50. [Weihnachtsüberraschungen]

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EIN HALBES JAHR SPÄTER

Es klingelte an der Tür. Da alle anderen noch tief in den Weihnachtsvorbereitungen steckten, eilte ich schnell zur Tür. Carla stand in der Kälte und lächelte vorsichtig. Ich umarmte sie fest.
,,Shawn?", rief ich laut.
Er tauchte hinter mir auf.
,,Was ist de-", er brach seinen Satz ab, als er Carla sah.
Remus hatte mir gesagt, ich sollte es nicht tun. Sirius hatte mir gedroht, Remus alles zu sagen, was Shawn ihm über mich erzählt hatte, wenn ich es nicht tat. Die Entscheidung war also keine schwere gewesen.
Shawn hatte sich seit der Nacht, in der er uns gerettet hatte, nicht mehr bei Carla gemeldet. Ich konnte noch nicht sagen, ob meine Entscheidung gut war oder nicht. Aber ich wusste jetzt, dass Sirius Remus nichts von meinen Gesprächen im Schlaf erzählen würde.
,,Ich muss los", sagte ich hastig, ehe sich irgendwer bei mir beschweren konnte.
,,Saphira, können wir kurz reden?", fragte Shawn.
,,Sorry, ist wirklich dringend", wehrte ich ab.
Ich zog Schal, Mütze und Wintermantel an und stürmte aus der Haustür. Draußen atmete ich erstmal kurz tief durch. Dann apparierte ich an einen Ort, den ich mir von Dumbledore hatte verraten lassen.

Es war ein stilles Örtchen. Der leuchtende Schnee verdeckte die vermutlich traurige Stimmung, die die ansonsten grauen Häuser erzeugten. Ich lief die Hauptstraße entlang und fand mein Ziel recht schnell.
Ich atmete tief durch und setzte ein freundliches Gesicht auf, um meine Nervosität zu kaschieren. Meine zitternde Hand klopfte vorsichtig an der Tür. Ich hörte dumpfe Schritte dahinter.
Die Tür wurde geöffnet und hinter ihr stand ein Mann in fettigem Haar.
,,Darf ich reinkommen?", fragte ich so freundlich ich nur konnte.
Severus starrte mich irritiert an. Ich nutzte seinen Zustand und schob mich an ihm vorbei in seine Wohnung. Sie war genauso düster wie ihr Bewohner. Einige hohe Bücherregale, die allesamt dick verstaubt waren. Ich lief zum einzigen etwas hellen Raum, seinem Wohnzimmer. Helles Licht fiel durch das große Fenster. Severus folgte mir stumm.
,,Was möchtest du?", fragte er, als er ebenfalls in dem kleinen Zimmer stand.
Ich blickte mich etwas um. Eine winzige Tanne stand in einer Ecke, halb vertrocknet und ohne Deko. Ich nahm all meinen Mut zusammen.
,,Erstmal wohl eine nette Begrüßung", scherzte ich, doch er lachte nicht.
Natürlich nicht.
,,Ich möchte dich einladen", sagte ich.
,,Um Weihnachten zu feiern", fügte ich hinzu, weil er es nicht verstanden hatte.
,,Ich feiere dieses alberne Fest nicht", sagte er kühl.
Ich lächelte ihn traurig an.
,,Severus, das sagst du nur, weil du nie ein schönes Fest feiern konntest. Ich habe damals genauso gedacht wie du. Jedes Weihnachten gab es Tränen bei uns Zuhause, die meisten wohl von mir selbst.
Das erste schöne Fest habe ich bei einem guten Freund verbracht und seither verstehe ich, was alle anderen daran finden", erklärte ich hoffnungsvoll.
Er wandte sich um und schob einige Bücher in seinem Regal umher.
,,Du bist aber keine gute Freundin von mir", sagte er knapp.
,,Doch", log ich.
Er lachte sarkastisch.
,,Belüg dich doch nicht selbst", sagte er und sortierte ein weiteres Buch anders ein.
,,In Ordnung. Ich habe dich letztes Jahr wirklich nicht gemocht. Du warst unausstehlich zu den Schülern, zu Remus und zu mir. Aber ich habe gemerkt, dass man sehr wohl mit dir reden kann. Schließlich hast du Remus bis heute in Ruhe gelassen und auch die Schüler haben berichtet, dass du dich irgendwie verändert hast.
Nein, wir sind keine guten Freunde, aber ich mag dich trotzdem irgendwie", sagte ich.
Er drehte sich um und plötzlich bemerkte ich, weshalb er sich weggedreht hatte. Auf seiner Wange glitzerte eine Träne.
,,Warum tust du das für mich?", fragte er.
,,Weil ich weiß, wie es sich anfühlt. Ich bin da rausgekommen und ich möchte dir helfen, damit du es auch schaffst", erklärte ich entschlossen.
,,Du belügst dich, wenn du denkst, dass du allen helfen kannst", sagte er bitter.
Ich schluckte. Wie konnte man nur so stur sein?
,,Das glaube ich schon lange nicht mehr. Aber ich möchte es wenigstens versucht haben. Wenn du willst, dass ich gehe, dann sag es und ich tue es.
Ich werde alleine zurückkommen und mich von Sirius auslachen lassen, weil ich ihn fast eine Woche lang überreden musste, dich einladen zu dürfen und du mich dann hast hängen lassen.
Aber es wird mich kalt lassen, denn ich weiß, dass ich niemanden retten kann. Ich werde ein schönes Fest mit allen meinen Freunden verbringen und glücklich sein.
Aber du, du wirst dich ärgern, dass du mein Angebot abgelehnt hast. Du wirst es natürlich niemals zugeben. Du wirst hier alleine sitzen, über deine Fehler nachdenken und in Selbsthass und Selbstmitleid ertrinken, während wir ein wundervolles Fest haben", sagte ich provokant.
Severus reagierte nicht auf Schmeicheleien, denn die durchschaute er sofort. Also musste die Wahrheit her. Und das war sie, die bittere Wahrheit. Sollte er doch gucken, wie er damit zurechtkommen würde.
,,In Ordnung", sagte er plötzlich.
Ich wandte mich vom Fenster ab und schaute ihn verwirrt an. Das war einfacher als gedacht. Ich lächelte.
Wir apparierten gemeinsam zurück. Ich öffnete die Tür und sah in die überraschtesten Gesichter. Ich hatte es natürlich allen gesagt, aber niemand hatte wirklich damit gerechnet, dass ich es schaffen würde.

Remus Lupin (Rumtreiber & PoA) ff: Von Smaragden und SaphirenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt