Die Halle so leer zu sehen ist nochmal ein ganz anderes Gefühl. Überall auf dem Boden liegen Plastikbecher, Luftschlangen und irgendjemand scheint hier sein Schild verloren zu haben. Ein paar Angestellte fangen an die Instrumente abzubauen, während andere mit Müllsäcken rumlaufen und den Müll einsammeln. Die Jungs stehen auf der Bühne herum und beobachten, wie aufgeräumt wird. Louis und Niall haben sich mittlerweile ihre Jacken übergezogen. „Also, dass ihr mir einen Song widmet, damit habe ich nicht gerechnet.", sage ich und lächle leicht. Die Jungs drehen sich zu Grace und mir um.
„Das war Nialls Idee.", meint Liam, was mich überrascht zu dem Iren schauen lässt. Dieser zuckt nur mit den Schultern und grinst schief.
„Ich dachte mir, so ein Danke wäre vielleicht mal angebracht."
„Und das haben wir alle so gesehen.", fügt Harry hinzu.
„So etwas hat noch nie jemand für mich gemacht.", entgegne ich lächelnd.
„Sie hat sogar geheult.", wirft Grace ein und geht zu Liam rüber, der auf der Bühne sitzt und die Füße baumeln lässt. Empört sehe ich sie an.
„Grace!", zische ich und merke, wie Louis plötzlich neben mir steht.
„Du musst dich nicht schämen, Süße." Er legt den Arm um mich und zieht mich an sich. „Ich hätte auch geheult, wenn ich uns gesehen hätte."
Lachend verdrehe ich die Augen und schmiege mich an ihn. „Dann ist es jetzt echt vorbei?", frage ich in die Runde. Die Jungs nicken. „Wieso habt ihr nichts gesagt?"
„Wir wollten die Stimmung nicht runterziehen.", merkt Harry an und schnappt sich ein paar Luftschlangen, die noch auf der Bühne liegen.
„Außerdem hätte Grace einen Herzinfarkt erlitten.", fügt Niall hinzu und deutet auf das Mädchen, das sich zu Liam auf die Bühne gesetzt hat. Frech streckt sie ihm die Zunge raus, ehe sie sich an Liam kuschelt.
„Das war großartig, Jungs." Eine männliche Stimme lässt uns herumfahren wie verstörte Eichhörnchen. Simon Cowell klatscht in die Hände und kommt auf uns zu. Maddie stolziert hinter ihm her und richtet ihre Brille. „Was machst du hier?", fragt Louis. Sein Arm, der um mich gelegt ist, verkrampft sich automatisch.
„Ja, was wollen Sie?", frage ich und verschränke die Arme vor der Brust.
„Nur gratulieren.", entgegnet er und hält einen gewissen Sicherheitsabstand ein. Was wirklich besser für ihn ist, wenn er nicht verprügelt werden will. „Als ich gehört habe, dass ihr ein Konzert gebt, da musste ich einfach kommen. Ich musste euch einfach zusammen auf der Bühne sehen. Ich weiß, dass ihr nicht gerade meine größten Fans seid."
„Offensichtlich.", murrt Harry und verschränkt ebenfalls die Arme vor der Brust.
„Ich habe Fehler gemacht.", beginnt Simon und sieht alle Jungs nacheinander an. „Fehler, die ich leider nicht mehr rückgängig machen kann. Und dafür möchte ich mich aufrichtig entschuldigen. Mir war nicht klar, wie sehr ich euch vielleicht geschadet habe. Ich wünschte, ich könnte es wiedergutmachen, aber das werde ich nie können."
„Nein, vermutlich nicht.", meint auch Niall und sieht Simon skeptisch an.
„Das war ein schöner Abschluss, den ihr hier gemacht habt." Simon blickt sich in der Halle um, ehe er sich mir zuwendet. „Caitlyn, Sie haben das gut gemacht. Ganz ehrlich."
„Das Konzert war ich gar nicht.", werfe ich dazwischen, denn egal wie gern ich die Lorbeeren dafür ernten würde, das hier ist nicht mein Verdienst.
„Ich meine nicht das Konzert. Ich meine das alles hier. Das mit den Jungs. Ich schätze, sie haben jemanden wie Sie gebraucht."
Perplex öffne ich den Mund, aber es kommen keine Worte heraus. Irgendwie tut er mir jetzt sogar ein bisschen leid. „Ich werde nicht länger stören. Ich wollte bloß sagen, dass ihr toll wart. Und euch alles Gute wünschen. Ich hoffe, dass ihr es in Zukunft besser machen werdet als ich es in der Vergangenheit getan habe. Viel Glück auf eurem weiteren Weg. Macht's gut." Bedrückt dreht er sich um und geht auf den Ausgang zu. Mittendrin bleibt er jedoch stehen und dreht sich noch einmal zu uns um. „Glückwunsch zu Oxford."
„Danke.", sage ich nur, weil mehr nicht aus mir raus will. Maddie wirft uns ein kurzes Lächeln zu, ehe sie Simon nach draußen folgt.
„Das war ja schräg.", durchbricht Liam die Stille als erstes.
„Aber irgendwie tut er mir leid.", sage ich und wende meinen Blick vom Ausgang ab.
„Ein bisschen vielleicht.", murmelt Louis neben mir.
„Vielleicht könnt ihr ihm eines Tages verzeihen.", meint Grace fragend.
„Vielleicht.", ist alles, was Niall dazu sagt. „Aber bis dahin, genießen wir die Freiheit."
Lachend schüttle ich den Kopf, als Niall die Arme in die Luft reißt. Möglicherweise können sie Simon Cowell ja wirklich irgendwann verzeihen. Vielleicht hat er sich tatsächlich geändert. Zumindest hat Maddie danach ausgesehen, als würde sie daran glauben. Hoffen wir, dass der Glaube ausreicht.~
Die Konzerthalle ist nicht nur menschenleer, es ist auch unfassbar still hier drinnen. Ich konnte es mir einfach nicht nehmen lassen und musste noch einmal zurückkommen, um diese gewaltige Halle auf mich wirken zu lassen, während die anderen in der Garderobe sind und sich bereit zum Aufbruch machen. Grace will jetzt unbedingt bei Liam sein, deshalb sitze ich alleine auf dieser Bühne und starre die Luft an. „Klopf Klopf.", höre ich Louis hinter mir sagen. Mit einem Lächeln drehe ich mich zu ihm um. In seinen Händen hält er seine graue Sweatshirtjacke, die er mir um die Schultern legt, während er hinter mir in die Hocke geht. „Alles okay bei dir?"
„Ja, ich genieß bloß die Stille.", entgegne ich ihm. „Ich kann nicht fassen, dass ihr das hier vielleicht nie wieder macht."
„Naja, zumindest erstmal nicht zusammen.", meint Louis seufzend und setzt sich neben mich. „Ich meine, wir haben uns alle in verschiedene Richtungen bewegt. Wir sind immer noch Freunde, ganz klare Sache. Aber musikalisch... Ich meine, ich liebe The Killers und Harry steht auf Kirchenmusik."
Leise lache ich.„Ich denke nicht, dass Harry Kirchenmusik produzieren würde.", merke ich an.
„Aber wissen tust du es nicht." Louis grinst. „Ich mach bloß Spaß. Du weißt, wie ich es meine."
„Ja, ich weiß."
„Ich meine, vielleicht mach ich ja was eigenes."
„Wirklich?", frage ich überrascht und sehe ihn von der Seite an. Louis zuckt mit den Schultern.
„Wer weiß."
„Ist es das, was du willst?"
