Part 45

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Es klingelt zweimal und die Schüler stürmen durch die Gänge in die jeweiligen Klassen- und Fachräume. 

Die Tür zu unseren Raum wird aufgemacht und ich schrecke ganz, wirklich gaaaanz kurz auf, weil ich nicht damit gerechnet habe so plötzlich aus meinen Gedanken gezogen zu werden.

Mandy kommt rein und bleibt dann mit der Kinnlade hinuntergeklappt in der Tür stehen.

"Das ist mein Platz, du blöde Ziege!", ruft sie, doch anstatt sie weiter zu provozieren halte ich ausnahmsweise mal meine Klappe. Es macht eh keinen SInn mit der zu reden. Es wird auch nie Sinn haben. NIemals. Ich schwör's euch.

Bei der ist alles im Eimer.

Selbst ihr Gehirn.

Sie kommt auf mich zu und will mit wegzerren, doch alles was ich ihr schenke ist ein Blick mit hochgezogener Augebraue. 

Sie ist echt ein richtiges Kleinkind.

"Benni Schatz! Die hat meinen Platz weggenomen!", nörgelt sie. "Das ist mein Platz:" Ich huste obendrein noch kurz auf und schaue dann Weg.

"Setzt euch doch wo anders hin.", gebe ich bissig zurück und will auch garnicht weiter disskutieren. 

Oje.

Ich gebe zu dass ich mich echt schlecht benommen habe. Ich bin mir momentan ja selber irgendwie Fremd. Sei es die Krankheit die mich so runterzog - Irgendwie veränderte sich alles in mir drin,

Schütze ich mich vielleicht? 

"Setz dich doch einfach neben mich und gut ist.", schlage ich zu meinem erstaunen recht ruhig vor,  als sie immernoch mit verschränkten Armen vor mir steht, doch alles was ich als Antwort bekomme ist ein Satz der ihre Dummheit definitv bestätigt.

Und ein Satz, der mich unglaublich trifft.

So richtig fies. Wie ein Messerstich ins Herz - oder etwas, was mir meine Seele aufreist.

"Ich will nicht mit hier, Loikemi, oder was du da hast, angesteckt werden.", meint sie angeekelt und so langsam reißt mir echt der Geduldsfaden mit ihr. 

"Weißt du überhaupt was du da redest? Weißt du das?", schreie ich schon fast und springe auf. 

"Mandy, das ist Krebs! Er wird mich umbringen! Sicherlich fließt er aus meinem Blut in deins! Natürlich! Ich schlietze mir den Unterarm auf, tue bei dir das gleiche und lasse mein Blut in das deinige fließen!", sage ich aufgebracht und meine Augen werden glasig.

"Verstehst du denn garnichts? Weißt du nichteinmal was Krebs bedeutet? Kommt nichteinmal das in deinen Kopf? Nichteinmal die Tatsache, das Krebskranke meistens sterben? Das sie dann unter der Erde, einsam und traurig und was weiß ich noch alles. liegen und Stunde um Stunde, Tag um Tag vor sich hin verwesen? Schau mich an! Ich bin 16! Ich bin 16 verdammte Jahre alt, und werde sterben! Gnade bei Gott, wenn ich es noch bis zu meinem Geburtstag überlebe! Spiel dich nicht weiter auf und lass' mich in Ruhe mit deinem scheiß! Verschlechter mir den Rest meines Lebens nicht auch noch! Ich flehe dich an! Es tut mir scheiße Leid was ich zu dir gesagt habe! Es tut mir scheiße Leid wie ich dich behandelt habe, aber weißt du was für eine Last ich mit mir trage? Wie schwer es für mich ist? Wie ich mich einfach nur versuche zu schützen?" 

Meine Tränen fließen nun ununterbrochen und meine Knie geben unter mir fast nach.

"Du kannst dir nichtmal ein klitzkleines bisschen vorstellen wie es ist zu wissen, dass du all deine liebsten Menschen um dich verlieren wirst! Dass du sie verlassen wirst! Das du sie in die tiefste Trauer stürzen wirst - nur weil sich eine Krankheit in dein Blut geschlichen hat, die mit etlichen Chemothearpien behandelt werden muss um dagegen zu kämpfen, oder wenigstens etwas Zeit rauszuhandeln! Weißt du warum ich hier stehe? Warum ich jetzt, in diesem Moment hier stehe? Weil ich dir restliche Zeit meines Lebens nicht in diesem beschissenen Krankenhaus liegen und zusehen möchte, wie ich nach und nach abmagere und wie der Tod sich sichtbar macht! Ich stehe hier, um jemanden außer Ärzte oder meine Mutter um mich zu haben! Mir war es scheißegal dass ich die war, die keiner mochte! Mir ging es sogar gut damit! Nie wollte ich Aufmerksamkeit! Und jetzt finde ich einen Besten Freund bei dem ich mich richtig wohlfühle, und schon ist da noch so eine Person die mich total aus der Bahn wirft indem sie mich dazu zwingt ein komplett anderer Mensch zu sein? So zu handeln, wie ich es nie getan hätte? Du weißt nicht wie schwer es ist! Du weißt nichts! Du weißt weder was über das Leben, über die Natur, über das, was sich hier abspielt, noch weißt du wie ich mich fühle und was ich denke und tue und erleide und durchmache! Nichts weißt du! Garnichts! Höchstens wie man sich die Nägel lackiert, die Haare färbt und sich nuttige Klamotten aussucht! Und dann machst du mich, wissend in der Tatsache dass ich erkrankt an diesem scheiß Krebs bin, auch noch runter? Versuchst dich hoch zu schleudern, Aufmerksamkeit zu erhaschen und jeden auf deine Seite zu ziehen? Meinst zeigen zu müssen, wie du die kleine, blöde und nichtskönnende Jule wie Abschaum behandelst und ihr ins Gesicht spruckst? Ich sag dir eines, Mandy, ich will nicht dass du dich in meinem Leben aufhälst. Weder möchte ich dich mit Ben sehen - Stop!" Ich hebe mahnend den Zeigefinger damit sie mit nicht dazwischen redet.

"Ihr seit zusammen - geht mich einen scheißdreck an. Seit es ruhig, doch ich möchte dich nicht mit ihm sehen - vor mir. Nicht wie du ihn benutzt. Nicht wie du ihn anschaust. Nicht wie ihn abküsst Garnichts will ich davon sehen! Ich möchte nicht, dass du dich in irgendeiner Form in meine Sachen einmischst. Ich möchte nicht, dass du mit mir Wörter wechselst. Ich möchte, dass du mich weiterhin hasst, so wie du es schon immer getan hast. Nur bitte! Bitte, bitte, bitte, lass mir meinen besten Freund und vorzeitig mein viel zu kurzes Leben, damit ich tun und lassen kann was ich will, ohne das du auch nur einmal dazwischen funkst - in jeglicher Art und Weise! Versprech' es mir! Du bist mich spätestens in einem Jahr eh los. Dann hat sich das ganze geregelt und wir kennen uns nichtmehr, okay?"

Durch jede Zelle meines Körpers schießt Adrenalin und meine Lungenflügel beginnen unfassbar stark zu flattern. Mein Herz hat eine sehr hohe Frequenz eingenommen und über meine Wangen bahnen sich tausende kleine Tropfen einen unsichtbaren Weg. 

Ich bin fertig mit der Welt.

Jetzt ist es so weit.

Jetzt habe ich endlich das ausgepsprochen, was ich schon immer mal aussprechen wollte.

Und ich fühle mich elend.

So elend, dass ich überlege alles abzubrechen um schneller zu sterben.

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Puh! Der Part geht mir ganz schön unter die Haut! Wenigstens äußert sich Jule und Mandy lässt sie endlich in Ruhe. 

Wir lesen, in diesem Fall, definitv später noch voneinander.

Damit süße Träume, an die, die schon schlafen und eine Gute Nacht an die, die noch schlafen gehen!

Marie, xx 

Sie sagen Liebe vernebelt.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt