NEUNUNDDREIßIG

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"Auf der Liste stehst du mit der Kennzeichnung plus eins. Ich wollte nicht irgendjemanden eintragen, der dann vielleicht nicht kommt. Sag mir aber bitte rechtzeitig bescheid wer mitkommt, damit ich die Tischkarte machen kann."

Dass meine Schwester nun echt heiratet ist immernoch unvorstellbar. Ich freue mich für Emmy und Alex ist echt ein guter Typ, aber je mehr die anderen ihr Leben aufbauen, desto mehr realisiere ich, dass ich noch weit davon entfernt bin.

"Ich nehme wahrscheinlich Sofia mit, ich muss das aber noch mit ihr absprechen. Wer kommt noch so?", frage ich sie und packe meine Tasche zu Ende.

"Nicht viele, jeder der sonst zu Hochzeiten kommt. Cam und Adrian kommen auch und Mariella und Daniel. Dass Dad kommt ist nichts neues.", sagt Emmy und redet im Hintergrund kurz mit Alex, der Lia auf seinen Arm hat.
"Was ist mit Mom? Hat sie auch eine bekommen?", frage ich vorsichtig und kann mir die Antwort eigentlich schon denken.

"Ja, sie hat auch eine bekommen. Ich weiß nicht ob sie kommen wird. Ich wollte bloß nicht wieder am Ende als die Böse da stehen, wenn ich sie nicht einlade.", sagt Emmy und will direkt wieder das Themawechsel.

Die Beziehung zu unserer Mutter ist kompliziert. Offiziell ist sie noch mit Dad verheiratet, sie arbeitet aber schon seit ich auf die High School gekommen bin in Schweden. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass sie von jedem die Finger gelassen hat. Während Annie noch regelmäßig mit ihr Kontakt hat und Clara auch oft zu ihr fliegt, halten sich Emmy und Ich zurück.

Ich kann bis heute nicht verstehen wie sie einfach gehen konnte. Ich werde ihr das auch nie verzeihen, wenn sie sich dafür entschuldigen will. Ein Vorteil hat das alles aber gehabt. Nur so sind Cameron und ich so gute Freunde geworden, immerhin waren meine Schwestern schon mit der Uni beschäftigt und Dad mit seiner Firma, als ich noch im Schule gegangen bin. Ich bin oft zu Cameron und seiner Familie gegangen. Ich werde ihn dafür immer dankbar sein.

"Ich freue mich auf die Hochzeit. Ich sage dir rechtzeitig bescheid. Wenn ich aber nicht mit Sofia komme, komme ich alleine.", sage ich und mache den Reißverschluss meines Rucksackes zu.

"Darf ich mich für euch beide freuen?", fragt sie mich und bringt mich zum lächeln. Ich lege mein Telefon auf meinen Schrank ab und setze mir meinen Rucksack auf.
"Es läuft. Langsam. Bis zu deiner Hochzeit wird es schon gut laufen. Ich muss jetzt auch los zur Arbeit. Wir reden ein anderes Mal weiter. Ich hab dich lieb Em!"

* * *

Seit dem Auffeinandertreffen mit Paula in unserer Wohnung herrscht eine bedrückene Atmosphäre im Büro. Sie ist nicht so gesprächig wie immer und sie haut auch keiner ihrer frechen Sprüche heraus. Ist es ihr vielleicht peinlich?

"Ich wusste es übrigens schon. Héctor hat es mir schon vor einigen Wochen gesagt.", sage ich das erste an diesen Tag nach unserer Begrüßung vorhin. Paula hat zwar ihre Airpods drin, ich weiß aber genau, dass sie mich gehört hat. Sie flucht kurz und schaut mich an.

"Wenn du deinen Job behalten willst, behälst du es für dich.", droht sie mir etwas. Anstatt ihre Drohung aber ernst zu nehmen, fange ich an zu lachen. Wem sollte Ich das erzählen?
"Schade, ich wollte jetzt eigentlich gerade auf den Flur gehen und es jeden erzählen.", sage ich ironisch und bringe sie dazu mit ihren Augen zu rollen.

"Mich interessiert es nicht Paula. Du kannst machen was du willst. Ich bin weder dein Vater noch dein Freund. Mach doch in deiner freien Zeit was du willst.", sage ich und zucke mit meinen Schultern. Ich denke ein kleines 'danke' von ihr erzählt hören, aber ich bin mir nicht ganz sicher.

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