Tea Time

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Wer hätte gedacht, dass eine Nacht ohne Louis dafür Sorgen würde, dass ich kaum ein Augen zubekommen würde. Die ganze Zeit hatte ich mich hin und her gewälzt und als ich heute Morgen aufgewacht bin, gab es nicht wie sonst einen gedeckten Frühstückstisch, sondern gähnende Leere. In meiner Wohnung ist es jetzt viel zu still. Nicht, dass es vorher laut gewesen ist. Louis war in der gesamten Zeit eigentlich ziemlich ruhig. Aber irgendwie war es nicht so still gewesen. Irgendwo hat man immer ein Geräusch wahrgenommen. Es wird schwer, sich wieder umzugewöhnen.
Vor dem Café tummeln sich einige Leute, die zwischendurch mal durch die große Fensterfront spähen. Manche von ihnen haben Kameras dabei. Andere tuscheln nur und gehen weiter. Dass ich Simon Cowell vor versammelter Mannschaft angekeift habe, geht noch nach zwei Tagen rum wie ein Lauffeuer. Der Neue lässt eine Tasse fallen, was mich zurück in die Realität befördert. Grace eilt ihm zur Hilfe, während Jamie nur genervt mit dem Kopf schüttelt. Der arme Kerl bekommt offenbar nichts gebacken. Wenn die neue Aushilfe nichts taugt, wird der Laden noch mehr Verluste machen als nur die paar zerbrochene Teller und Tassen. „Caitlyn?", höre ich eine liebliche weibliche Stimme meinen Namen sagen und drehe mich um, nur um in das Gesicht der Assistentin von Simon Cowell zu blicken. Das war's dann. Der Tag der Abrechnung ist gekommen.
„Bist du hier, um mir Simons Klage zuzustellen?", beginne ich, ohne Maddie zu begrüßen.
Verdutzt sieht sie mich an.
„Nein.", sagt sie und stellt ihre Handtasche auf der Theke ab. „Ich wollte gerne mit dir reden. Hast du vielleicht kurz Zeit?"
Skeptisch beäuge ich sie und werfe Grace einen unsicheren Blick zu. Meine beste Freundin zuckt allerdings nur mit den Schultern. Sie weiß offensichtlich auch nicht so ganz, was ich machen soll. „Es dauert nicht lange." Maddie scheint zu bemerken, dass ich eigentlich nicht wirklich mit ihr reden möchte. Letztendlich gebe ich aber nach und setze mich mit ihr an einen Tisch in der hintersten Ecke des Cafés. „Da draußen sind ne Menge Leute, die dich beobachten.", stellt Maddie überrascht fest.
„Ja, Niall sagt, ich bin jetzt ein Internetstar. Allerdings weiß ich noch nicht, was ich davon halten soll." Unsicher rutsche ich auf meinem Stuhl hin und her. „Also, worüber möchtest du reden?"

„Über Simon."

Welch Überraschung.

„Ich habe meiner Aussage nichts hinzuzufügen. Alles, was ich gesagt habe, habe ich auch so gemeint.", stelle ich selbstsicher klar und bin stolz auf mich, dass ich so standhaft bleibe.

„Hör mal, ich will ja gar nicht sagen, dass es nicht wahr ist, was du ihm vorgeworfen hast. Und ich will es ja auch gar nicht beschönigen. Es ist nur so, dass er sich geändert hat, Caitlyn."

„Offenbar ist dem nicht so, wenn er seine Assistentin vorschickt." Schnaubend lasse ich mich gegen die Rückenlehne des Stuhls fallen.

„Er weiß gar nicht, dass ich hier bin."

Meine Gesichtszüge werden weicher. Augenblicklich bekomme ich ein schlechtes Gewissen, weil ich sie so angefahren habe. Dabei ist Maddie ja nicht einmal das Problem. Simon ist es.

„Ich kenne Simon jetzt ungefähr zwei Jahre.", beginnt Maddie, als ich nicht weiter spreche. Und in diesen zwei Jahren war er nicht der Ekel, als den du ihn beschrieben ist. Er war immer nett, freundlich und sogar hilfsbereit. Und er hat von den Jungs immer so gesprochen, als wären es seine Söhne. Er ist gar nicht so ein schlechter Mensch wie du vielleicht annimmst."

„Du warst nicht dabei, Maddie.", fange ich kopfschüttelnd aber. „Du warst nicht da, als sie mir erzählt haben, was das Management ihnen angetan hat. Ausgeschaltete Mikrofone, Verbote, die totale Kontrolle. Und von den Standpauken will ich gar nicht erst anfangen. Einige von ihnen geben sich immer noch die Schuld für das Bandaus. Andere mussten sogar in Therapie, weil sie nicht wussten, wie sie weiter machen sollen ohne Anweisungen. Mag sein, dass Simon sich jetzt schlecht fühlt. Und das ist auch gut so. Es reicht nicht, einfach zu sagen, dass man es bereut. Man muss es besser machen. Stattdessen schickt er mich vor, um die Band wieder zusammenzubringen. Ich habe in den letzten Wochen wahrscheinlich mehr Zeit mit den Jungs verbracht als er in den letzten Jahren. Das sind gute Jungs. Und das haben sie sicherlich nicht verdient. Keiner hat es, aber sie am wenigsten."

All Over Again (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt