Tränen bahnen sich an und ich ziehe scharf die Luft ein, fühle mich mehr als gebrochen.
"Ich möchte Nachhause. Und zwar heute noch."
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Meine Mutter hat geweint, mich angefleht unter Ärztlicher Behandlung zu bleiben, nicht aufzugeben. Und ich hab nichts gesagt. Nichts getan.
In gewisser Weise tat es mir sehr weh sie so zu sehen, aber meine Entscheidung war schon vor Monaten getroffen und nachgeben war schon lange keine Option mehr für mich gewesen. Früher oder später werde ich eh sterben, warum also nicht so schnell wie möglich.
Niemand kann sich auch nur ansatzweise vorstellen, wie ich Leide. Was für schmerzen ich durchmachen muss, während ich meine Hand bewege wenn eine Infusion in ihr steckt, oder wie verdammt schwer es sein kann inmitten von anderen Krebspatienten Blut abgenommen zu bekommen. Es geht nicht nur um den Körperlichen Schmerz, sondern viel mehr über den Mentalen und die Psychischen Dinge, die mich fertig machen. Und ich denke, es war eine nachvollziehende Entscheidung.
So sitze ich also hier Zuhause auf meinem Bett in meinem Kinderzimmer und erinnere mich daran, wie ich mit einem plötzlichen Schwindelanfall zusammengeklappt bin. Es scheint eine Ewigkeit vergangen zu sein, doch trotzdem fühlt es sich noch an als wäre es erst gestern passiert.
Ich war in diesen ganze Jahren nicht oft Zuhause. Vielleicht drei, vier mal, aber das war es dann auch schon. Ziemlich traurig.
Ich frage mich, ob meine Mutter wieder einen neuen Freund hat. Ich hatte es vernachlässigt mich zu erkundigen, wie es denn überhaupt bei ihr aussieht. Die Krankheit stand mir nämlich im Weg.
Ich entscheide mich dazu mir die Frage für später aufzuheben, wenn sie von der Arbeit wiederkommt.
Langsam, um mich nicht über anzustrengen, stehe ich auf und öffne den Schrank um meine Klamotten hineinzupacken, da sticht mir meine Lieblings-bluse ins Auge. Ich fahre mit der Hand über den Seide-weichen Stoff und ziehe sie aus dem Schrank. Ich atme den Duft von ihr ein und presse sie an meine Brust, erinnere mich daran wie ich sie damals in der Schule an hatte.
Ich ziehe mir mein T-shirt über den Kopf, schlüpfe in das rote Oberteil und fühle mich direkt wohl darin. Ich schließe die Schranktür und betrachte mich im Ganzkörperspiegel, der daran angebracht ist.
Die Bluse gefällt mir noch immer genauso gut wie am Anfang und zu meinem erleichtern sitzt sie nicht einmal Plump an meinem Oberkörper, obwohl ich doch ziemlich viel abgenommen habe.
Ich lächle und streiche sie glatt, seufze und packe meine Sachen in den Schrank.
Nach einer Weile bin ich fertig und schlendere in die Küche um mir ein Glas Wasser aufzufüllen, als es plötzlich an der Wöhnungstür klingelt. Und nicht nur einmal.
Jemand hämmert gegen die Tür und kann es anscheinend kaum erwarten Zutritt zu dieser Wohnung zu bekommen. Die Stirn in falten legend öffne ich die sie und erblicke einen völlig verschwitzten Ben vor ihr stehen stehen. Als er mich erblickt erstarrt er.
"Ich dachte du wärst...", fängt er an und verstummt wieder. Er schluckt. "Du dachtest ich wäre tot?" Ich kann mir ein sarkastisches Lachen nicht verkneifen. "Natürlich nicht...Du warst nicht mehr in deinem Zimmer und all deine Sachen waren weg. Und dann habe ich eine Schwester gefragt und die wusste nicht wo du bist, und deshalb. Ich dachte du wurdest verlegt aber niemand konnte mir Auskunft geben und deshalb -" "Ganz ruhig, ich lebe noch." Ich schmunzele und trete einen Schritt zur Seite, damit er reinkommen kann.
"Keiner von denen konnte mir auch nur irgendeine Information geben, glaubst du das? Ich musste erst anfangen zu schreien, ehe mich jemand überhaupt wahrgenommen hat und dann kam Michbeck und hat mich aus dem Krankenhaus geschleift und vorgeschlagen, dass wir bei dir Zuhause vorbeifahren könnten" Er ist immer noch total aufgeregt und ringt nach Atem. Ich bilde mir ein zu hören wie sein Herz Blut pumpt.
Ich kann mich nicht zurückhalten und muss plötzlich anfangen, schallend zu lachen. Ich lache und kann mich kaum wieder einkriegen, muss mich an die Wand lehnen um nicht um zu fallen.
"Tut mir leid, aber dein Gesichtsausdruck -" Ich werde unterbrochen als Ben seine Hände an meine Wangen hält und meinen Kopf zu sich zieht. Er presst fast schon sehnsüchtig seine Lippen auf meine und mein Herz flattert auf. Ich spüre wie er grinst und dann löst er sich wieder von mir. "Zieh' dich einfach an, okay? Wir werden jetzt den ersten Punkt deiner Liste abarbeiten.", sagt er und küsst mich noch einmal, bevor er in das Treppenhaus geht. Ich höre ihn von draußen seufzen.
In Windeseile habe ich mich umgezogen und stehe nun ebenfalls draußen vor Michbeck's Auto. Der Wind ist etwas kühl und die Sonne ist bereits untergegangen. Die Straßenlaternen leuchten und der Mond steht am Himmel und macht den klaren Himmel perfekt.
Michbeck steigt aus und kommt zu mir rüber, nimmt mich kräftig in den Arm. "Schön dich mal wieder zu sehen.", sagt er und lächelt mich an. Er ist wie so oft schwarz gekleidet und seine Haare liegen wirr auf seinem Kopf. Gentlemanlike öffnet er mir die Tür und ich steige ein, Ben sitzt bereits auf der Rückbank und erwartet mich mit leuchtenden Augen.
Als ich mich neben ihn setzte, zieht er mich sofort an sich dran und legt seinen Arm auf meine Schulter, küsst meine Schläfe. "Heute zeigen wir dir mal wie man richtig Spaß hat." Er grinst und wir fahren los. "Ich kann es kaum erwarten."
Nach einer circa 20 minütigen Autofahrt bleiben wir vor einer Bar stehen und ich muss lächeln. War ja klar.
Wir steigen aus und sofort erblicke ich Timur, Danny und Katze. Ich gehe zu ihnen rüber und nehme alle hintereinander in den Arm. "Gut siehst du aus!", sagt Danny und ich werde etwas rot. Sowas hat bis jetzt noch niemand zu mir gesagt, nachdem ich krank wurde.
Wir betreten die Bar und sofort steigt mir der Geruch von Rauch und Alkohol in die Nase. Ich muss kurz husten und Ben mustert mich mit einem besorgten Blick. "Alles okay", sage ich und er kommt zu mir rüber und packt meine Hand. Gemeinsam steuern wir die Theke an.
Ich ignoriere die Tatsache, dass seine Bandkollege uns schmunzelnd mustern. Er hat meine Hand genommen, was ist schon dabei? Immerhin sind wir ja nicht zusammen oder sowas. Das ist nur rein Freundschaftlich... Genauso wie das küssen. Und die Befriedigung.
Ben bestellt für mich mit, weil ich natürlich überhaupt nicht weiß was das beste ist, womit man beginnen sollte wenn man betrunken sein möchte und ich setzte mich auf einen dieser hohen Hocker.
Plötzlich ertönt eine mir allzu bekannte Stimme hinter mir und ich drehe mich sofort um. Caro steht vor mir und breitet die Arme aus um mich zu umarmen. "Hey mein Schatz!", sagt sie und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. "Ich werde dir morgen eine Moralpredigt halten, okay? Bitte schau mich nicht so erwartend an.", lacht sie und ich bin vielleicht kurz ein bisschen erleichtert.
Sie war also auch im Krankenhaus.Sie bestellt sich das gleiche wie Ben und setzte sich zu mir.
"Bist du bereit den Tag deines Lebens zu leben?", fragt sie, ich grinse breit als Antwort und wir stoßen gemeinsam an.
Nach nicht einmal einer Stunde fühle ich mich schon total berauscht und habe leichtes Schwindelgefühl. Ich fühle mich so, als würde ich nicht mehr vernünftig reden können, aber anscheinend kann mich noch jeder verstehen. Ich greife nach Bens Hand und ziehe ihn auf die Tanzfläche. Mal ganz davon abgesehen, dass ich eigentlich überhaupt nicht tanzen kann, ist mir total egal was die anderen Leute hier von mir denken. Wahrscheinlich werden sie mich nicht mal bemerken weil sie zu sehr auf sich selbst konzentriert sind. Sind sind bestimmt mindestens genauso betrunken wie ich. Wenn ich überhaupt betrunken bin.
Ich bewege meine Hüften zum Takt der Musik und fühle mich so frei wie noch nie. Benjamin legt seine Hände auf meine Taille und lässt sie mit kreisen. Mit einer Bewegung dreht er mich zu sich und lässt unsere Zungen ebenfalls miteinander tanzen und es fühlt sich einfach so unbeschreiblich gut an, mit ihm zusammen zu sein.
Es fühlt sich an wie Zuhause.
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1354 Wörter
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Sie sagen Liebe vernebelt.
FanfictionMein Name ist Jule, ich besuche zurzeit die zehnte Klasse und bin mit meinem Leben nicht gerade zu frieden. Lange läuft es so, dass ich verabscheut und gehasst werde, doch irgendwann gibt mein Leben auch mir eine Chance die ich selbstverständlich ve...