𝟙𝟞. ℙ𝕆𝕍: 𝔸𝕟𝕥𝕠𝕟

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Da lag sie nun. Ihr kleiner Kopf lag erschöpft auf meiner Brust. Ich schickte meine Männer weg. Was habe ich ihr da angetan?

Eigentlich bin ich froh, dass ich es getan habe. Wir werden sehen, wie sie sich weiterentwickelt. Ja, ich hatte tatsächlich mit dem Gedanken gespielt sie für das letzte was sie Wert ist auszunehmen: für ihre Organe. Ich wollte zuvorkommend sein und ihr vorher eine Kugel in den Kopf jagen, damit sie diese Schmerzen nicht ertragen müsste. Und ich würde dabei ihre Schreie nicht hören müssen.  Ich muss gestehen, ich liebe es wenn sie schreit. Wenigstens weiß ich dann, dass sie noch am Leben ist. Sie hatte es sich wahrscheinlich schon gedacht. Ich konnte es in ihren Augen ablesen. Ich mag es nicht, wenn sie meine Pläne durchschaut. Das nimmt mir den Spaß.

Ich blieb allein in dem Kellerverließ mit ihr zurück. Ich legte meine Hand auf ihren Kopf und kämmte ihre verschwitzten Haare mit meinen Fingern durch. Von ihren Haaren ging ein süßlicher Duft aus mit einer milden Pfeffernote. Sie musste sich hinter meinem Rücken Parfüm bestellt haben. Es war keine gute Wahl. Es war zu erwachsen für sie. Aber es roch gut an ihr. Ich wunderte mich oft, wieso sie nie nach irgendwelchen Sachen für sich gefragt hatte. Jetzt weiß, Rumjana nimmt sich einfach was sie will, wenn sie die Chance dazu hat. So wie mit dem herumliegendem Geld.

Ich hasse sie dafür. Für ihren Sturkopf. Dafür, dass sie manchmal zu viele Fragen stellt und an anderer Stelle zu wenig. Aber irgendwie war das auf eine besondere Art und Weise wieder liebreizend und süß. Außerdem hatte sie sich was Schönes verdient. Sie leistete wirklich keine schlechte Hausarbeit. Auch die Vorbereitungen für die Feier hatte sie gut gemeistert. Rumjana hat ein Talent für Organisation und Planung.

Auf der anderen Seite, diese Bestrafung hatte sie sich auch verdient. Und nein, ich war nicht zu hart zu ihr. Das hier war gerechtfertigt. Keiner meiner Kunden würde sich freiwillig ein Sicherheitsrisiko ins Haus holen. Egal wie mächtig oder wie einflussreich sie waren oder wie weit sich ihre Beziehungen erstreckten. Würde Rumjana es noch einmal schaffen zu fliehen, wäre sie ein großes Risiko für sich selbst und für meinen Kunden.

Ich bin mir sicher, sie würde es nochmal schaffen, weil sie diesen unbändigen Drang nach Freiheit und Normalität hat. Aber sie ist zu tief drin, für sie gibt es keinen Weg mehr zurück. Dieses überwältigende Bedürfnis; ich bekäme es schon irgendwann aus ihr herauserzogen. Die Lüge über Lena's Tod und ihre süßen Tränen der Schuldeingeständnis waren erst der Anfang. Lena ist wohlauf, aber Sergej war sehr unzufrieden und aufgebracht darüber, dass sie ihn schon am ersten Tag hinters Licht geführt hat. Lena müsste es eigentlich besser wissen.

"Sie ist zu schön, um so früh zu sterben.", dachte ich, als es so aussah als würde sie erwachen. Ich beobachtete ihre Atmung genau. Ihr Kopf drehte sich auf meiner Brust zur anderen Seite. Ich hörte ein lautes Seufzen. Ich blickte zu ihr herunter. Sie hob ganz langsam den Kopf und ich blickte in ihre orientierungslosen, braunen Rehaugen. Ihre Augen schauten durch mich hindurch. Ich spielte mit einer langen Haarsträhnen und wickelte sie mir um die Finger. Ihre Haare hatten eine seltsame braun-rotliche Färbung. Ob das von Natur aus war?

"Wenn man einmal in die Fänge der Mafia gelangt, gibt es kein zurück mehr.", sagte ich und lächelte. Ich wusste, dass sie mich weder verstand noch wirklich gehört hatte. Ihre Lider fielen zu. Die Bedeutung dieses Satzes, erfuhr ich am eigenen Leib. Ich seufzte einmal laut auf und genoss einige Minuten der Stille. Langsam wurde mir kühl um die Lenden herum. Sie hatte uns durchnässt. Allein nochmal daran zu denken, ließ meine Mitte wieder aufpulsieren, doch ich müsste das auf später verschieben. Ja, ich war pervers.

Aber sie sollte erstmal wieder zu sich finden und verstehen, was passiert war. Während ich sie fasziniert anschaute, griff sie geistesgegenwärtig nach meiner Hand. Überrascht blickte ich ihre kleine, weiße Hand an, die sie in meine gelegt hatte. Wäre sie bei klarem Verstand, würde sie das nie tun. Ich fasste sie nie an. Nicht mehr als nötig war. Warum? Ich hatte keinen Grund und auch kein Verlangen danach. Bis vor kurzem hatte ich auch kein Interesse an ihr. Wenn ich am Ende des Tages runter ging zum gemeinsamen Abendessen, trieb mich ihre keusche und gleichzeitig aufmüpfige Art innerlich zur Weißglut.

Nun weiß ich, ich habe sie unterfordert und unterschätzt. Ich hätte von Anfang an mehr tun müssen. Diese Geschäfte und dieses Haus haben einfach zu viel meiner Zeit in Anspruch genommen, weshalb ich ihre Talente übersehen habe. Sie fängt mir an zu gefallen. Wann hatte ich denn das letzte Mal jemanden nur für mich? Zum Spielen? Zum Ausprobieren? Zum Erziehen? Das muss eine Weile her sein. Ich werde ein Machtwort sprechen müssen, denn all meine Männer wollen sie aus diesem Haus haben. Es ist immer noch mein Haus und ich werde sie behalten. Wenn mir danach ist, kann ich sie immer noch im Schlaf erwürgen. Ich weiß auch nicht was es ist, aber sie hat etwas an sich, was ich in anderen Frauen nicht gefunden habe. Auf eine seltsame Art und Weise, bin ich froh, dass Rumi es sich versaut hat. Jetzt habe ich sie endgültig für mich. Ihre Chancen von mir wegzukommen, hatte sie sich selbst genommen ohne mein Einwirken. Als sie auf meiner Brust lag, verspürte ich eine seltsame Vertrautheit. Auch dieses Parfüm an ihr. Es roch wie eine tief vergrabene Erinnerung. Mir kam es so vor, als kenne ich Rumjana schon ewig.

Rumi denkt, ich bin ein absolut unberechenbares Monster, aber tatsächlich ist sie diejenige, die meine Welt bedroht und die unberechenbar ist. Ich hatte es ja gut mit ihr gemeint sie an Arman geben zu wollen. Er hatte ein schönes Anwesen in Kasachstan an der Nähe der Grenze. Ich meinte es ernst, als ich ihr sagte, dass sie dort ein gutes Leben haben würde. Und wer hat Lena eigentlich ins Hirn geschissen? Arman verwendet doch keine Jungfrau für seinen Drogentransport. Das macht er mit ganz anderen Frauen. Gerüchte halten sich eben hartnäckig. Leider ist die Welt der Mafia eben noch kleiner, als die normale Welt. Jeder kennt irgendwie jeden.

Als ich vor acht Jahren die Geschäfte meines Bruders übernommen habe, hat es lang genug gedauert, das Vertrauen seiner Partner und Kunden zu gewinnen. Ich musste sie überzeugen, dass ich einen genauso guten Job erfüllen kann, wenn nicht sogar besser. Das sind genau die Kunden, die mich jetzt hoch loben, mir Aufträge erteilen und zu mir kommen, um sich Rat zu holen. Aber leider sind es genau dieselben Stimmen, die mir sagen, ich solle Rumi endlich 'ins Feld schicken'. Das sagt sie doch immer.

Ich zog Rumi zu mir herauf und trug sie, fest an meine Brust gepresst, vom Keller wieder zu mir nach oben ins Schlafzimmer. Ich legte sie auf mein Bett und wickelte sie in eine Daunendecke und in eine Felldecke, damit sie mir nicht fror. Ich öffnete nämlich das Fenster und die kalte Winterluft wirbelte in den Raum. Wir rochen nämlich ehrlich gesagt sehr unangenehm nach Schweiß, nach Blut, nach Sperma und so manch anderer Sachen. Sie schlief seelenruhig. Rumi schlief so viel, weil sie schwach war und zu wenig aß. Ich muss das unbedingt ändern. Aber heute war ich froh darüber. Ich schickte die Wache weg. Ich nahm eine ausgiebige Dusche und warf meinen Anzug in die Wäsche. Ich wollte es ihr ersparen sich gedemütigt zu fühlen, wenn sie ihn selbst waschen müsste, nachdem was sie damit angestellt hatte. Nur mein blutverschmiertes Hemd bewahrte ich auf und brachte es an einen sicheren Ort.

Ja, so wie ein Andenken an das was heute passiert war. Es gesellte sich zu vier anderen, in denen ich jeweils einen Mord begannen habe. Wenn man es genau betrachtet, so habe ich auch Rumi heute seelisch ermordert. Dessen bin ich mir sicher! Aber es ist zu ihrem Besten. Sie wird noch viel mit sich kämpfen müssen. Wir werden viel miteinander kämpfen müssen: auf Kopfebene. Ich freute mich schon darauf, denn sie wird immer verlieren!

Niemand verändert sich innerhalb eines Tages. Aber so viel weiß ich über die menschliche Psyche. Wenn sie morgen aufwacht, wird sie eine andere sein. Ich bin schon gespannt die Veränderungen in ihr zu sehen und die Lorbeeren dafür einzusammeln. Wenn Rumi morgen aufwacht, wird sie sich daran gewöhnen müssen, kein normales Leben mehr führen zu können. Niemals. Endgültig nicht. Aber vielleicht wird ihr das neue Leben gefallen, wenn sie sich endlich darauf einlässt. Wenn sie endlich das Vorher vergisst und sich auf das Hier und Jetzt konzentriert. Es tut mir etwas Leid, dass ich es sein musste, der es ihr genommen hat, aber so wollte es das Schicksal oder Gott, an den sie anscheinend nicht mehr glaubt. Ich muss sie unbedingt wieder davon überzeugen, dass es einen Gott gibt. Sie soll gottesfürchtig bleiben und mehr Angst vor ihm haben, als vor mir. Ein Glaube, egal welcher Religion man angehörte, entfacht ungeahnte Kräfte in Menschen. Und genau diese wird sie brauchen.

Ich wachte den Rest des Tages über sie. Ich legte mich neben sie und las ein altes Buch. Rumi erwachte immer wieder, gluckste etwas, streckte sich und fiel dann wieder in den Schlaf. Es war unbeschreiblich erfüllend ihr zuzuschauen. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand. Ich genoss es, weil sie so friedlich war. Wieso war sie nicht immer so?

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