𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟏

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- 𝑁𝑒𝑎 - 

„Nea Lias Black, du bleibst auf der Stelle stehen sonst setzt es was!", brüllte mir Scarlett Black, die Frau, welche mich auf diese Welt gesetzt hatte, hinterher, während ich die Treppenstufen unseres Hauses nur so herunter eilte. Unter keinen Umständen würde ich eine weitere Nacht innerhalb dieser vier Wänden verbringen. „Es reicht jetzt. Du kommst sofort hierher und hörst mir zu!", schimpfte sie weiter und ich hörte wie sie das obere Treppengeländer erreichte. „Vergiss es, ich rede kein einziges Wort mehr mit dir.", schrie ich zurück und riss die Tür der weißen Einbauschränke im Eingangsbereich auf. Hektisch überflog ich die Regalplatten und schnappte mir meine blau weißen Nike Air Force. So schnell es ging schlüpfte ich in sie hinein und band die Schnürsenkel zusammen. „Wag es nicht das Haus zu verlassen", zischte meine Mutter und ich konnte deutliche ihre näher kommenden Schritte hören. Ich entschied mich dazu, keine Antwort mehr darauf zu geben und ihr stattdessen zu zeigen, dass ich sehr wohl dieses Haus verlassen konnte. Energisch öffnete ich die große, graue Eingangstür und trat hinaus in die kalte Abendluft. „Kein Wunder, dass Jane irgendwann nicht mehr zu Besuch kommen wollte. Bei deinem Verhalten hätte ich das auch nicht getan", vernahm ich die Stimme meiner Mutter direkt hinter mir. Abrupt drehte ich mich zu ihr um. „Wie kannst du es wagen sie in dieser Situation zu erwähnen!", meine Stimme fing augenblicklich an zu zittern. Anscheinend war dies genau die Reaktion, die sich meine Mutter gewünscht hatte, denn ihre blauen Augen fingen an diabolisch zu funkeln. Sofort schluckte ich meine Emotionen herunter und sah sie kalt an. „Der einzige Grund, warum sie nicht mehr zu uns kam, wart ihr. Es hat ihr das Herz gebrochen zu sehen, wie sehr ihr euch und vor allem Papa, ihr Sohn, sich verändert hat. Seitdem ich lebe, hat sie sich um mich gekümmert und alles für mich getan. Aber dabei zuzusehen, wie stark ihr euch von mir und eurem Privatleben distanziert, konnte sie irgendwann nicht länger mitansehen. Also ist sie gegangen.", ich schluckte schwer beim letzten Satz und ein Kloß bildete sich in meinem Hals. „Ich will nicht mehr eure Tochter sein.", entfuhr es mir mit flüsternder Stimme. Das Erstaunen auf dem Gesicht meiner Mutter, welches sie zu verstecken versuchte, nutzte ich und wandte mich ohne ein weiteres Wort ab. Ich ignorierte ihre wütenden Rufe und steuerte geradewegs auf das Zauntor unseres Grundstücks zu. Dort angelangte drehte ich mich ein letztes Mal zum Haus um und mein Blick traf den meiner Mutter. Trotz der abendlichen Dunkelheit erkannte ich keinerlei Reue oder Traurigkeit in ihm. „Wenn du jetzt gehst, brauchst du nie wieder zurückzukommen!", ihre Aussage verpasste mir einen festen Schlag ins Gesicht. So war also das Verhältnis zwischen meiner Mutter und mir geworden, abschätzig und verhasst. In mir zog sich alles schmerzhaft zusammen und es fühlte sich an, als würde mir die Luft zum Atmen abgeschnürt werden. Da ich nicht länger den Anblick meiner Mutter ertragen konnte, drehte ich mich um, versuchte einmal tief durchzuatmen und rannte los. Weg von diesem Grundstück, weg von diesem Haus und weg von dieser Frau.

Nach einigen Metern verlangsamte ich mein Tempo und blieb stehen. Völlig aus der Puste strich ich mir ein paar einzelne Haarsträhnen aus dem Gesicht, welche sich aus meinem Zopf gelöst hatten. Leise hörte ich den kalten Februarwind, der um die Häuser und die kahlen Bäume am Straßenrand wehte. Langsam fing ich an in meinem schwarzen Hoodie zu frösteln und schlang meine Arme um meinen Oberkörper, mit der Hoffnung, mir so mehr Wärme spenden zu können. Enttäuscht stieß ich einen verzweifelten Laut aus. Wie konnten Menschen bloß so sein? Wie war es möglich alles und jeden so zu verabscheuen wie meine Mutter es tat?

Da ich auf keinen Fall wieder zurück gehen würde, lief ich weiter die schwach beleuchtete Straße entlang und beobachtete die Menschen in ihren Häusern. Entweder saßen sie auf dem Sofa in ihren Wohnzimmern oder aßen mit ihren Familien zu Abend. Erneut bildete sich ein Kloß in meinem Hals und ich musste gegen die aufkommenden Tränen ankämpfen. Das Leben mit meinen Eltern war nie wirklich harmonisch gewesen. Ständig hatten meine Eltern etwas an mir auszusetzen. Entweder gefiel ihnen meine Zimmereinrichtung nicht oder ich tat in ihren Augen zu wenig für die Schule. Verständnislos schüttelte ich den Kopf. Wenn es jemanden gab, der sich in der Schule den Arsch aufriss, dann war ich es. Anfangs hatte ich versucht ihnen zu zeigen, wie sehr ich mich anstrengte, doch irgendwann hatte ich es, aufgrund ihrer langwöchigen Abwesenheiten durch die unzähligen Geschäftsreisen, aufgegeben. Zwar hatte meine Oma mit ihrer Anwesenheit versucht diesen Defizit auszugleichen, doch vollständig hatte das nie funktioniert. Jedes Kind brauchte die Liebe und Geborgenheit seiner Eltern, dagegen konnten auch keine noch so fürsorglichen Großeltern etwas tun. Schweren Herzens hatte ich mir dies irgendwann eingestehen müssen. Genauso wie de Tatsache, dass ich in den Augen meiner Eltern nie gut genug sein würde, egal wie sehr ich mich auch bemühte.

Prompt stiegen mir erneut Tränen in die Augen und diesmal lies ich es einfach zu. Die Ersten fingen an über meine Wangen zu kullern und nach und nach wurden es immer mehr. Der erste Schluchzer verlies meine Kehle und ich schlug mir aus Angst, jemand könnte mich hören, die Hand vor den Mund. Mühevoll versuchte ich gleichmäßig zu Atmen und damit meine sich ankündigende Panikattacke zu verhindern.

Völlig in Gedanken versunken, bemerkte ich erst gar nicht, dass die Straße plötzlich erhellt wurde. Sofort hielt ich mir schützend eine Hand vor meine Augen. In einiger Entfernung erkannte ich den Umriss eines Autos, welches immer Näher zu kommen schien. Vielleicht 4 Meter vor mir kam es zum Stehen, die Scheinwerfer blieben an und strahlten mir weiterhin mitten ins Gesicht. Was zur Hölle war denn jetzt los?

Unsicher trat ich einen Schritt nach hinten. Zwar wusste ich genau, dass diese Straße hinten an dem Haus meiner Eltern in einer Sackgasse endete, doch ich spekulierte darauf, dass die Insassen des Wagen keine Kenntnis darüber besaßen. Ob es wirklich mehrere Menschen waren, wusste ich nicht, es war reines Bauchgefühl. Auch der plötzliche Fluchtinstinkt in mir ging von dem unangenehmen Gefühl in meiner Magengegend aus. Langsam bewegte ich mich rückwärts die Straße entlang. Mein Blick hing dabei konzentriert auf dem Auto, welches immer noch an der gleichen Stelle stand.

Ohne jegliches Anzeichen, setzte sich das Auto auf einmal in Bewegung und schaltete sein Fernlicht aus, sodass ich mich nun nicht mehr in mitten des Lichtkegels befand. In Schrittgeschwindigkeit fuhr der schwarze Mercedes auf mich zu. Augenblicklich spürte ich die aufkommende Panik, welche sich immer weiter in mir ausbreitete und sah mich hilfesuchend um. Wie erwartet befand sich um diese Uhrzeit jedoch keiner mehr auf der Straße und auch die Menschen in ihren Apartments bekamen nichts von der Situation hier draußen mit. Wie von selbst wurden meine Schritte immer schneller und irgendwann fing ich an zu rennen. In regelmäßigen Abständen sah ich zurück und hoffte jedes Mal, dass der Wagen meine Verfolgung aufgegeben hatte. Doch vergeblich, der Mercedes folgte mir nach wie vor und hatte sein Tempo mittlerweile sogar erhöht. Innerlich fing ich an zu fluchen, als ich die Lichter meines Elternhauses erblickte und diese immer näher kamen. Hektisch suchte ich in meinem Kopf nach Möglichkeiten, wie ich das Auto endlich abhängen konnte. Allerdings musste ich feststellen, dass jegliche Aussichten innerhalb von Sekunden weiter schrumpften. Aus purer Verzweiflung fing ich erneut an zu heulen, so sehr ich auch versuchte es nicht zu tun. Mittlerweile war ich nur noch wenige Meter von unserem Gartenzaun entfernt und meine Sicht verschwamm. „Mist", entfuhr es mir, als unvorhersehbar ein weiterer schwarzer Mercedes aus einer Parklücke kam und sich direkt vor unser Tor stellte. Panisch sah ich nach hinten, nur um festzustellen, dass der andere Wagen ebenfalls gehalten hatte und nun die Beifahrertür aufgestoßen wurde. Heraus stieg ein Typ, der schon aus der Entfernung bedrohlich wirkte. Er war mindestens zwei Köpfe größer als ich und seine breiten Arme ließen mich darauf schließen, dass er mich bestimmt mit seiner bloßen Hand erwürgen könnte. Fluchtartig trat ich ein paar Schritte zurück und schrie erschrocken auf, als ich plötzlich gegen etwas hartes Prallte und zwei schwere Pranken auf meinen Schultern spürte. „Shhhh chica.", flüsterte mir eine Männerstimme ans Ohr. Sofort lief es mir ein eiskalter Schauer über den Rücken und auf meinem gesamten Körper bildete sich eine Gänsehaut. Angespannt blickte ich geradeaus auf den Typen, der nun direkt vor mir stand. Ehe ich irgendwie hätte reagieren können, wurde mir ein weißes, merkwürdig riechendes Tuch an die Nase gehalten und augenblicklich fühlten sich meine Muskeln wie Wackelpudding an. Schwungvoll wurde ich von ihm hochgehoben und über seine Schulter geworfen. Ich wollte strampeln, ihm auf den Rücken schlagen und seine Hände von mir los werden, doch so sehr mein Inneres auch danach schrie, ich schaffte es nicht mich zu wehren. Kraftlos baumelte ich dort und meine Augen wurden immer schwerer, bis sie schließlich zufielen. 

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*überarbeitet

Sánchez || Entführt oder gerettet?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt