DREIUNDZWANZIG

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Acht Monate später,
Sevilla, Spanien

"Cata, bestätigst du bitte noch das Festival, bevor ich morgen früh wieder komme?", sage ich und räume meinen Schreibtisch etwas zusammen. Ich muss mir echt mal die Zeit nehmen um alles gründlich aufzuräumen. Wenn ich es nicht mache, wird es Francisco spätestens am Wochenende machen, wenn ich mal wieder im Meeting sitze.

"Claro Sofia. Hab einen schönen Nachmittag. Es soll heute wieder etwas wärmer werden.", antwortet Catalina und schmeißt im selben Moment wie ich meine Hände in die Höhe. Ich verabschiede mich lachend und ziehe hinter mir die Bürotür zu, bevor ich mir meinen Schal richtig umlege.

Der Winter in Sevilla ist einer der wärmsten in ganz Europa. Wenn man aber sonst immer an hohe zweistellige Temperaturen gewöhnt ist, sind die kleinen doch recht kalt.

"Miss Reyna, finden Sie morgen kurz Zeit für mich? Es geht um die Pressemitteilung wegen dem Verkaufskandal in Schweden.", werde ich auf dem Weg nach draußen überrumpelt. Ich drehe mich zu Miguel, der etwas ängstlich schaut. Er mag es nicht mich nach dem Feierabend zu stören und ich mag es genauso wenig.

"Sage Catalina bescheid und sie schreibt es auf die To-Do Liste. Wir kümmern uns morgen darum.", sage ich und hole mein Telefon heraus, als es keine fünf Sekunden später anfängt zu klingeln. Muss mich jeder in meiner freien Zeit belästigen?

Als ich aber den Namen auf meinen Display sehe, fange ich an zu lächeln und steige in den Fahrstuhl ein, der sich einige Sekunden später schon schließt. Gerade noch so.

"Bevor du fragst: ich bin schon auf dem Weg. Die Arbeit hat sich etwas hinausgezogen. Immer wollen alle fünf Minuten bevor ich Schluss habe alle etwas von mir.", sage ich lachend und steige unten aus dem Fahrstuhl.

"Dann kannst du dich darauf freuen, dass das Essen schon fertig ist und du heute nichts mehr machen musst."

Ich mache nichts lieber als das.

Nach keinen zehn Minuten bin ich schon zuhause und klingel voller Freude an der Tür. In meiner Eile heute früh, habe ich mal wieder meinen Schlüssel vergessen. Als sich die Tür aber keine Minute später öffnet und der Geruch der frischen Nudeln in meine Nase fliegt, verfliegen alle meine Sorgen.

"Du willst garnicht wissen wie sehr ich mich auf das Essen freue.", sage ich und trete einfach hinein. Bevor ich mich aber ausziehen kann, werde ich schon zur Seite gezogen und spüre weiche Lippen auf meinen.

"Heute keine Begrüßung? Bin ich dir so wenig wert? Ist dir Essen jetzt wichtiger geworden?"

Ich verdrehe etwas meine Augen und stelle mich dann etwas auf Zehnspitzen um meine Lippen wieder auf die weichen Lippen vor mir zu legen. Meine Hände fanden den Weg zu den genauso weichen Wangen und ich spüre Hände an meinen Rücken. Ich würde noch länger so verharren, aber ich habe echt Hunger.

"Irgendwelche wichtige Post?", frage ich und lasse mich erleichtert auf meine Couch fallen, auf auf Tisch schon zwei Teller stehen. Es liegt keine Post auf den Tisch, aber mein Blick trifft das Magazin, welches wohl mitgebracht wurde. Die Schlagzeile war nicht zu überlesen.

Die Schlammschlacht geht in die nächste Runde: Grace Vandeloort rechnet ein weiteres Mal mit Gabriel Cavanaugh ab. Selbst noch sieben Monate nach der Trennung.

Ohne viel nachzudenken drehe ich das Magazin um und stelle mein Teller rauf. Mein Blick huscht zu Francisco, der sich lächelnd neben mich setzt.

"Wenn du auf einen heimlichen Liebesbrief wartest, muss ich dich enttäuschen, dass keiner drin war.", sagt er und bringt mich wieder dazu mit meinen Augen zu rollen. Ich strecke ihn kurz meine Zunge heraus und lehne mich mit den Teller nach hinten.

"Fran, schreib mal auf, dass wir neue Zahnpasta brauchen!", schreie ich ins Wohnzimmer und nehme meine Zahnbürste in den Mund. Er ruft mir irgendwas nach, aber durch die Lautstärke meines Telefons höre ich nichts.

Mir schießen direkt die ungelesenen Nachrichten von Cameron, Adrian, Edward und meiner Mutter entgegen. Ich muss auf diese echt dringend antworten. Seit der Abschiedsparty sind das auch die einzigen Kontakte die sich regelmäßig bei mir melden. Die Nachrichten von Grace bleiben seit Monaten unbeantwortet und von Gabriel habe ich seit genau sieben Monaten nichts mehr gehört.

Ich will nicht, dass er sich meldet. Nach den Ereignissen habe ich nicht mehr das Bedürfnis gehabt mich mit ihm zu unterhalten. Ich habe mir nicht die Mühe gemacht ihn zu blockieren, weil ich der Meinung bin, dass er selber weiß, dass er sich nicht melden soll. Bis zu den Moment, als ich an diesen Abend das erste Mal seit langen wieder diesen Klingelton höre.

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Gabriel: Hey Sofia
Gabriel: Ich weiß, dass kommt jetzt vielleicht etwas unerwartet und ich will dich auch eigentlich nicht nerven, aber ich vermisse dich. Ich vermisse dich wirklich sehr. Ich dachte, dass ich in diesen halben Jahr dich endlich vergessen kann, aber ich kann es nicht. Es tut mir leid.
Gabriel: Melde dich ruhig mal, wenn du Zeit hast. Ich würde echt gerne mit dir reden. Ich komme auch gerne nach Sevilla.
Gabriel: Bitte ignoriere mich auch nicht. Danke Sof...

Du hast diesen Kontakt blockiert

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Was zum Teufel?

Ich schüttel mit meinen Kopf und lege mein Telefon wieder weg. Für Gabriel habe ich keine Nerven. Vielleicht ist dieser Schritt ihn zu blockieren schon längst hinfällig gewesen. So kann ich nun wirklich in Ruhe hier leben ohne immer wieder mit meinen Gedanken nach London zu gehen. Vielleicht sollte ich das gleiche mit Grace machen.

"Komm zu Tante Sofia.", sage ich und nehme Catalina lächelnd ihre kleine Tochter entgegen. Sie meckert etwas, aber als sie mich sieht, beruhigt sie sich wieder und lehnt sich mit ihren Kopf an meinen Arm. Catalina streicht ihr kurz über ihren Kopf und lächelt mich an.

"Du bist echt meine Rettung. Ich wusste schon immer, dass auf mein Bruder kein Verlass ist.", sagt Catalina etwas genervt und lehnt sich nach hinten in die Couch.
"Er hat wahrscheinlich nur zu viel im Kopf gerade.", sage ich und lächel Mia an, als diese mich genauso anlächelt.

"Ja und zwar dich.", sagt sie und bringt mich dieses Mal kurz zum lächeln. Fran hat nicht nur mich im Kopf. Ich schüttel etwas mit meinen Kopf und schaue im nächsten Moment zur Tür, die klingelt.

"Lass mich gehen. Vielleicht ist es Fran und wenn er Mia sieht, merkt er selber was falsch ist.", sage ich und stehe lachend auf. Ich nehme Mia richtig auf dem Arm und mache mich auf dem Weg zur Tür. Ich lege mir schon bereit was ich sagen will und als ich die Tür öffne, verschwindet alles in meinen Kopf. Ich muss mich darauf konzentrieren Mia nicht aus Schock fallen zu lassen. Was macht er hier?

"Hallo Sofia.", sagt Gabriel und lächelt mich leicht an.

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