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Die einzige Hoffnung

Valentina POV
Dass Bilbo und ich die ganze Nacht nicht da waren hat keiner bemerkt, was mich ein wenig traurig stimmt. Wir sind noch vor Sonnenaufgang, noch bevor die meisten aufgewacht sind, heimlich und leise davon geschlichen und haben Thal verlassen. Mit Hilfe des Seiles sind wir zurück in den Erebor gelangt, wo ich erstmal über alles nachdenken musste. Kurze Zeit später erwachte der Berg zum Leben und die tiefe Stimme Thorins hallte durch die großen Saale und Hallen und mein Magen hat sich bei seinem Klang zusammengezogen. Ich habe ihn den ganzen Morgen lang versucht zu meiden, habe überlegt was ich noch tun kann um ihm zu helfen, bis die Elben angerückt sind, und ich nun doch gezwungen bin, zu ihnen raus zu treten. Mir ist klar, dass dies meine letzte Chance ist ihn zu befreien. Ich trete also neben Thorin an die Mauer und werde von dem strahlenden Gold der Elbenrüstungen geblendet. Er wendet seinen Blick nicht ab, nicht um mich nach Stunden zum ersten mal wieder zu sehen, sondern beobachtet jede kleinste Bewegung, die Thranduil auf seinem Hirsch macht und Bard, der neben ihm her reitet. Ich sehe Noa, sie sitzt auf ihrem Pferd vor dem Heer in einer scheinenden Rüstung, silber und grau wie die von Thranduil, mit einem dünnen Umhang, der noch den hinteren Teil des Pferdes bedeckt. Man könnte meinen sie und Thranduil gehören zusammen, seien ein Paar - das Herrscherpaar des Grünwaldes und der Waldelben.

Noch bevor Thranduil und Bard zum Stehen kommen, zieht Thorin einen Bogen und schießt einen Pfeil vor deren Tieren Füße, bevor auch nur einer von uns ihn aufhalten kann. „Thorin...", hauche ich verzweifelt so leise, dass ich glaube es hat keiner gehört.
„Der nächste trifft euch zwischen die Augen!" droht er und spannt erneut. Als ich zu Valerie und Johanna schaue, sehe ich genau die selbe Verzweiflung in ihren Gesichtern, die ich selber fühle. In unseren Köpfen geht wohl das gleiche ab: Das hier läuft ganz und gar nicht nach Plan. Als Thranduil mit nur einem Kopfsenken seinem Heer signalisiert, dass sie mit ihren Bögen auf uns zielen sollen, trete ich von hinten an Thorin heran und lege ihm eine Hand auf die Schulter. „Thorin bitte, das ist Wahnsinn!" sage ich, versuche seine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, doch er schüttelt unseren Körperkontakt ab, als wäre meine Berührung heiß wie Feuer. „Sei leise, Weib!" Mit zusammengebissenen Zähnen, um meine aufsteigenden Tränen zu unterdrücken wie auch meine Wut und mein Verlangen ihn einfach von seinem scheiß Berg zu schubsen, gehe ich ein paar Schritte nach hinten und lege mir schließlich die Hand vor den Mund und weine. Valerie und Johanna sind sofort bei mir und versuchen mich zu trösten.
„Wir kommen um Euch zu sagen, dass die Begleichung Eurer Schuld angeboten und angenommen wurde!"
„Welche Begleichung? Ich habe Euch nichts gegeben. Ihr habt nichts!" Auch wenn ich es nicht sehen kann,  spüre ich, dass Bard den Arkenstein aus seinem Mantel holt. Die Reaktion der Zwerge ist der darauf folgende Beweis. „Wir haben das hier!" höre ich Bard sagen und ich weiß wie sehr es Thorin wurmt, dass er gerade erpresst wird. Er selber kennt die Situation bereits aus den Filmen, und eigentlich weiß er auch, wie es endet. Also warum handelt er immer noch so? Warum gibt er den Anteil nicht an Bard, so wie er es versprochen hatte. Warum benimmt er sich so, wenn er doch weiß was passiert?
„Das ist nur eine List" redet Thorin sich ein, „Es ist nur eine Täuschung!"
„Nein, das ist keine Täuschung", Bilbo tritt hervor und wenn ich nicht schon längst weinen würde, würde ich es spätestens jetzt. „Er ist echt. Ich habe ihn Ihnen gegeben"
Thorin dreht sich langsam zu Bilbo um und guckt ihn mit einem derart zornigen aber gleichzeitig enttäuschtem Blick an, weil er ihm vertraut hat. Und er versteht nicht, das Bilbo den Stein für ihn weggegeben hat, um ihn zu retten. „Ich habe ihn als meinen 14tel Teil genommen!"
„Du hast ihn mir gestohlen!"
„Dir gestohlen? Nein, mag sein, dass ich ein Dieb bin, aber doch ein ehrlicher, behaupte ich. Ich bin bereit dafür auf meine Ansprüche zu verzichten!"
„Auf deine Ansprüche?" Thorin lacht gehässig, „Deine Ansprüche. Du hast keine Ansprüche an mich du elender Wurm!"
„Ich wollte ihn dir schon geben, viele Male wollte ich es, aber-" „Aber was, du Dieb?"
„Du hast dich verändert, Thorin. Der Zwerg, den ich in Beutelsend kennenlernte, hätte sein Wort niemals gebrochen. Hätte nie an der Treue der seinen gezweifelt!" Und damit fasst Bilbo genau meine Gedanke in Worte zusammen und ich kann es nicht ertragen, dass er dort steht, schutzlos und ohne Unterstützung und Rückendeckung. „Du sprichst nicht zu mir von Treue!"
„Aber ich, Thorin" ich gehe zwischen ihn und Bilbo und schaue ihm direkt in die Augen. „Ich spreche zu dir über Treue, weil du es auch mit mir getan hast. Erinnerst du dich noch?", mir laufen die Tränen gnadenlos über die Wangen, „Du hast mir versprochen, dass dich der Reichtum nicht beeinflussen wird. Du hasst mir versprochen, dass du fair handeln wirst und ich habe es dir geglaubt, weil der Thorin in den ich mich verliebt habe gütig, liebevoll und und ein guter Anführer ist. Ich habe dir die Treue gehalten, bis zum letzten Moment, doch Thorin ich schwöre dir, wenn du dich nicht lösen kannst, hier und jetzt, dann möchte ich nicht länger mit dir zusammen sein. Wenn du dich jetzt für einen Krieg entscheidest, nur wegen eines Steines, wenn du ihn deiner Familie vor ziehst..." ich schlucke schwer, wische mir einmal mein Gesicht und lege meine Hand auf meinen Bauch. Das kleine Wesen in mir soll nicht ohne einen Vater aufwachsen und von der furchtbaren Geschichte dessen gezeichnet werden. Ich hebe meinen Kopf wieder und baue erneuten Blickkontakt mit ihm auf. Seine Miene hat sich kein Stück verändert. „Habt Ihr ihm von dem Kind erzählt?"
„Thorin, ich bin schwanger! Du zerstörst unsere Familie" damit ende ich, denn ich meine es ernst. Wenn er sich für einen Krieg entscheiden sollte, zerstört er alles, was wir aufs aufgebaut haben. Thorin steht zunächst regungslos da und schaut mich weiterhin an. Um uns herum ist es mucksmäuschenstill und es wirkt für mich schon fast, als wären wir in einer Bubble, die die anderen nicht durchdringen können. Doch in Wahrheit ist die Stimmung einfach nur so dolle angespannt, dass ich vermute, dass gerade keiner von uns auch nur einen Atemzug macht.
Langsam hebt er seine Arme und nimmt seine Krone ab. Er schaut sie für einen kurzen Augenblick an, als wäre er in einem Zwiespalt, doch schmeißt sie schließlich weg und tritt an die Mauer.
„Wir werden heute keinen Krieg führen!"
Sobald seine Worte bei mir angekommen sind fange ich bitterlich an zu weinen, vor Freude natürlich, und lasse mich an der Wand herunter sinken und lege meinen Kopf in die Hände. Neben meinen Schluchzern höre ich alle Jubeln, und ich komme mir so erbärmlich vor, dass ich hier sitze und weine, aber mir ist nun einmal so eine Last von den Schultern gefallen, dass ich meine Tränen nicht stoppen kann. Ich merke, wie ich in den Arm genommen werde und erkenne sofort an dem Geruch der Person um wen es sich handelt. Ich schlinge meine Arme um Thorin und drücke ihn so fest an mich wie ich kann.
„Weine nicht, mein Schatz. Ich bin bei dir!" seine Stimme klingt verändert, wieder so wie früher. Voller liebe und Hingabe. Ich nehme mein Gesicht aus seiner Halsbeuge und bringe unsere Stirnen aneinander.
„Ich habe dich vermisst!", sage ich an seine Lippen und er küsst mich kurz darauf.

„Hey Thorin, wo ist der Krieg zu dem du mich gerufen hast?"
Es ist Dain, Thorins Cousin und Herrscher der Eisenberge. Seine Armee ist groß und liebäugelt bereits damit die von Thranduil anzugreifen. Doch wenn Dain bereits hier ist, dann dauert es nicht mehr lange bis die Orks kommen. Ich schaue leicht panisch zu Johanna, die meinen Blick erwidert und mit größter Überzeugung gerade an das gleiche denkt wie ich.
„Thorin, die Orks sind bald hier. Wir sollten uns vorbereiten", schlage ich vor, als Kili zu uns tritt. „Onkel, die Orks!" Thorin nickt wissend und schüttelt ihn ab. Dann signalisiert er alle zu sich, wie bei einer Mannschaftsbesprechung und erhebt das Wort. „Jeder einzelne anwesende: wir kämpfen zusammen mit den Elben und den Menschen der Seestadt: Wir sind es ihnen schuldig!" Sofort brechen die Zwerge in lautes Getose aus und wir rennen runter um den Anderen auf dem Schlachtfeld beizustehen.

„Guten Morgen allerseits. Ich hätte einen kleinen Vorschlag zu machen, wenn ihr mir einen Augenblick eurer Zeit schenken würdet!" Dain, für mich eine leicht witzige Figur, sitzt arrogant und selbstsicher auf seinem Schwein und redet zu den Elben und Menschen. „Wärt ihr so freundlich UND VERSCHWINDET VON HIER! IHR ALLE, UND ZWAR SOFORT!" Während die Menschen der Seestadt eingeschüchtert zurückweichen, versucht Gandalf den Zwergen Fürsten zu beruhigen. „Oh aber nicht doch, Fürst Dain", sagt er und geht weiterhin auf ihn zu.
„Gandalf der Graue! Sagt diesem Gesindel es soll verschwinden, sonst ertränke ich den Boden mit ihrem Blut!" entgegnet Dain und wird zum Ende hin immer lauter, was ihn nicht gerade sympathischer macht. Wer ihn auch sichtlich nicht sehr gerade nett findet ist Thranduil, man kann es seinem Gesichtsausdruck ansehen. Seine Haltung ist selbstbewusst und sicher und seine Gesichtszüge tragen ein eher spöttischen Hang, ein minimales Grinsen ist zu erkennen.
„Ein Krieg zwischen Zwergen, Elben und Menschen ist unnötig! Ein Heer von Orks marschiert auf den Berg zu. Haltet eure Streitmacht zurück!" versucht Gandalf dem rothaarigen Eisenzwerg zu erklären, der diese Aussage jedoch an sich abprallen lässt und Thranduil und sein Heer immer noch als einzigen Gegner sieht: „Vor Elben halte ich überhaupt nichts zurück. Und schon gar nicht vor diesem ehrlosen Waldland Kobold" wütend zeigt er in Richtung des Elbenkönigs, „Er wünscht sich nur das schlechteste für mein Volk", und damit hat Dain wahrscheinlich noch nicht mal Unrecht. „Und sollte er sich zwischen mich und meine Sippe stellen, dann SPALTE ICH IHM SEINEN HÜBSCHEN SCHÄDEL. Mal sehen ob er dann immer noch so fein lächelt"
Thranduil lässt sich nichts anmerken, und ich frage mich, ob die Drohung ihn überhaupt bewegt hat. Seine Antwort ist lediglich ein leichtes Handzeichen zu seiner Armee, die sich gleich darauf in Kampfformation gegen die Eisenzwerge stellen. Diese haben jedoch keine Zeit zum Handeln, denn der Boden vibriert unter unseren Füßen und ich schaue wissend was gleich passieren wir zu den Bergen.
„Wehrwürmer"

Von Mittelerde nach DeutschlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt