Kapitel 21
Nachdem ich Jolie am Montag vom Kindergarten abgeholt hatte, waren wir wie versprochen direkt weiter ins Schwimmbad gefahren, trotz der klirrenden Kälte draußen. Zugegebenermaßen war es in dem liebevoll gestalteten Hallenbad auch wunderbar kuschelig warm, und wenn man nicht rausschaute, konnte man das eklige Januarwetter auch gut für ein paar Stunden vergessen.
Und nicht nur das konnte ich gut vergessen, während ich mit den Beinen im Wasser am Beckenrand saß und Jolie beim Spielen mit den anderen kleinen Kindern zuschaute. Es war wirklich interessant, wie es Kinder immer wieder schafften, ohne Wenn und Aber Kontakte zu knüpfen und Freundschaften zu schließen.
Das Beste daran war wohl, dass sich das Ganze in ungefähr zwölf Jahren so drastisch geändert haben würde, dass man allein von dem Gedanken daran, Kopfschmerzen bekam.Natürlich sollte ich versuchen, mir Harry aus dem Kopf zu schlagen, vor allem, weil der Alltag mit ihm sonst noch schwieriger würde, als ohnehin schon. Andererseits konnte ich es einfach nicht - egal ob ich ihn sah oder nicht, egal ob ich beschäftigt war oder nicht, es war als würde Harry alle paar Minuten an mein Gehirn klopfen und auf sich aufmerksam machen.
Und langsam aber sicher machte mich das verrückt.
Jetzt wo ich wusste, dass Harry genauso fühlte, wie ich und genauso daran scheiterte, dass wir nicht zusammen sein konnten, hatte sich meine Fantasie verselbstständigt und wann immer ich nicht mit meinen fünf Sinnen beisammen sein musste, hing ich diesen Fantasien hinter her. Meistens merkte ich erst viel zu spät, wie sehr ich abgedriftet war und war im Nachhinein sauer auf mich - immerhin war ich ja auch diejenige, die den anschließenden Schmerz aushalten musste.
Es tat mir leid, dass ich an diesem Nachmittag nicht wie sonst mit Jolie in dem Schwimmbad herumtollte, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass meine kleine Schwester es merken würde, wenn ich ihr eine falsche Fröhlichkeit vorspielen würde.
Außerdem war das kleine, kontaktfreudige Ding sowieso die meiste Zeit mit ihren neuen Freunden in den verschiedenen Spaßbecken unterwegs, sodass ich schon fast Probleme bekam, Jolie im Auge zu behalten."Sie werden so schnell groß, nicht wahr?", fragte plötzlich eine Frauenstimme seufzend neben meinem Ohr. Ruckartig drehte ich mich um und schaute zu einer Frau mit braunen, glatten Haaren.
"Ja", erwiderte ich einsilbig, nicht ganz sicher, wohin die Konversation mit dieser Fremden hinführen sollte. War das so ein Kleinstadtding? Dass man einfach fremde Menschen anquatschte, denn es könnten ja Nachbarn sein?
"Meine ist die Blonde. Wenn ihr Haar trocken ist, sieht es aus wie das von einem Engel. Sie wird nächste Woche fünf, ich glaube, sie und Jolie gehen in denselben Kindergarten.", Ahh. Deswegen hatte die fremde Frau mich angesprochen, weil die beiden Zwerge miteinander befreundet waren. Wahrscheinlich hatte sie uns vorhin gesehen, wie ich Jolie die Schwimmflügel angezogen hatte.
Als ich auf darauf nicht wusste, was ich sagen sollte, plapperte die Mami fröhlich weiter. "Mein Mann ist die ganze Zeit beruflich unterwegs. Er ist Versicherungsmakler und arbeitet hauptsächlich in LA oder im Ausland. Und was macht der Vater von Jolie? Oder leben sie nicht mehr zusammen?"
Ich hatte den Monolog der Frau schon fast komplett ausgeblendet, so wie ich das in der Schule immer machte, als ich mit einem Mal irritiert und erschrocken aufblickte.
"Jolie ist nicht mein Kind.", sagte ich mit eigenartig befremdlicher Stimme. "Sie ist meine kleine Schwester."
"Oh es tut mir leid", antwortete die Frau und sah etwas peinlich berührt aus. "Nur ... wie sie sich immer so reizend um sie kümmern und ... Jolie scheint sie wirklich lieb zu haben ... und man hat nie jemand anderen gesehen...", stammelte sie mehr oder weniger leise vor sich hin.
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Liebe kennt keine Grenzen (Abgeschlossen)
FanficMan dachte, man würde Belle einen Gefallen damit tun, sie zu ihrem Vater in die Sonne zu bringen, nachdem sie in ihrem alten Zuhause so viel Hässliches miterleben musste. Doch niemand hatte Belle nach ihrer Meinung gefragt und niemand schien sich au...