„Was ich gerade will, ist, mit meiner Freundin nach Hause zu fahren." Grinsend legt er den Arm um mich und zieht mich zu sich, um mir einen Kuss zu geben. „Mir fallen ungefähr hundert Dinge ein, die wir dort machen könnten.", murmelt er gegen meine Lippen und bringt mich zum Kichern.
„Hey, ihr Turteltauben!" Nialls Stimme lässt uns auseinander fahren. Der Kobold kommt von vorne auf uns zu und bleibt vor der Bühne stehen. „Ist ja wirklich echt romantisch hier und ich bin mir sicher, dass Louis dir hier jetzt ein Ständchen singen könnte, aber die anderen warten, ich habe Hunger und Harry meckert schon, weil er noch nicht im Bett ist. Er sagte irgendwas von einer unchristlichen Zeit oder sowas."
„Harry soll mal den Ball flach halten.", meint Louis und springt von der Bühne. Er streckt die Arme nach mir aus und hilft mir ebenfalls auf den Boden zu kommen. „Gehen wir, bevor er Gott noch den Auftrag gibt, uns frühzeitig ins Jenseits zu befördern."
„Irgendwann köpft er uns für unsere blöden Sprüche.", lache ich und folge den Jungs zum Ausgang, während ich meine Arme durch die Ärmel von Louis' Jacke stecke, um sie richtig anzuziehen. Nialls Lachen hallt durch den ganzen Raum. Einen Moment lang bleibe ich stehen und betrachte die Bühne noch ein letztes Mal.
„Caytlin?" Louis hat sich gegen die Tür gelehnt, um sie offen zu halten und blickt mich fragend an.
„Kannst du dir vorstellen, eines Tages ganz allein auf dieser Bühne zu stehen?", frage ich und drehe mich zu ihm um.
„Eines Tages vielleicht." Niall ist schon längst draußen bei den anderen. Louis kommt noch einmal auf mich zu und greift nach meiner Hand. „Du scheinst trauriger darüber zu sein als wir. Dabei warst du nicht mal ein Fan."„Ich bin einfach geschockt, dass ihr euch für diesen Schritt entschieden habt.", gestehe ich und muss schlucken.
„Das ist nicht das Ende." Louis verschränkt unsere Finger miteinander. „Irgendwann kommen wir wieder."
„Und davon bist du fest überzeugt?"
„Naja, alle Wege führten ja jetzt auch wieder zurück zur Band, nicht?"
Er hat recht. Obwohl sie der Meinung waren, dass sie nie wieder gemeinsam Musik machen würden, haben sich ihre Wege gekreuzt.
„Wenn es sein soll, dann wird es passieren." Louis zuckt mit den Schultern und schaut sich noch einmal um. „Aber ohne, dass uns jemand beeinflusst."
„Schuldig.", sage ich lachend.
„Oh, ich sprach eigentlich von Simon, aber ja, du solltest dich ebenfalls angesprochen fühlen." Grinsend legt er einen Arm um mich und führt mich endgültig nach draußen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es vielen Fans eine Weile schlecht gehen wird. Aber die Jungs versichern mir, dass es noch nicht zu Ende ist. Vielleicht hat Louis recht. Vielleicht muss es von ihnen selbst kommen, dass sie wieder die Band zum Leben erwecken. Erzwingen kann man es sowieso nicht. Und wer weiß, vielleicht stehen sie ja in ein paar Jahren doch wieder zusammen auf der Bühne. Man kann nie wissen. Wenn ich eines gelernt habe seit ich mit diesen Jungs rumhänge, eine Überraschung haben sie immer parat. Ich bin gespannt, was mich in Zukunft erwartet.
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All Over Again (Teil 1)
FanfictionOne Direction - einst die bekannteste Boyband der Welt. Doch nur ein paar Monate nachdem Zayn Malik die Band verlassen hat, traf der Albtraum jedes Fans ein. Herzen von Millionen von Fans wurden gebrochen, Tränen waren geflossen. Medien berichteten...