"Das Kleid da!", Anton zeigte auf ein hellgraues Satin-Kleid an einem Mannequin, welcher zwischen zwei goldfarbenen, eckigen Kleiderstangen stand.
"Probier das an!", kommandierte er aus seinem dunkelblauen Sessel heraus. Weit zurückgelehnt schaute er Rumjana und einer Verkäuferin dabei zu wie ein Luxus-Kleid nach dem anderen in eine Kabine gebracht wurde, damit Rumjana es anprobieren konnte.Die Verkäuferin suchte nun eifrig nach Rumjana's Größe, während Rumi weiter durch die hell ausgeleuchteten Regale und Kleiderständer stöberte.
"Oh, wissen Sie, ich suche schon seit längerer Zeit nach einem Hosenanzug.", erwähnte Rumi und tippte dabei der Verkäuferin auf die Schulter. Sie fühlte sich wie im Schlafraffenland. Seit über einem Jahr war sie nicht mehr in einem Laden gewesen und noch nie in einer Boutique mit sündhaft teuren Luxusmarken. Boutique trifft es jedoch nicht ganz. Es war ein dreistöckiger Laden mit einer Abteilung für Damen, Herren und einer Abteilung mit Schuhen und Accessoires.
"Wir haben gestern etwas sehr Elegantes von Elisabetta Franchi geliefert bekommen. Dafür müsste ich jedoch ins Lager.", begegnete ihr die Verkäuferin und verließ den Raum. Flink wie eine Wespe, die sich auf ein Kuchenstück stürzte, passierte sie an Rumi vorbei.
"Hosenanzug?", fragte Anton skeptisch aus seiner Sitzecke. Er hob dabei die dunklen Augenbrauen. Euphorisch stakste sie auf ihn zu und setzte sich auf die gepolsterte Armlehne zu seiner Rechten.
"Nur Einen. Wer weiß, wenn wir im Winter hier nochmal hin müssen, möchte ich nicht mehr in deinen Kleidern frieren.", antwortete sie lächelnd und legte ihre Arme um seine Schultern. Ihr war die Neugier und die Vorfreude ins Gesicht geschrieben. Wann Anton sie wohl das letzte Mal so glücklich gesehen habe musste? Wahrscheinlich war es heute das erste Mal. Dabei waren es nicht die hohen Preise und die Edelmarken, die Rumjana zum Strahlen brachten, sondern dieses Gefühl von Normalität. Dabei ist auch an dieser Situation wenig normal. In eine Boutique zu gehen, um teure Kleider zu kaufen gehörte nicht zu ihren normalen Aktivitäten, als sie noch Zuhause war, aber allein diese aufdringliche Verkäuferin um sich herum zu haben war irgendwo erfüllend.
Und wofür bräuchte Rumi schon Markenklamotten? Ja, vielleicht fühlt sich das auf der Haut edler und besser an, weil die Kleidung aus hochwertigen Stoffen genäht wurden, aber wohin sollte sie ein 2600$ teures Kleid ausführen? Außer auf Anton's Geburtstag, der nur ein Mal im Jahr stattfand und vielleicht noch zu den halbjährigen Festen, die er veranstaltet. Ob er sie aufgetakelt in die staubige Steppe spazieren gehen ließe? Einmal um das Haus herum, damit sich der Kauf des Kleids wenigstens gelohnt hat. Sollen doch die vielen Hasen im Feld sich an ihrem Anblick ergötzen können.
Rumi wäre auch froh gewesen, wenn Anton sie in ein normales Einkaufszentrum mitgenommen hätte, aber er bestand darauf. Er meinte so sei weniger Trubel um sie herum und in solchen Läden nehmen sich die Verkäuferinnen für einen Zeit. Damit hatte er leider Recht. Die Verkäuferinnen waren sehr aufmerksam und sobald sie auf Kunden mit viel Geld stießen, wurde alles angeboten was nur möglich war. Rumi traute sich kaum die Kleider, die ihr gefielen selbst anzufassen, wegen der strengn Blicken der anderen Verkäuferinnen. So langsam wurde es auch anstregend ihren verstörten Blick zu maskieren, wenn ihr die Verkäuferin mehrere potthässliche und fragwürdige Accessoires zu ihren ausgewählten Kleider anbieten wollte. Zum Beispiel hochhackige Sandalen, die aussahen wie Flip-Flops und das auch noch in Giftgrün. Und sowas zu einem Abendkleid? Sie entschied sich lieber für schwarze, hochhackige Sandalen mit weißen Tullschleifen, die sie im angrenzenden Verkaufsraum in ihrer Größe gefunden hatte.
Die Preise in diesem Laden wurden tatsächlich in US-Dollar angegeben, da sie von Anton gelernt hatte, dass die Reichen in Russland und Weißrussland nur Geschäfte in stabileren Währungen wie US-Dollar oder Euro machten. Die Landeswährung war für die Armen.
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Elf treue Sklavinnen - und eine Rumi
ChickLitRumi ist eine übliche Studentin, die mit ihrer Mutter in der Vorstadt von Warschau lebt. Die häufigen Existenzsorgen treiben sie dazu eines Tages es endlich zu wagen und in einem Stripclub einen Job zu suchen, um ihre eigene und die Zukunft ihrer Mu...