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Nüchtern und echt

Eloise POV
Mit einer Mischung aus Enttäuschung und Wut laufe ich die Treppe hinunter, stolpere auf den letzten beiden Stufen, weil ich durch die Tränen in meinen Augen nicht richtig sehen kann und stürze hastig aus der Haustür. Ich muss hier weg.

Ich kann ihm nicht gegenüber stehen. Ich würde am liebsten im Erdboden versinken.

Ich laufe ein paar Meter und kann meine Schluchzer nicht mehr zurückhalten. Wie kann man sowas machen? Wie kann man so mit den Gefühlen eines Menschen spielen?
Es hat sich so gut angefühlt Legolas zu küssen und mir wurde klar, dass ich vielleicht doch etwas mehr für ihn empfinde, als ich eigentlich dachte. Und dann küsst er mich, fässt mich an, ich verfalle ihm nur noch mehr und er sagt mir, dass es eine Pflichtaufgabe war. Wäre das ganze unter dem Einfluss von Alkohol passiert, hätte ich mich wahrscheinlich fangen können, hätte es vielleicht sogar selber lustig gefunden, aber das war nicht der Fall. Wir waren zu hundert Prozent nüchtern und meine Gefühle waren zu hundert Prozent echt.

Ich stehe einen Moment nur da und versuche meinen Atem wieder in den Griff zu kriegen und überlege was ich jetzt mache. Ich kann nicht zurück nach Hause. Zumindest noch nicht.
Nach kurzem überlegen entscheide ich mich zu meiner Schwester zu gehen. Sie wohnt nur ein paar Blocks weiter, da komme ich ohne weiteres zu Fuß hin.
Ich drücke auf die Klingel und wische mir schnell die Tränen mit meinem Handrücken weg.
„Hey, El!", sie strahlt mich an und nimmt mich gleich in den Arm, als sie mich sieht.
„Hallo", sage ich und versuche einigermaßen normal zu klingen, was aber nicht so klappt wie ich es mir vorgestellt habe.
„Komm rein, wieso bist du hier?", fragt sie, als ich schnaube und überlege was ich sagen soll. Ich schaue verlegen auf meine Füße und verschränke die Arme. Dann kann ich den Damm aber nicht länger aufrecht halten und lass meine Tränen laufen. Ich weiß nicht wieso, aber ich kann meiner Familie gegenüber nur ganz schlecht meine Gefühle verbergen. Das war schon immer so. Zoe nimmt mich sofort in den Arm, streicht mir über den Rücken und führt mich dann ins Wohnzimmer. Sie reicht mir ein Taschentuch und geht dann in die Küche, um uns einen Tee aufzusetzen.
Nachdem ich an meinem Tee genippt habe, fange ich an ihr mein Problem zu schildern. Ich erzähle ihr die ganze Story. Wie wir die Mittelerdler getroffen haben -sie wollte mir nicht ganz glauben, bis ich ihr das Foto von Legolas im Café gezeigt habe-, wie Legolas und ich diese kleinen Momente zwischen uns hatten, und schließlich, wie er mich geküsst hat.
„Es ist aber nicht nur diese Enttäuschung, dass er meine Gefühle nicht erwidert oder, dass er mit mir gespielt hat", ich schniefe, „sondern auch, dass ich so etwas nie von ihm erwartet habe und, dass es mir peinlich ist. Für ihn war es eine Aufgabe, aber für mich war es echt und das weiß er jetzt!", erkläre ich und stütze meinen Kopf auf meine Hände. „Und dann bin ich rausgerannt."

Noa POV
Sobald Valerie mir mein Handy wiedergegeben hat, ertönt Legolas Stimme aus dem Flur. Ich kneife meine Augen zusammen. Noa, du bist so dumm.
„Eloise, warte... bitte!". Legolas stimme ist voller Reue. Dann hört man die Haustür zuknallen. Scheiße, ich habe es vermasselt. Ich bin schuld, ich habe ihm die Aufgabe gestellt. Warum denke ich nicht früher nach, ich könnte mich selber gegen die Wand klatschen. „Scheiße", hauche ich leise und mein Blick trifft den von Johanna. Ihr Gesichtsausdruck ist besorgt und sie schüttelt sachte ihren Kopf.
„Was ist denn los?"
„Kili, du weißt auch nicht wann man seine Klappe zu halten hat!", zische ich den Zwerg an und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Kurz darauf kommt Legolas in den Raum, bleibt aber im Türrahmen stehen.
„Warum ist sie so-", er unterbricht sich selber, „sie war... und dann" Er findet die richtigen Worte nicht. Er lehnt sich seitlich an den Rahmen fährt sich durch seine Haare. Dann lässt er seinen Kopf in den Nacken fallen und atmet laut aus. Johanna und ich stehen gleichzeitig auf, gehen zu ihm rüber und ziehen ihn aus den Raum.
„Hast du ihr gesagt, dass das alles nur eine Aufgabe war?", frage ich leise. Er nickt nur und zieht die Brauen zusammen. Dass er alles bereut, kann man förmlich sehen. Aber genau das macht ihn menschlich, oder eben elbisch.
„Legolas, du kuckst auf den Boden", meine ich, „und Eloise auch!"

Von Mittelerde nach DeutschlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt