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Das Ende

Noa POV
Es sind zu viele. Es sind einfach zu viele Orks. Denke ich, als ich mit ausgestrecktem Schwert mein Pferd nach Thal reite und dabei so viele Gegner töte, wie es mir gelingt. Azogs Heer ist groß und vielschichtig. Von kleinen Kämpfern bis hin zu großen Trollen, die alleine durch ihre Schritte einen nach dem anderen zu nieder bringen können, hat er alles für sich und es sieht nicht gut für uns aus. Mein Herz schmerzt bei dem Anblick der vielen regungslosen Elben, denn diese stechen durch ihre goldene Rüstung besonders zwischen den Toten hervor. Ich bin ehrlich davon ausgegangen, dass eine Gemeinschaft aus jeweils einem Zwergen-, Menschen- und Elbenheer den Orks Widerstand bieten kann, doch langsam bringt mich unsere Lage zum verzweifeln.
Die Menschen der Seestadt suchen natürlich in den alten Ruinen ihren Schutz und das weiß Azog nur zu sehr. Sie brauchen Hilfe und jemand der für sie kämpft, denn schließlich sind es alles nur Überlebende eines Brandes und keine ausgebildeten Soldaten. Also habe ich eine Gruppe von Waldelben um mich geschart und reite mit ihnen den Menschen zur Hilfe.
Kurz vor dem Tor der Stadt wird mein Pferd von einem Pfeil getroffen und sackt zu Boden. Ich kann mich gefolgt durch einen Schrei des Schocks zum Glück noch einigermaßen abrollen, schaue ein letztes Mal zu meinem treuen Pferd, das mir in den letzten Tagen wirklich ans Herz gewachsen ist und betrauere seinen Tot. Doch lange lassen sich die Orks nicht auf sich warten und es kommen neue Scharen, die uns angreifen, während ich versuche tiefer in die Stadt zu gelangen.

„Noa!", Thranduils Stimme lässt mich hochschrecken und ich sehe ihn auf dem Hirsch anreiten. Er beugt sich zur Seite streckt seinen Arm aus, den ich ergreife, und zieht mich in einem Schwung hinter sich auf das große Tier. Ich halte mich an ihm fest, während er mit der einen Hand die Zügel festhält und mit der anderen sein Schwert unwillkürlich in die Menge hält und die Orks ungewollt in die Klinge reinlaufen.
„Es sind viel mehr, als ich gedacht habe!" gebe ich zu, verstärke meinen Griff um seinen Oberkörper, als er die Gassen Tals als seinen Weg wählt, in der Hoffnung die Orks abzuhängen. Thranduils Idee scheint tatsächlich zu klappen und für einen kurzen Moment sind wir alleine. Doch als wir durch den Torbogen ins Stadtinnere gelangen, erwarten uns schon eine Gruppe Kreaturen mit langen Schwertern und dunklen Bögen. Sie schießen auf den Hirsch, nicht auf uns, denn wenn sie das große Tier zu Fall bringen, tuen sie es gleichzeitig mit uns. Nicht gerade elegant aber doch recht geschickt komme ich zum Stehen, Thranduil vor mir, und sofort ziehe ich mein Schwert, werfe mit der anderen Hand meine Dolche auf meine Gegner und kämpfe Seite an Seite mit dem Waldkönig, oder wie Dain sagen würde: Waldland Kobold.

„Wofür sind die beschissenen Umhänge gedacht?", schreie ich irgendwann mitten im Kampf, Thranduil und ich haben uns immer noch nicht weiterbewegt, denn immer mehr Orks sind gekommen, als ich schon das zweite mal an dem langen Stück Stoff hängen bleibe, dass an meinen Schultern fest ist. Ich schlage frustriert ein weiteres Mal den Stoff von mir, der sich zum wiederholten Mal um mich gewickelt hat aus dem Schwung meiner Bewegung heraus.
Ich höre Thranduil nur auflachen, und ich erfreue mich für einen kurzen Moment an seinem Lachen zwischen den ganzen verzweifelten schreien, bevor er es in ein wütendes knurren wandelt und dabei mit einem X seiner Schwerter einen Ork köpft. Er und ich sind sichtlich weit und breit die einzigen, die kämpfen. Die Menschen sind geflohen und verstecken sich in den Häusern. Kein einziger Zwerg ist in Thal zu sehen und das Elbenheer auch nicht, sie müssen an einer anderen Stelle sein.
„Wir müssen hier weg!" Thranduil spricht angestrengt. „Wie willst du das anstellen?", frage ich, denn von allen Seiten kommen die Orks herbei.
„Wenn wir nicht gehen, sind wir dem Tode geweiht", antwortet er auch wenn das keine passende Antwort auf meine Frage ist. Ich sammele also all meine Kraft und meinen Mut zusammen und stecke alle Energie die ich besitze in den Kampf, denn eines ist klar: ich will noch nicht sterben. Wir schaffen es tatsächlich aus unserer zwielichtigen  Lage heraus und ich weiß immer noch nicht wie, doch Thranduil und ich gelangen schließlich zum Marktplatz. Mir stockt der Atem, als ich die große Menge an toten Elben sehe und ich merke erst einige Sekunden danach, dass Thranduil stehen geblieben ist. Ich drehe mich zu ihm um und kann den Verlust in seinem Gesicht sehen, in seiner ganzen Körperhaltung. In diesem Moment sieht er so verletzlich aus und zeigt einen Funken von Mitleid und Trauer für die Seine, die unter seinen Anordnungen und für ihn ihr Leben lassen mussten. Bei den Tönen von Hufgetrampel blickt er auf, seine Gesichtszüge ändern sich prompt und hellen sich auf, als er seinen Sohn unverletzt und lebend erblickt. Die Mauer in ihm stürzt ein paar Meter ein, ich spüre es.

Von Mittelerde nach DeutschlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt