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„Ich habe mir Sorgen gemacht"

Eloise POV
Zoe hat mir zwar angeboten bei ihr zu übernachten, aber ich habe mich dazu entschieden trotzdem nach Hause zu gehen. Die anderen wissen nicht wo ich bin, denn ich bin im Eifer des Gefechts ohne alles aus dem Haus gestürmt. Ich verlasse also bald ihre Wohnung, schlendere durch die Straßen und sehe auf meine Uhr. Es ist gerade mal halb elf. Hätten wir jetzt Winter, wäre ich nicht einfach so ohne weiteres alleine auf die Straßen gegangen. Aber da es Hochsommer ist, ist es für diese Uhrzeit noch relativ hell und die Straßenlaternen steuern nur einen kleinen Teil zu der Helligkeit bei. Langsam schlendere ich auf den Spielplatz, den ich noch aus meiner Kindheit kenne, und steuere auf die Schaukeln zu. Ich stoße mich mit den Füßen vom Boden ab und genieße das Gefühl der Schwerelosigkeit, wenn die Schaukel ihren höchsten Punkt erreicht. Diesen Moment, wenn man sich fühlt als würde man fliegen.
Doch das lässt mich nicht lange abgelenkt und ich werde wieder mit meinen Gedanken konfrontiert. Es wird immer dunkler und mir wird ein wenig kalt, als ich beschließe nach Hause zu gehen. Ich habe fast eine Stunde auf der Schaukel gesessen und darüber nachgedacht, was ich zu Legolas sagen könnte, wenn ich ihn das nächste mal sehe. Ignoriere ich ihn einfach oder konfrontiere ich ihn? Frage ich ihn, ob das für ihn nichts bedeutet hat und sage ihm wie ich für ihn fühle? Ich lache auf: wohl eher nicht!
Ich finde unseren Ersatzschlüssel in dem Blumentopf neben der Treppe und versuche möglichst leise die Haustür aufzuschließen. Die Lichter sind alle aus, kein Mucks ist zu hören. Ich lege den Schlüssel ab und schleiche nach oben. Vor meiner Zimmertür bleibe ich jedoch stehen. Legolas wird ganz sicher dort drin schlafen, ich sollte mich einfach auf die Couch legen. Ich möchte nicht wirken, als wenn ich angekrochen kommen würde und ich möchte ihm eigentlich auch nicht begegnen, dazu ist mir die ganze Sache noch zu peinlich. Als ich mich gerade umdrehen wollte, um wieder nach unten zu gehen, öffnet sich meine Zimmertür und Legolas steht vor mir. Mein Herz rutscht mir in die Hose, als er mich einfach nur mustert und das Brennen in meinen Augen, das durch das Weinen kommt, fühlt sich unter seinem Blick noch intensiver an. Ich möchte mich wegdrehen, ihn einfach stehen lassen, doch er packt mich am Arm, bevor ich mich bewegen kann. Es ist als hätte er gefühlt, dass ich mich bewegen wollte.
„Lass mich bitte!", sage ich leise aber ernst. Legolas zieht mich in mein Zimmer und schließt die Tür.
„Wo warst du?". Seine Stimme ist kalt und seine Augen fixieren mich, als hätte er Angst, dass ich wieder weglaufe.
„Das geht dich nichts an!". Obwohl ich abermals versuche meine Gefühle und Tränen zu unterdrücken, klingt meine Stimme erstaunlich hart. Ich versuche seinem Blick auszuweichen.
„Ich weiß ja nicht, wie das hier in deiner Welt ist, aber in meiner ist es ziemlich gefährlich als Frau alleine nachts und dazu noch unbewaffnet raus zu gehen!". Würden die Anderen nicht schlafen, hätte er vermutlich geschrien. Sein Griff um mein Handgelenk wird fester und für einen Augenblick erinnert er mich an Thranduil. Legolas atmet laut aus und lässt mein Gelenkt los, nachdem er gesehen hat, dass ich fast schon ängstlich auf seine Hand geguckt habe. Dann sieht er mich wieder an, sein Gesichtsausdruck nicht mehr wütend und ernst, und setzt zu einem Satz an.
„Ich habe mir Sorgen gemacht", gibt er zu.
„Mir geht es gut", sage ich knapp.

„Warum?"
„Warum ich mir Sorgen gemacht habe?" hakt er nach und klingt fast schon als müsste er lachen. „Weil du mir vielleicht wichtig bist?". Seine Antwort ist keine Frage, eher eine Feststellung, die, nach ihm, für mich selbstverständlich sein sollte, seinem Ton nach zu urteilen.
„Spielst du deswegen mit meinen Gefühlen?". Bevor ich mich selber stoppen kann ist die Frage schon von der Zunge. Ich verschränke meine Arme vor der Brust und ziehe meine Augenbrauen in die Höhe. Dass ich mich gerade selber verraten habe, ist mir klar, aber das habe ich eigentlich schon getan, als ich aus dem Haus gerannt bin.
„Eloise, es tut mir leid!"
„Und mir tut es leid, dass ich mich in dich verliebt habe, Legolas!". Ich hätte gerne geschrien. Ich hätte ihm meine Gefühle gerne um die Ohren gehauen und ihn am liebsten geschlagen, weil der sonst so schlaue Elb gerade ziemlich dumm ist. „Und das ist das Problem, falls das noch nicht an deinem kleinen Elben Hirn angelangt ist: Ich habe mich verliebt in dich", ich zeige auf ihn, „und du küsst mich, spielst mit mir, und sagst, dass es eine Pflichtaufgabe war. Du hast mich verletzt, Legolas!" Ich greife nach der Türklinke und möchte gehen.
„Warte!" er greift wieder nach mir, zieht mich näher an sich und nimmt mein Gesicht in beide Hände. „Ich wollte deine Gefühle nicht verletzten, glaub mir. Ich wollte auch nie so mit dir umgehen. Ich habe diese Aufgabe zuerst einfach als Chance für mich gesehen, an dich ran zu kommen, weil ich schon so lange das Bedürfnis hatte dich zu küssen. Du löst nämlich irgendetwas in mir aus und ich weiß nicht was es ist, aber ich weiß, dass ich es mag. Ich mag es wenn du bei mir bist und ich liebe es wenn du mich auf diese eine Art und Weise anlächelst. Dann fängt mein Körper an zu kribbeln und ich kann an nichts anderes mehr denken, als an dich. Sobald ich meine Lippen auf deine gelegt habe, habe ich alles bereut, weil ich wusste ich kann mich nicht lösen. Weil unser erster Kuss nicht eine Pflichtaufgabe sein sollte und weil ich im selben Moment realisiert habe, dass du das bist, was ich mein Leben lang gesucht habe. Liebe."

Ich stehe ungläubig in meinem Zimmer, Legolas Hände an meinen Wangen. In meinem Kopf weht ein Wirbelsturm und ich kann nicht mehr klar denken.
„Und das ist die Wahrheit, und nichts anderes!", fügt er hinzu und versucht meinen Blick einzufangen. Unsere Blicke treffen sich. Wir dachten beide, der jeweils andere würde auf den Boden gucken. Dabei haben wir beide in den Himmel geschaut und haben es nicht gemerkt.
„Was?", hauche ich und meine Augen weiten sich.
„Ich liebe dich!"
Meine Mundwinkel wandern nach oben und mir steigt die Röte ins Gesicht.
„Da ist es, das Lächeln!", stellt Legolas fest und muss selber lächeln. Wenn ich könnte würde ich diesen Moment gerne in einem Einmachglas einfangen.
„Ich finde, dass wir noch einen ersten Kuss verdienen!", sage ich, halte mich an den Seiten seines Shirts fest und ziehe mich näher zu ihm ran. Er senkt seinen Kopf, unsere Nasen berühren sich schon, aber unsere Lippen noch nicht. Ich merke wie sich diese gewisse Spannung wieder zwischen uns aufbaut und ich an nichts anderes denken kann, als sein Mund auf meinem.
„Jetzt küss mich schon, du Idiot!", hauche ich an seine Lippen.
„Es soll besonders werden", flüstert er zurück, lächelt und zieht die Brauen hoch. Doch ich kann nicht länger warten und stelle mich auf die Zehenspitzen und überbrücke somit den kleinen Abstand zwischen uns.
Es ist, als wären unsere Lippen für einander gemacht. In mir explodiert ein Feuerwerkskörper nach dem anderen und ich muss mich zurückhalten, um nicht in den Kuss hinein zu seufzen. Die Gefühle sind echt, die Spannung ist echt, die ich die letzten Tage zwischen uns gespürt habe. Und dann kommt noch ein anderes Gefühl in mir auf. Verlangen.
Ich fühle, wie Legolas in die Knie geht und kurz darauf meine Schenkel anhebt. Ich springe also ab, wissend was er sich dabei gedacht hat, und schlinge meine Beine um seine Hüfte. Er geht einen, vielleicht sind es auch zwei, Schritte nach vorne und ich spüre die Wand in meinem Rücken. Ich fahre durch seine Haare, meine andere Hand um seinen Nacken, und versuche ihm alle Liebe die ich für ihn fühle durch den Kuss zu übermitteln. Der Kuss ist schon lange nicht mehr nur romantisch und gefühlvoll. Leidenschaftlich ist er gewiss noch, doch leitet uns eine andere Emotion.
Und diese bringt Legolas dazu unter mein Oberteil zu fahren, meinen Rücken kurz zu streicheln und den Saum dann immer weiter nach oben zu schieben. Ich löse mich von seinen Lippen, er zieht mir das Shirt über den Kopf, während ich meinen Körper wieder mit ausreichend Sauerstoff versorge und im nächsten Moment kleben wir wieder aneinander.
Noch nie hatte ich so ein heftiges Kribbeln im Bauch.

Von Mittelerde nach DeutschlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt