Kapitel 27
Nachdem die Sonne schon lange aufgegangen war und aus einer fernen Welt in das Schlafzimmer strahlte, lagen Harry und ich noch immer im Bett. Ich überlegte, dass es wahrscheinlich daran lag, dass keiner von uns beiden zurück in die Wirklichkeit wollte, denn hier, zwischen diesen kuscheligen Decken und Kissen, hatten wir ein Stück Freiheit, das es sonst nirgends auf der Welt für uns geben durfte.
Harry lag auf dem Rücken und ich hatte meinen Kopf an seine Brust gelegt. Wir beide schauten hellwach und stumm geradeaus. Gerne hätte ich etwas gesagt, irgendetwas, das diese Situation vielleicht noch retten konnte, aber ich konnte nicht einfach die letzten zwölf Stunden ungeschehen machen. Selbst wenn ich es könnte, wusste nicht nicht, ob ich es wollte.
Ich hatte von der verbotenen Frucht gekostet, schon so oft und dieses Mal war der Punkt überschritten, an dem ich mir vormachen konnte, dass ich nicht schon längst abhängig war.
Selbst wenn Harry und ich beschließen würden, alles wieder auf Anfang zu setzen, würde es nicht einfach so funktionieren. Wir hatten Grenzen überschritten, besser gesagt überrannt, und jetzt mussten wir die Konsequenzen dafür tragen.Ich spürte kaum, wie Harry sanfte Kreise auf meiner Schulter malte, so sehr hing ich meinen Gedanken nach. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie es jetzt weiter gehen sollte, ohne dass einer von uns zweifellos verlieren würde: das Herz, den Job oder vielleicht sogar beides.
Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte Harry mit den Kreisen auf ihrer Schulter auf. "Hast du Hunger?", fragte er mit rauer, aber freundlicher Stimme. Für kurze Zeit hatte ich überlegt, ob er vielleicht unsagbar sauer auf mich war, weil ich ihn in diese Situation gebracht hatte. "Ich persönlich könnte was zwischen den Zähnen vertragen. Damit lässt es sich viel leichter denken."
Ich erhob mich von seinem Brustkorb und Harry ging nur mit seiner Jogginghose bekleidet in Richtung Küche. Es war schon fast ein bisschen merkwürdig ihn so selbstverständlich halb nackt zu sehen, aber andererseits befand ich mich ja auch in seiner Wohnung. Und die Zeiten, in denen wir noch irgendetwas voreinander geheim halten sollten, waren definitiv vorbei.
Trotzdem war ich etwas hin und her gerissen, was ich jetzt anziehen sollte: Einerseits kam es mir komisch vor, wieder in Harry's T-Shirt und Jogginghose zu schlüpfen, andererseits hielt ich mein Abendkleid am nächsten Morgen auch für wenig angebracht. Also entschied ich mich etwas widerwillig für seine Sachen, doch so ganz behagte mir die ganze Situation noch nicht.
Ich hatte noch nie in meinem Leben einen Freund gehabt und hatte demnach auch keine Ahnung, wie man sich also in so einem Fall normalerweise verhielt.
Und wenn der Freund kein Junge in meinem Alter, sondern mein Lehrer war, dann war das ganze irgendwie noch ein bisschen merkwürdiger.Nachdem ich mich im Badezimmer die Haare etwas durchgekämmt und Wasser ins Gesicht gespritzt hatte, um weniger verschlafen auszusehen, betrat ich Harry's kleine Küche von der man durch das Fenster direkt auf den Pazifik hinaus sehen konnte. Es war zwar keine Panoramaglaswand, wie bei mir zu Hause, aber trotzdem sehr hübsch. Generell hatte Harry's kleine Wohnung seinen ganz eigenen Charme, dem ich sofort verfallen war - aber vielleicht lag das auch einfach daran, dass es Harry's Wohnung war.
Genauso wie neulich bei mir zu Hause hatte Harry wieder ein ganz beachtliches Büffet an Frühstückssachen bereit gestellt und ich war mir sehr sicher, dass wir beide diese Berge an Eiern, Toast, Müsli und Orangensaft niemals komplett verputzen würden. Obwohl mein Magen mir da eine ganz andere Einschätzung gab.
Wir aßen mehr oder weniger schweigend und ich begnügte mich damit, mich in der Küche umzusehen, während Harry mich mehr oder weniger die ganze Zeit ansah. Noch immer hatte er kein T-Shirt an und aus seinen sonst so glatt rasierten Wangen sprossen einige Bartstoppeln. Wahrscheinlich war das der absolut falsche Moment dafür, aber ich konnte immer noch nicht aufhören, zu denken, dass Harry eine absolut anziehende Wirkung auf mich hatte.
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Liebe kennt keine Grenzen (Abgeschlossen)
FanfictionMan dachte, man würde Belle einen Gefallen damit tun, sie zu ihrem Vater in die Sonne zu bringen, nachdem sie in ihrem alten Zuhause so viel Hässliches miterleben musste. Doch niemand hatte Belle nach ihrer Meinung gefragt und niemand schien sich au...