Kapitel 42 / Bad news

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Kapitel 42

Als ich meine Augen wieder aufschlug, lag ich auf meinem eigenen Sofa und sah vor mir eine wabernde Dampfwolke. Auf den zweiten Blick sah ich, dass die Dampfwolke von einer Tasse Tee herrührte und Harry auf dem Sessel gegenüber des Sofas saß.

Seine Stirn war in tiefe Sorgenfalten gelegt und er schaute mich unverwandt an. Seine Kiefermuskeln waren angespannt und seine Hände zu Fäusten geballt. War er etwa sauer?

Ich machte Anstaltalten, mich aufzusetzen, doch bevor ich überhaupt den Kopf richtig angehoben hatte, drückten Harry's behutsame Hände meine Schultern zurück in die Kissen. Ärgerlich schaute ich ihn an, jedoch ohne zu widersprechen, und erntete dafür meinerseits einen ärgerlichen Blick.

"Was ist?", fragte ich, als Harry wieder in dem Sessel Platz genommen hatte. Ich merkte selbst, wie kraftlos meine Stimme klang und ärgerte mich darüber. Eigentlich wollte ich vor Harry doch nicht mehr immer so zart erscheinen.
Immer musste ich von ihm gerettet werden. Wenn es nach mir ging, dann würde ich mich gerne nur ein einziges Mal revanchieren. Aber scheinbar vergönnte mir mein Schicksal dieses Glück.

"Wag es ja nicht, mich noch einmal so zu erschrecken.", erwiderte Harry und sein Tonfall jagte mir fast ein bisschen Angst ein. Er war kalt und gleichzeitig voller Sorge. So hatte er bisher selten mit mir gesprochen.
"Erst rufst du mich an und bist total aufgelöst und wenn ich dann komme, brichst du mir in meinen Armen zusammen! Ich hatte solch eine Angst um dich, kannst du dir das überhaupt vorstellen?"

Er sprang aus dem Sessel auf und lief zu der großen Glasfensterfront, die einen nächtlichen Strand präsentierte. Unruhig trommelte er sich mit den Fingern auf den verkreuzten Armen herum. Harry starrte weiter zum Fenster hinaus, während er fortfuhr.
" Ich hatte ... Ich hatte Angst, dass irgendjemand hier wäre, dir irgendetwas angetan haben könnte. Dass du dich ernsthaft verletzt hast. Ich hatte Angst, dass du nicht mehr atmest, verdammt!"

Bevor er Luft holen konnte und sich danach weiter in Rage redete, sprang ich von dem Sofa auf und lief die zwei Schritte, die uns voneinander trennte, zu ihm und schlang ihm von hinten die Arme um den Körper.
Kurz musste ich die Augen schließen, weil ich meinen Kreislauf wohl nicht so schnell von null auf hundert hätte treiben dürfen, aber zum Glück bekam Harry diesen kurzen Schwindelanfall nicht mit.

"Mir geht es gut.", flüsterte ich ihm leise von hinten zu. "Wirklich. Mir hat niemand was getan."
Ich merkte, wie meine Worte Wirkung taten und sein heftiger Atem sich etwas beruhigte.

"Dann sag mir, warum du, verdammt noch mal, in meinen Armen zusammenklappst!", sagte Harry gepresst und ich wusste, dass er sich zusammenreißen musste, um nicht zu schreien.
Er drehte sich zu mir um und nahm mich an meinen Oberarmen, um sie ein Stück von sich weg zu halten.

Seine eindringlichen, grün-grauen Augen durchbohrten mich scheinbar und verschlugen mir wie so oft für einen Moment den Atem, sodass ich nicht sofort antworten konnte.

So hatte ich Harry wirklich noch nie gesehen. Er hatte mich damals vor diesem Kerl in der dunklen Gasse bewahrt, ja, aber damals hatte ich noch keine Ahnung gehabt, wie viel ich ihm bedeutete. Und er nicht, dass ich eigentlich bis über beide Ohren in ihn verliebt war.

Doch diese Situation jetzt war anders. Jetzt wussten wir längst, dass wir uns liebten und doch ... niemals hätte ich voraussagen können, dass Harry wegen solch einer kleinen Sache, so aus der Haut fahren würde vor Sorge.
Zu einem kleinen Teil fand ich es befremdlich. Vermutlich, weil ich wusste, dass mir wirklich nichts ernstes fehlte.
Aber zu einem sehr viel größeren Teil fühlte ich mein Herz in meiner Brust anschwellen, weil ich mich in diesem Augenblick so sehr von ihm geliebt fühlte.

Liebe kennt keine Grenzen (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt