Kapitel 5

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Ich stülpe mir schnell mein Kleid über, eile über den Gang in den Aufenthaltsraum und direkt auf die Bühne.

Die Zuschauer und Ex-Kandidaten sitzen wartend auf ihren Plätzen, während mir von Miss Lex ein Mikrofon am Ohr, reichend bis zum Mund, angebracht wird.

Eine Schülerin geleitet mich inmitten auf die große, freistehende Bühne, zu einer Art Pult.

Gegenüber mir nehme ich Liam wahr, welcher einen identischen Bühnenaufbau wie ich hat.

Eine Mutter des Elternbeirates hält eine lange und unerträgliche Rede. Sie dankt jedem Teilnehmer und jeder Hilfskraft, welche hinter den Wettbewerbsvorbereitungen standen.

Zum Schluss wünscht sie Liam und mir viel Glück und geht ab.

Während Miss Lex auf die Bühne tritt, denn sie wird uns die Fragen stellen, zwinkert mir Liam zu und schickt ein Lächeln hinterher, ich schätze er möchte mir viel Glück wünschen.

Ich antworte ihm ebenfalls mit einem Lächeln und schaue ihm dabei tief in die Augen, bis er plötzlich vom einen auf den anderen Moment seinen Gesichtsausdruck, in ein mit Angst erfülltes Gesicht, ändert. Wieso tut er das? Habe ich etwa etwas falsch gemacht? Aber das macht keinen Sinn, wieso sollte er sich vor mir fürchten?

Ich will mich umdrehen, da meine einzige Erklärung scheint, etwas nicht Erfreuliches hinter mir zu erblicken. Langsam wende ich meinen Kopf.

Zwei von oben bis unten schwarz gekleidete Männer, stehen mit verschränkten Armen und Sonnenbrillen an der weißen Wand, den Blick strikt auf Liam gerichtet.

Fragend wende ich mich wieder nach vorne, schaue gerade aus und werde keines Blickes mehr von dem Mann den ich liebe gewürdigt.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als Miss Lex anfängt zu reden und beginnt nacheinander die Fragen zu stellen.

Per Buzzer teilt man mit, ob man die Frage beantworten kann, der schnellere darf reden, ist die Antwort richtig, ein Punkt, doch ist sie falsch, bekommt man einen abgezogen.

Ich merke, dass es wesentlich anspruchsvollere Fragen als in den vorherigen Runden sind, Liam tut sich etwas leichter, da er ja einen Jahrgang über mir ist und somit einen großen Vorteil des Stoffes hat. Unser Wissen teilt sich, vieles weiß ich, vieles weiß er, doch ich merke, dass mir Liam immer mehr Fassetten von sich offenlegt, früher hätte ich ihn bei solch einem Wettstreit nie erwartet.

Das Finale neigt sich dem Ende zu, die letzte Frage ist gestellt worden, es steht Gleichstand, doch Liam hat gebuzzert.

Beantwortet er diese Frage richtig, ist er der verdiente Sieger, doch beantwortet er sie Falsch, gewinne ich.

Es ist eine Frage aus dem Fachgebiet der Geschichte, da sogar ich die Antwort weiß und im Gegensatz zu ihm schlecht in diesem Fach bin, muss er die Antwort kennen.

Ich merke, dass er nichts sagt.

Er hat nur noch wenige Sekunden, bis die Zeit abgelaufen ist.

In diesem Fall würde es als falsch gewertet werden.

Liams Blick ist wie zu Beginn mit Angst erfüllt, doch er wechselt seinen Winkel ständig zwischen mir und den Männern hinter mir.

„Liam! Ich brauche jetzt eine Antwort von dir, du hast noch fünf Sekunden!", weißt ihn Miss Lex auf seine Lage hin.

Ruckartig bleibt sein Blick, an mir vorbeigehend, stehen, er schaut den mysteriösen Männern direkt in die Augen und antwortet:

„Da Vinci."

Plötzlich erfüllt sich sein Gesicht mit einem breiten Lachen.

Ich verstehe nicht, wieso er das getan hat, das Attentat von Sarajevo beging niemand anderes als Gavrilo Princip.

Liam wusste mit Sicherheit die Antwort.

Miss Lex ist geschockt, doch stellt nach kurzer Starre mich als Siegerin fest.

Ich bin der Sieger.

Ich habe gewonnen, doch kann mich, trotz der Tatsache, von allen Seiten bejubelt zu werden, nicht freuen.

Wieso hat mich Liam gewinnen lassen und wieso hat er so eine Angst vor diesen Männern?

Wer ist das überhaupt? Hat er etwa Probleme?

Mir wird eine Urkunde und ein kleiner goldener Pokal in Form eines Fragezeichens überreicht.

Jegliche Mitglieder des Elternbeirats, des Schulvorstands und der Schülersprecher, reichen mir die Hand und gratulieren mir mehrmals.

Ein riesiger Aufwand, nur für einen unverdienten Sieg, das ist nicht richtig.

Als ich mich zu Liam wenden will, um zu fragen, wieso er mich gewinnen lassen hat, muss ich fest stellen, ihn nicht mehr auf der Bühne zu erblicken.

Ich durchleuchte den riesigen Raum, doch keine Spur, seiner schwarzen Locken und auch die zwei Furcht einflößenden Männer sind verschwunden.

Sobald sich der Raum beginnt zu leeren, da die Veranstaltung nun ein Ende genommen hat, packe ich meine Jacke von der Garderobe, eile auf den Gang, aus dem Schulhaus hinaus, in der Hoffnung Liam noch erblicken zu können, doch nichts.

Er ist weg.

Zu warten würde nichts bringen, denn zurück ist er noch nie gekommen, also beschließe ich mich auf den Weg nach Hause zu machen.


Shy Girl Hot LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt