Kapitel 31 / Secrets

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Kapitel 31

Als ich mir bei der Versteigerung im Januar die Notlüge mit dem Spendenmarathon ausgedacht hatte, hätte ich nie vermutet, dass damit solch ein großer Berg Arbeit auf mich zukommen würde.

Während draußen die Tage allmählich wieder freundlicher und weniger stürmisch und grau wurden, saß ich fast jeden Nachmittag nach dem Training mit Harry zusammen, um das Event zu planen, das schon in wenigen Wochen über die Bühne gehen würde.

Irgendwie war es schon fast eine glückliche Fügung des Schicksals, denn durch diesen Umstand hatten wir beide auch eine Begründung, warum wir uns abseits der Schule zusammen blicken ließen. Immerhin war es ja nur natürlich, dass man sich nach ein paar Stunden Arbeit auch mal einen Snack gönnte, oder nicht?

Dass ich aber auch nach getaner Arbeit oft noch ein, zwei Stunden bei Harry blieb wussten nur eine handvoll Menschen: Er, ich und natürlich Damien.

Damien würdigte mich weder auf dem Schulflur, noch im Klassenraum oder beim Sport eines Blickes. Zwar hatte er sein Versprechen gehalten, und, soweit ich wusste, niemandem etwas von unserem kleinen, großen Geheimnis erzählt, aber scheinbar war der Preis dafür die vollkommene Ignoranz meiner Person.

Vielleicht hätte mich diese Tatsache nicht ganz so sehr gestört, wenn ich mich nicht mittlerweile so sehr an Damien's Anwesenheit in meinem Umfeld gewöhnt hätte. Normalerweise begleitete er mich zwischen meinen Klassenräumen und unterhielt mich mit lustigen Geschichten beim Mittagessen.
Jetzt schien er extra andere Wege zu nehmen als ich und wenn er im Klassenzimmer dazu gezwungen war, neben mir Platz zu nehmen, hatte ich buchstäblich das Gefühl, neben einem Eisklotz zu sitzen.

Mein Mittagessen nahm ich mittlerweile allein ein. Am ersten Tag nach Damien's Besuch in Harry's Haus, hatte ich mich wie selbstverständlich zu den anderen Mitgliedern des Leichtathletikteams gesetzt, woraufhin Damien wortlos aufgestanden und an einen Tisch am anderen Ende des Raumes gegangen war.
Zwar wollte auch ich eigentlich nicht alleine Essen, aber es käme mir unfair vor, wenn ich Damien nun auch seine Freunde weggenommen hätte. Deswegen hatte ich am nächsten Tag mein Tablett genommen und mich draußen in die Kälte auf eine Bank gesetzt, wo ich ganz allein aß und durch das Fenster beobachten konnte, wie Damien mit seinen Freunden lachte.

Ich wusste nicht, was er ihnen erzählt hatte, warum ich und er nicht mehr miteinander sprachen. Aber wie ich Damien kannte, hatte er wahrscheinlich nur abgewunken und darauf bestanden, dass es seine eigene Angelegenheit war, mit der die anderen nichts zu tun hätten.
Es konnte gut sein, dass sie ihm glaubten. Hier an dieser Schule zerstritten und vertrugen die Leute sich praktisch im Sekundentakt - wieso sollte man glauben, dass es bei Damien und mir, wir die besten Freunde waren, anders sein würde?

Es war nicht so, dass ich ,eine Freunde bereitwillig aufgab und solange Damien nicht in der Nähe war, konnte ich auch normal mit ihnen reden. Aber sobald er in Hörweite war, machten die anderen mitleidige Mienen und ich selbst fühlte mich, als hätte mir jemand die Zunge an den Gaumen getackert. Mein Herz wurde schwer und ich schaffte es nicht, ein lockeres Smalltalkgespräch aufrecht zu erhalten.

Irgendwie hätte ich nie wirklich vermutet, dass mich die Beziehung zu meinem Lehrer einmal so isolieren würde.
Andererseits würde die Situation wahrscheinlich auch anders aussehen, wenn mein einziger wirklicher Freund an der Schule nicht zufällig auch der Nebenbuhler dieses Lehrers wäre.

Am Meisten von allen, erstaunte mich allerdings die Tatsache, dass Harry und Damien es schafften in der Schule ganz normal miteinander um zu gehen. Nur jemandem, der die beiden so gut kannte wie ich, konnte auffallen, dass ihr Tonfall entweder etwas zu freundlich oder zu kühl war. Dass die gegenseitigen Scherze immer mit einem kleinen Blitzen in den Augen erzählt wurden und jedes Mal wie kleine Nadelstiche wirken sollten.

Liebe kennt keine Grenzen (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt