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Ertappt

Eloise POV
„Wieso bist du hier gelandet und nicht bei uns im Wald?", frage ich Noa, als wie beide mit Anziehsachen für unsere Mädchen durch das Schloss gehen. Noa schnauft einmal belustigt auf und ich sehe wie sich ihre Wangen röten.
„WirhabenHändchengehalten", rasselt sie so schnell runter, dass ich kein Wort verstanden habe.
„Wie bitte?"
„Wir haben Händchen gehalten", wiederholt sie, diesmal aber langsamer. Ich reiße die Augen und den Mund auf, „Ach so ist das!", lache ich und stupse sie mit meiner Schulter an. Noa grinst beschämt, während ich ungläubig den Kopf schüttele.
„Sag es aber nicht den anderen. Ich will es erstmal für mich behalten", meint sie, als wir an den Verließen angekommen sind und ich Ausschau halte, ob wir ungestört unsere Freunde begrüßen können. Ich glaube nämlich, dass Edeldamen, die mit den Gefangenen sympathisieren, nicht gerade vertrauenswürdig erscheinen und wir wollen ja so wenig Aufmerksamkeit auf uns ziehen wie möglich. Ich antworte Noa mit einem Nicken und halte sie davon ab aus unserer Deckung zu gehen, als ich eine Wache entdecke.
„Warte kurz!", warne ich und beobachte, wie der Elb seinen Weg fortsetzt und hinter der nächsten Wand verschwindet. Mit einem Handzeichen signalisiere ich ihr, dass die Luft rein ist und wir suchen die Zellen auf.
„Hey ihr!", begrüße ich die Zwergenbrüder und Johanna, während Noa bei Valentina, Valerie und Thorin steht.
„Bringt ihr Essen?", Fili steht am Tor und hält die streben in seinen Händen. Ich verziehe entschuldigend das Gesicht, „Leider nicht, sorry!" Stattdessen gebe ich Johanna das kleine Bündel aus Klamotten, die Noa und ich zusammen ausgesucht haben. „Hier, das sind andere Anziehsachen. Wir haben versucht sie so wenig elbisch aussehen zu lassen wie möglich", erzähle ich und setzte mich vor die Tür auf die Stufen. „Es war gar nicht so leicht etwas in einer so kleinen Größe zu finden", gebe ich zu und muss schmunzelt, als Johanna mich unter tiefen Augenbrauen her anguckt.
„Gehts euch gut?", frage ich irgendwann, als sich Johanna in den Hintergrund der Zelle zurückgezogen hat um sich umzuziehen und Kili und Fili sich an die Tür auf den Boden gesetzt haben. „Ein bisschen hungrig, aber sonst gehts uns gut!", meint Kili während Fili nur zustimmend nickt. „Ihr kriegt übrigens den extra Service. Mehr Essen für besondere Gefangene!" Kilis Brauen wandern nach oben und Fili hebt seinen Kopf wieder. „Echt? Ich hatte schon Angst, dass es hier nur Blätter und eine Scheibe Lembas gibt, wenn wir Glück haben!", teilt sich Fili mit und ich muss leicht lachen. „Ich würde gerne mal Lembas probieren!", meldet sich Johanna aus der Tiefe. „Da bist du auch die Einzige, Johanna!", entgegnet Kili, ohne ihre Privatsphäre zu stören und sich umzudrehen.
„Na gut, ich will dann mal. Wir dürfen uns hier nicht so lange aufhalten sonst..." Ich werde jedoch in meinem Satz unterbrochen.
„Hey!" eine tiefe Stimme ringt durch die Halle. Ich drehe mich erschrocken um und sehe die Wache, die ich gerade noch weggehen gesehen habe. Rasch stehe ich auf und schon steht Noa neben mir.
„Was macht ihr da?" fragt der unbekannt Elb uns, als er auf uns zutritt.
„Wir... Wir haben uns verirrt. Wir wollten eigentlich in den Schlossgarten", lüge ich und hake mich bei Noa unter. „Ja genau, da wollten wir hin. Aber anscheinend sind wir falsch abgebogen" redet jetzt Noa und verzieht leidend ihr Gesicht.
