Tickets, Setlist und Kevin Quinn

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Völlig gebannt starren wir auf den kleinen Laptop, der vor mir auf dem Tisch steht. In wenigen Minuten geht der Ticketverkauf für das Reunion Konzert los. Wir alle sind schon total aufgeregt deswegen und zählen die Sekunden. „Ich kann nicht fassen, dass es wirklich schon so weit ist, dass die Tickets verkauft werden.", meint Grace und hüpft aufgeregt auf und ab. „Oh Gott, mein Herz. Ich glaube, ich werde gleich ohnmächtig." Krampfhaft greift sie nach Liams Hand und drückt sie fest. Wenn das so weiter geht, braucht sie gleich ein Intensivbett und Liam eine neue Hand, dessen Knochen noch ganz sind. „Ganz ruhig.", redet Liam ihr gut zu und macht ein paar Atemübungen mit seiner Freundin, um sie zu beruhigen.
„Ich dachte, diese Atemtechnik wendet man bei Schwangeren an.", wirft Niall ein, während er die beiden dabei beobachtet.
„Um Wehen zu veratmen benutzt man eine ganz andere Technik.", merke ich sofort an.
„Woher weißt du das?", fragt Louis und mustert mich prüfend.
„Meine Cousine hat letztes Jahr ein Baby gekriegt und ich war mit ihr in einem dieser Kurse, weil ihr Mann keine Zeit hatte."
„Das beruhigt mich.", meint Louis erleichtert und fasst sich ans Herz.
„Wieso sprechen wir auf einmal über Babys?", fragt Niall irritiert, wird jedoch mit einer Handbewegung von Harry zum Schweigen gebracht. Sein Blick ist auf die Armbanduhr an seinem Handgelenk gerichtet. „Der Ticketverkauf beginnt in drei, zwei, eins." Harry deutet mit dem Zeigefinger auf den Laptop. Ich aktualisiere die Seite und merke, dass alles hängt. Frustriert stöhne ich auf.
„Das darf doch echt nicht wahr sein."
„Das ist schon mal passiert. Damals bei der Where We Are Tour.", merkt Liam an. „Die Fans haben die ganze Seite zum Einsturz gebracht."
„Denkt ihr echt, so viele Leute greifen darauf zu?", frage ich, weil ich sowas zuvor noch nie erlebt habe. Aber Grace weiter die Augen und nickt wie ein Wackeldackel. „Natürlich! Das hier ist One Direction. Hast du die Fans eigentlich schon mal erlebt? Bei Directionern ist alles, als würde es um Leben und Tod gehen."
„Ich hab dich erlebt und das reicht mir.", gesteht Niall und erntet einen Schlag in die Magengrube von Grace. Stöhnend krümmt er sich und hält sich den Bauch. „Zuschlagen kann sie.", fügt er keuchend hinzu. Anders hat er es nicht verdient nach dem Spruch. Erneut aktualisiere ich die Seite und staune, als das große rote Warnsignal auftaucht, dass das Konzert ausverkauft ist. Die Jungs fangen an zu jubeln und fallen sich in die Arme, als hätten sie gerade den Jackpot geknackt. Im Grunde haben sie das ja irgendwie. „Wartet, wartet.", ruft Louis und bringt alle zum Schweigen, bevor er zu Harry sieht. „Wie lange hat es gedauert?"
„Ungefähr 56 Sekunden.", antwortet Harry. „Durch den Absturz hab ich zwei Sekunden abgezogen. Damit es fair bleibt."
„56 Sekunden?", fragt Liam überrascht. „Das ist heftig. Und das nach fünf Jahren Funkstille."
„Herzlichen Glückwunsch.", sage ich und drehe mich auf meinem Stuhl, um die Jungs anzusehen. „Ihr seid wieder im Trend."
Wieder fallen sie sich in die Arme und ich kann nur lächelnd mit dem Kopf schütteln. Sie haben es geschafft, dass das Konzert in weniger als einer Minute ausverkauft ist. Wenn das kein Grund zum Feiern ist, dann weiß ich es auch nicht.

~

„Habt ihr die Setlist jetzt eigentlich fertig?", werfe ich völlig beiläufig ein, während ich es mir neben Louis auf dem Sofa gemütlich mache und mich an ihn kuschle. Louis legt den Arm um mich und nickt. „Ja. Vorausgesetzt Grace ist diesmal mit meiner Songwahl einverstanden." Er wirft meiner besten Freundin einen wissenden Blick zu, die unschuldig grinst. Sie hat sich so hingelegt, dass ihr Kopf auf Liams Schoß liegt, während er ihr liebevoll über den Kopf streicht. Ihre Beine sind angewinkelt, damit Harry seinen Platz neben ihr finden kann. Niall hingegen hat es sich in dem großen Sessel gemütlich gemacht, mit einer Chipstüte wohlbemerkt. „Die Setlist ist perfekt.", meint Harry und grinst zufrieden. „Es ist von jedem Album was dabei und ich denke, dass sie die Fans glücklich machen wird."
„Darf ich nochmal drüber schauen?", fragt Grace, doch Louis ruft sofort:"Nein." Empört öffnet Grace den Mund, schließt ihn dann und schmollt.
„Der Blick zieht bei mir nicht. Ich habe einige Schwestern. Alle haben es versucht, keine davon hatte Erfolg.", entgegnet Louis ihr frech. Leise kichere ich.
„Gebt mir wenigstens einen Song, der gespielt wird.", bettelt Grace und setzt einen Hundeblick auf.
„Vergiss es, Sweetie.", meint Liam lachend. „Ich musste versprechen, dir nichts zu erzählen."
„Du musst es mir ja nicht jetzt erzählen. Vielleicht später." Graces Blick wird verführerischer, während sie zu Liam hochsieht. „Wenn wir allein sind. In deinem Bett."
„Grace!", rufe ich angewidert und bewerfe sie mit einem Kissen. Auch die anderen protestieren, was Grace nur zum Lachen bringt.
„Ihr Spießer!"
„Euer Bettgeflüster interessiert hier keinen.", meint Niall kopfschüttelnd.

„Du bist doch nur neidisch."

„Hey, ich hab mich mit meinem Singleleben abgefunden. Ich bin auf niemanden hier neidisch."

„Amen.", beendet Harry die Diskussion und faltet die Hände in seinem Schoß. „Was machen wir eigentlich mit der Vorband? Haben wir überhaupt eine?"

„Wollte sich Maddie nicht darum kümmern?", fragt Liam unsicher.

„Wir können ihr ja helfen.", meine ich und überlege. „Wer könnte denn vor One Direction spielen?"

„Anthem Lights!", schlägt Harry fröhlich vor.

„Das kannst du voll vergessen, Löckchen." Louis schüttelt den Kopf und sieht zu Harry.

„Warum nicht?"

„Es werden keine blöden Kirchenlieder auf unseren Konzert gesungen. Die Leute sollen sich zwar an den Abend erinnern, aber doch nicht so!"

Beleidigt verschränkt Harry die Arme vor der Brust. „Die sind aber echt gut. Und würden sich sicher freuen."

„Dann können die ja deinem Kirchenchor beitreten.", kommt es mit vollem Mund von Niall.

„Hört auf ihn zu ärgern.", werfe ich dazwischen und ernte entgeisterte Blicke von den anderen.

„Das sagst gerade du.", meint Niall spöttisch. „Du machst dich doch ständig über seine Sekte lustig." Bevor Harry protestieren kann, korrigiert Niall sich. „Entschuldigung, ich meine natürlich Kirchengruppe."

„Ich mache das aber auf liebevolle Art. Ihr wirkt so, als ob ihr jeden Moment mit Fackeln und Mistgabeln auf ihn losgeht.", sage ich und löse mich aus Louis' Arm. „Vielleicht solltet ihr der Band ne Chance geben."

„Oder wir nehmen jemand anderen.", versucht Louis es und überlegt. „Kevin Quinn zum Beispiel. Im Übrigen hat der auch schon einmal ein paar christliche Lieder gesungen." Louis wirft Harry einen Seitenblick zu. Sofort wird Harry hellhörig,

„Uh, der ist wirklich gut.", sagt Grace mit strahlenden Augen. „Und süß."

„Den nehmen wir nicht.", wirft Liam ein und erntet verwunderte Blicke. Das war ja klar, dass er wieder eifersüchtig sein muss. „Ich seh doch nicht zu wie meine Freundin den anschmachtet."

„Hey, ich find den auch süß.", sage ich und ernte einen verdatterten Blick von meinem Freund.

„Ach ja?", fragt Louis und zieht eine Augenbraue nach oben.

„Ja. Genauso wie eine Millionen andere Mädchen.", gebe ich augenrollend von mir und richte mich auf. „Wir heulen doch auch nicht rum, dass euch Mädchen BHs auf die Bühne werfen oder dass sie ihre Brüste vor euch entblößen."

„Was mehr als einmal passiert ist laut Internet.", fügt Grace hinzu und wirft Liam einen vorwurfsvollen Blick zu, der rot wird und sich am Hinterkopf kratzt, während er versucht seine Freundin nicht direkt anzusehen.

„Kevin Quinn ist talentiert, er macht gute Musik und die Teeni-Mädchen werden es euch danken. Und bestimmt singt er auch einen christlichen Song für Harry."

Harry lächelt zufrieden. „Dein Wort in Gottes Ohr."

„Übertreibs nicht."

„Tschuldigung."

Die Jungs tauschen ein paar Blicke aus. „Dann also Kevin Quinn.", murmelt Louis und holt sein Handy raus. „Ich werd Maddie ne Nachricht schreiben und dann schick ich eine an diesen Teenischwarm."

Manchmal bin ich darüber erstaunt, wie gut ich Menschen eigentlich überzeugen kann. Vielleicht ist das ja mein verstecktes Talent. Nur noch vier Wochen. Dann stehen One Direction endlich wieder vereint auf der Bühne. Ich kann mir kaum Schöneres vorstellen.

All Over Again (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt