir ein Mörder sein könnte. Etwas in mir wehrte sich immer noch, das zu glauben.
,,Wie hat er das geschafft?", fragte ich erstaunt.
,,Das weiß niemand. Aber viele im Ministerium sind der Meinung, dass er jetzt nach Harry suchen möchte", erklärte er und ließ sich in den Sessel fallen.
,,Das ist doch kompletter Unsinn. Ich bin mir sicher, dass ich Sirius wirklich gekannt habe. Er hätte das niemals getan. Du hättest ihn von Harry sprechen hören sollen. Ich sage dir, er war es nicht und er will auch Harry nichts Schlechtes. Vielleicht will er es aufklären, richtigstellen", sagte ich hoffnungsvoll.
Shawn legte sein Kinn auf seine Handballen und blickte gedankenverloren auf den Tisch.
,,Aber was ist mit den ganzen Zeugen?", fragte er plötzlich.
Ich wurde ein bisschen wütend. Er hatte ihn genauso gekannt. Wie konnte er das jetzt sagen?
,,Was hättest du gesagt, wenn das gleiche über Brad erzählt worden wäre?"
Er zog die Augenbrauen hoch und lehnte sich in den Sessel.
,,Vermutlich hätte ich es nicht geglaubt", sagte er verlegen.
,,Sirius war ein wenig für mich wie Brad für dich. Um ehrlich zu sein, ich bin froh, dass er es geschafft hat, auszubrechen. Er hatte das nicht verdient."
,,Aber er war der Geheimniswahrer, wie erklärst du dir das?", fragte er.
,,Shawn, ich weiß es nicht. Vielleicht wurde er überlistet. Irgendeine Erklärung muss es einfach geben. Sag, was du willst, ich werde meine Meinung nicht ändern. Ich kannte ihn", sagte ich entschlossen und stand auf.
,,Ich hoffe, du hast recht", sagte er leise.
Ich wusste nicht, ob ich mir wirklich glaubte oder ob ich es mir vielleicht nur einreden wollte, um nicht gestehen zu müssen, dass ich dem falschen vertraut hatte - wie James und Lily.Der erste September kam immer näher. Wenige Wochen vorher aßen Louise, Shawn und ich ein letztes Mal zusammen, bevor Louise wegen ihrer Mannschaft ins Ausland musste.
,,Wo ist Shawn?", fragte Louise, als sie sich auf das Sofa fallen ließ.
,,Arbeitet noch", sagte ich knapp.
Sie musterte mich und lächelte.
,,Und zwischen euch läuft wirklich nichts?"
Ich wusste, dass diese Frage schon lange auf ihrer Zunge gebrannt hatte.
,,Nein, Louise. Wir haben damals den Fehler gemacht, aber er wird sich nicht wiederholen", erklärte ich nachdenklich.
,,Weißt du, ich habe es mir immer ein wenig gewünscht. Er wäre der perfekte Mann für dich und übrigens auch der einzige, dem ich dich ohne Bedenken überlassen würde", bemerkte sie.
Ich lächelte und schüttelte den Kopf.
,,Wieso denkt ihr beide eigentlich, ihr müsstet über mein Liebesleben wachen?", fragte ich lachend.
,,Keine Sorge, der Job ist nicht sehr spannend. Ist ungefähr so aufregend wie eine Nachtwache in einem Museum. Und ich meine nicht so ein Museum wie in 'Nachts im Museum', sondern so ein richtig langweiliges", erklärte sie.
Mein Lachen erstarb für einige Sekunden, in denen ich überlegte, welches Kissen ich am besten nach ihr werfen würde.
,,Du kannst mir nicht widersprechen. Also was gibt es zu essen?", säuselte sie.
Plötzlich musste ich so sehr lachen, dass auch Louise anfing.
,,Ich werde deine Ehrlichkeit wirklich vermissen", rief ich ihr aus der Küche zu.
,,Ich werde Shawn sagen, dass er dich täglich daran erinnern soll, dass du immer noch an einem Typen hängst, den du nur ein Jahr lang kanntest und seit 17 Jahren nicht mehr gesehen hast", rief sie zurück.
Ich lächelte und schüttelte den Kopf. Mit Louise konnte ich immer über alles lachen. Sobald sie weg war, würde ich über diese Tatsache vermutlich nicht mehr lachen können.
,,Es gibt Neuigkeiten!"
Die Wohnungstür flog auf und Shawn stapfte mit wehendem Umhang herein.
Ich lief zurück ins Wohnzimmer und blickte ihn erwartungsvoll an.
,,Vorhin hatte ich ein wenig Langeweile und habe ein paar Kollegen belauscht. Harry hat seine Tante aufgeblasen. Die hatten vielleicht eine Arbeit damit, ihr Gedächtnis zu verändern", lachte Shawn.
,,Ganz der Vater", sagte Louise lächelnd.
Ich hätte gerne darüber gelacht, aber etwas in mir wehrte sich dagegen. Ich hatte öfter überlegt, ihn zu besuchen, aber ich war einfach zu feige gewesen. Ich hatte unheimliche Angst davor gehabt, ihn zu sehen. Er würde mich unweigerlich an James und Lily erinnern. Bis vor wenigen Wochen hatte ich mich immer noch vor meiner Vergangenheit verstecken wollen.
Dieses Jahr war Schluss damit. Bald würde ich ihm begegnen. Er würde mich an James, Lily, Sirius, Peter und Remus erinnern und ich würde es zulassen müssen.
Ich war bereit, ihm zu begegnen, das wusste ich. Vielleicht könnte ich ihm ein paar Fragen über seine Eltern beantworten, falls seine Familie das nicht getan haben sollte. Ich wusste kaum etwas über die Familie, bei der er wohnte. Lily hatte mir nie von ihrer Schwester erzählt, zu der Dumbledore Harry gebracht hatte.
All die Jahre hatte ich einfach gehofft, sie würden dem armen Jungen ein wenigstens halbwegs angenehmes Leben ermöglichen können.
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Remus Lupin (Rumtreiber & PoA) ff: Von Smaragden und Saphiren
Fanfiction,,Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall treffen" -Friedrich Dürrenmatt Eine Begegnug im Hogwarts-Express und ihre Auswirkungen stellen das Leben von Saphira May komplett auf den Kopf. Eigentlich sollte die jun...