ZWEIUNDDREIßIG

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"Guten Morgen Gabriel Cavanaugh.", sagt sie und lehnt sich nach hinten, bevor sie das Dokument in ihre Hände nimmt. Wieso muss sie immer meinen kompletten Namen sagen?

Sie schaut sich das Dokument für genau fünf Sekunden an und legt es dann nickend auf einer ihrer Ablagen. Ist das ein gutes Zeichen? Paulas Blick trifft wieder meinen und sie nickt mir leicht lächelnd zu.

"Sieht gut aus. Ich gebe es an unsere Editoren weiter und dann wird es wahrscheinlich nächste Woche veröffentlicht. Sehr gute Arbeit.", sagt sie knapp und wendet sich wieder ihrer Arbeit zu. Das wars?

"Gut. Sehr gut. Was soll ich jetzt machen?", frage ich und Paula schaut nicht hoch, als sie meine Frage beantwortet.
"Du kannst mir einen Kaffee machen gehen."

Ich brauche einige Momente um zu realisieren, was sie gerade gesagt hat. Habe ich jetzt wirklich die klischeehafte Assistentenaufgabe bekommen ihr einen Kaffee zu machen?

Ich bleibe für einige Momente perplex stehen und als Paula das merkt, schaut sie doch kurz auf.

"Mit Zucker und ohne Milch bitte. Danke.", sagt sie und wendet sich wieder ihrer Arbeit zu. Ich bin echt zum klischeehaften Assistenten geworden. Shit.

Ich fluche etwas innerlich und mache mich auf dem Weg in die Küche. Es ist noch nicht viel los im Büro, die meisten kommen erst am Nachmittag. Vielleicht sollte ich das auch einfach mal machen. In der Küche sind neben mir noch zwei weitere Mitarbeiter die auf Spanisch eine hitzige Diskussion führen. Vielleicht ist es in dem Moment gut, dass ich kein Spanisch verstehe.

Ich gehe auf die Kaffeemaschine zu und muss feststellen, dass ich meine Worte wohl wieder zurück nehmen muss. Warum hat man eine altmodische und nur auf Spanisch verfügbare Kaffeemaschine in der Küche?

Ich nehme mir eine Tasse aus dem Schrank und schaue die Kaffeemaschine an. Ich versuche mir irgendwie die Worte zusammen zu reimen, aber nichts macht Sinn. So eine dumme scheiße.

"Mit dem Knopf machst du sie an. Das gute an der Maschine ist, dass du dir direkt einen gemischten Kaffee mit Milch holen kannst. Wenn du einen ohne willst, musst du hier rauf klicken.", nehme ich eine Stimme war und sehe im nächsten Moment einen Finger, der den Knopf mit der Aufschrift negro drückt.

Ich drehe mich um und sehe ein Jungen Mann. Er scheint ein ticken jünger zu sein als ich. Wieso kenne ich ihn noch nicht? Da muss ich mich jetzt nicht mehr nur noch mit Paula herum schlagen.

"Danke.", bedanke ich mich und nehme die Tasse, als sie voll ist. Ich drehe mich wieder zu ihn um und schaue in sein leicht lächelndes Gesicht. Ich stelle die Tasse wieder kurz weg und reiche ihn meine Hand.

"Ich bin Gabriel.", sage ich und er schüttelt mir lächelnd meine Hand.
"Héctor.", stellt er sich vor und zeigt auf die Schublade unter der Maschine.
"Zucker, Kaffeesahne, Honig und alles andere ist dort drin.", sagt er und nickt mir kurz zu. Ich atme erleichtert auf.

"Du rettest mir echt den Arsch. Danke.", sage ich und lache nervös. Er zuckt kurz mit seinen Schultern und lacht genauso.
"Ich war auch mal der Neue. Du hast noch den negativen Aspekt, dass du kein Spanisch kennst. Ich weiß nicht warum alle anderen so abfällig zu dir sind. Ich helfe dir gerne.", sagt er und bringt mich kurz zum lächeln.

Habe ich gerade meinen ersten Freund in Spanien kennengelernt?

* * *

"Siehst du? Es ist doch nicht so schlimm wie du denkst. Wie lange bleibst du jetzt eigentlich?", fragt Emmy und macht hinter sich eine Tür zu, bevor sie sich auf ihre Couch setzt.

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