„Und warum habt ihr mit den Gefangenen geredet? Das ist strengstens verboten!"
„Es tut uns leid. Wir wussten einfach nicht mehr weiter und da haben wir sie nach dem Weg gefragt!", antworte ich und stelle mich dumm, „Könnt Ihr uns nicht den Weg zum Garten zeigen?"
Während sich seine Gesichtszüge glätten, höre ich, wie Johanna in ihrer Zelle über unser blödes Getue lacht.
„Es ist so gruselig hier!", drängt Noa und tritt näher an die unwissende Wache heran, um ihn weiter zu beduseln. Dieser erklärt sich nach kurzem Überreden bereit, er darf seinen Posten eigentlich nicht verlassen aber für uns „außerordentlich nette Ladies" würde er es ausnahmsweise tun, denn er könne uns ja nicht so orientierungslos umherlaufen lassen, uns den weg zu zeigen. „Nicht, dass Ihr noch wegen uns Ärger kriegt" hat Noa noch geschleimt und sich daraufhin bei ihm untergehakt, was dieser nur zu gerne zuließ. Ich gehe währenddessen auf seiner anderen Seite als er uns durch die Gänge und über die Brücken führt. Schlussendlich bleibt der braunhaarige Elb vor einem großen Tor stehen, hakt sich bei Noa aus und öffnet elegant beide Türen. Als Noa und ich heraus ins Freie getreten sind, verabschiedet er sich mit einer minimalen Verbeugung. Ich atme lautstark aus, als er außer Hörweite ist und auch meine beste Freundin scheint erleichtert ihn los zu sein.
„Jesus Christus!"
„Das war ja mal knapp!" sagen wir gleichzeitig.
Der erste Schritt unseres Planes wäre nun geschafft. Die Zwerge sind im Verließ und warten auf ihre Befreiung durch Bilbo. Für uns heißt das also, darauf warten, dass sie entwischen. Auch wenn Thranduil sie nun eigentlich nicht mehr gefangen hält, müssen wir der originalen Handlung folgen, weil Thorins Gemeinschaft sonst nicht in ihrer Not auf Bard treffen würde, und dieser ist ein wichtiger Teil der Geschichte.
Noa und ich schlendern also durch den bepflanzten Garten und ich frage mich, wie dieser Teil des Waldes so wunderschön sein kann, wenn der rest doch so trübselig aussieht. Noa denkt sich anscheinend das gleiche, als sie sich zu einer Blume herunter bückt und die Blüten nach ihrer Echtheit prüft. „Die können doch niemals echt sein", murmelt sie ungläubig.
„Wie kann es sein, dass ein einst so schönes Fleckchen Erde, sich so verändern kann?", frage ich eher rhetorisch, weil ich weiß, dass Noa mir keine klare Antwort auf die Frage geben kann. Ich denke sogar, dass es noch nicht einmal Thranduil könnte.
„Mangelnde Nächsten- und Selbstliebe? Trauer? Zorn?", antwortet Noa in Gedanken versunken, schüttelt den Gedanken aber mit einem Schulterzucken ab.

Später am Tag, ich versuche mir einen Überblick über den Palast zu machen, entdecke ich zufällig Legolas aus einem Fenster. Er ist in einem Trainingsplatz-artigen Garten und hält seinen Bogen in der Hand, die Pfeile auf seinem Rücken. Etwas weiter kann ich einen Stall ausmachen. Mit einem Lächeln auf den Lippen versuche ich einen Weg nach draußen zu finden und setze mich schließlich auf eine kleine Bank etwas abseits von Legolas, um ihn nicht zu stören und beobachte ihn. Jeder seiner Pfeile trifft sein Ziel, einer nach dem anderen. Er selber bewegt sich so grazil und leichtfüßig und schnell, dass in mir mal wieder die Frage aufkommt, ob für ihn manche physikalischen Gesetze einfach nicht gelten. Aber vielleicht ist es auch nur die angeborene Kraft der Elben, die ihn so aussehen lassen, als wäre er leicht wie eine Feder und beweglich wie Wasser. Wieder spaltet ein Pfeil den vorherigen. Wenn es wirklich das Anhängsel der Elben ist, dann müsste ich ja auch so wirken. Bei dem Gedanken muss ich auflachen- bestimmt nicht. Denn dazu kommen noch Jahrhunderte, die Legolas schon länger lebt als ich und in denen er Erfahrung sammeln und ich sich steht's verbessern und trainieren konnte. Ich hingegen lebe gerade mal 25 Jahre und davon einen halben Tag als Elb.
Legolas entdeckt mich, als er seine noch heile gebliebenen Pfeile einsammelt. Sein plötzliches Lächeln kann ich von meinem Platz aus erkennen und ich nehme es als Anlass zu ihm rüber zu gehen.
„Hi", sage ich kleinlaut als er mich an der Taille zu sich ran zieht, seinen Bogen immer noch in der anderen Hand. Wir küssen uns im Schein der wenigen Sonnenstrahlen, die ihren Weg durch die Baumkronen hindurch gefunden haben. „Seit wann bist du hier?", fragt Legolas als wir uns lösen und ich zufrieden meine Lippen aneinander reibe. Ich rümpfe die Nase, „noch nicht so lange".
„Was hast du gemacht?"
„Über das Leben der Elben philosophiert", erzähle ich, „und dich beobachtet!". Legolas lacht auf und drückt mir einen Kuss auf die Wange.
„Und ich muss zugeben, mein Prinz, Sie schlagen sich außerordentlich gut. Ich bin sehr beeindruckt von ihrem Können im Bogenschießen!"
Legolas verbeugt sich leicht vor mir, „Sie schmeicheln mir, verehrte Lady. Wollen Sie sich mal probieren?" er hält mir seinen Bogen entgegen. Ich Knickse bevor ich den Bogen entgegennehme und Legolas mir einen Pfeil übergibt.
„Darf ich Ihnen dabei behilflich sein?"
„Vielen Dank, doch habe ich bereits ein wenig Erfahrung im Bogenschießen", erzähle ich, was er jedoch auch weiß, denn er hat es mir vor ein paar Tagen selber beigebracht.
„Was sagten Sie? Sie haben noch nie einen Bogen gehalten?", sagt er charmant und ich muss daraufhin lachen. Nichtsdestotrotz stellt er sich hinter mich und leitet meine Hände und Arme an. Ich kann seinen Atem in meiner Halsbeuge spüren während seine Hände halb auf meinen liegen und wir als eins zusammenschmelzen.
Als die Spannung zwischen uns zu doll wird, sodass ich mich am liebsten sofort in ihm verloren hätte, lasse ich den Pfeil los und er bleibt wenige Meter vor uns in der Mitte der Zielscheibe stecken. Freudig springe ich herum und zeige aufgeregt auf die Scheibe.
„Das war mein bester Schuss bisher!", meine ich und umarme Legolas vor Freude.
„Lass es mich jetzt alleine versuchen, ich habe ein gutes Gefühl!"
Legolas tritt ein paar Schritte zurück und schaut mich jedoch immer noch an. „Probier gleich eine ganze Reihe", schlägt er vor und reicht mir seinen Köcher, in dem genau noch drei Pfeile sind. Ich nicke mit dem Kopf und lege ihn mir um. Dann greife ich den ersten Pfeil, spanne ihn ein, ziele -ich atme ein- und schieße. So schnell ich kann spanne ich den Zweiten und schieße ab. Den Dritten spanne ich ein, während ich leichtfüßig eine 380 Grad Drehungen mache und lasse ihn im richtigen Moment wieder los. Als ich den Bogen senke und meine Augen auf die Zielscheibe fokussiere, stecken alle drei Pfeile nicht weit voneinander im Schwarzen. Ich reiße geschockt von mir selbst den Mund auf und drehe mich zu Legolas, der much nur beeindruckt anguckt.
„Ich dachte Sie haben noch nie einen Bogen gehalten, m'Lady?!"

Von Mittelerde nach DeutschlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt