𝟝𝟝. 𝔻𝕒𝕤 𝕓𝕖𝕤𝕥𝕖 𝔾𝕖𝕤𝕔𝕙𝕖𝕟𝕜 𝕚𝕤𝕥 𝔽𝕣𝕖𝕚𝕙𝕖𝕚𝕥

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"Kannst du mir die Spitze dort reichen?", fragte Rumi zuckersüß. Sie war gerade dabei die Tanne fertig zu schmücken, die Anton heute Mittag aus dem Wald mitgebracht hatte. Er hörte ihr doch zu! Es war bewunderswert wie viel Mühe er sich gab. Während sie ein leckeres Abendessen kochte und ein paar Desserts vorbereitete, trotzte Anton dem Schneesturm und holte für sie eine kleine Tanne aus dem Wald. Gemeinsam verbrachten sie den Nachmittag damit sie aufzustellen. Anton hatte sogar goldene und dunkelblaue Baumkugeln und Lametta bestellt. Prüfend nahm Rumi ein paar Schritte zurück und betrachtete das Werk, während Anton nach der Spitze suchte und ihr diese dann überreichte.

Er setzte sich wieder auf den Fellteppich am Kamin und beobachtete sie dabei, wie sie summend um die Tanne tänzelte. Es brachte so viele schöne Erinnerungen zurück sich diesen Baum anzusehen und den Duft des Harzes wahrzunehmen, den der Baum in alle Richtungen versprühte. Die Baumkugeln reflektierten das loderne Licht des Feuers im Kamin und glitzerten in dem goldenen Licht. Als sie zur abschließenden Krönung die Spitze über den Baumwipfel stülpte, legte sie ihre Hände auf ihre Brust und schaute verliebt. Das letzte Jahr war sie derartig verhungert, weil Anton ihr alles weggenommen hatte: ihren Geburtstag, ihre Feiertage, den Wechsel der Jahreszeiten. Endlich fühlte sie sich wieder lebendig. Endlich fühlte sie sich wieder wie ein Mensch und all das nur durch eine solch simple Sache wie eine Tanne zu schmücken.
"Jetzt ist es perfekt.", verkündete sie und schnappte sich eine Schale mit warmen Pudding, den sie heute Nachmittag gekocht hatte. Sie nahm Platz auf dem Boden neben Anton und lehnte sich an ihn, sodass sie seine stählernde Brust in ihrem Rücken spüren konnte. Er hatte sich tatsächlich mal einen Hoodie angezogen. Rumi wusste gar nicht, dass er sowas besaß.

"Es war wirklich ein schöner Geburtstag, Anton. Danke dir für alles!", schmachtete sie ihn erfreut an und schob sich einen Löffel des Schokoladenpuddings in den Mund.
"Dein Geburtstag ist ja noch nicht zu Ende.", antwortete er vielversprechend. Rumi spürte, wie seine Finger zart über ihre entblößte Schulter strichen.
"Was hast du denn noch alles vorbereitet? Ich war ja schon überglücklich, dass du mich mal mit Frühstück im Bett geweckt hast und wir gemeinsam den Sonnenaufgang beobachtet haben.", grinste sie und legte vergnügt ihren Kopf in den Nacken.
"Na wer weiß, der Abend ist noch lang.", antwortete Anton. Für einige Momente genossen die beiden harmonsiche Stille und lauschten dem Knacken des Feuerholzes. So vergingen einige Minuten bis Rumi hörte wie Anton sich räusperte und nach ihrer Hand griff. Er wollte ihre geballte Aufmerksamkeit und nahm ihr die Puddingschale aus den Händen, um sie auf den niedrigen Couchtisch vor ihnen zu stellen. Folgsam setzte sich Rumi in den Schneidersitz vor ihm und beobachtete ihn dabei, wie er aus seiner Hosentasche ein kleines Kästchen herauskramte.

"Ich habe noch eine Kleinigkeit für dich.", hörte sie ihn sagen, während er ihr das kleine, violette Schmuckkästcen entgegenhielt.
"Alles Gute zum Geburtstag, Rumjana.", er blickte sie voller Erwartung an und vorsichtig nahm sie es aus seinen Händen, um es zu öffnen. Sie entdeckte einen großen, roten Rubinring, der in Samt eingebettet in dem Kästchen lag. Vorsichtig nahm sie ihn heraus und betrachtete ihn genaustens.
"Als du letztes Jahr zu mir kamst, da hast du doch einen kleinen Rubinring getragen, den Robert dir dann abgenommen hat.", ergriff er das Wort. Sie erinnerte sich. Sie sollte bei ihrer Ankunft alles ablegen, auch ihren Schmuck. Sie hatte den Ring auf eine kleine Ablage im Bad gelegt, als Robert ihr beim Duschen zuschauen wollte. Rumi hatte gar nicht gemerkt, dass Robert den Ring an sich genommen hatte, doch dann war es zu spät.
"Ich habe damals all deine Sachen entsorgt.", gestand er sich reuevoll ein. "Ich kann ihn leider nicht zurückholen, Rumi. Aber ich kann dir einen Neuen geben, mit dem größten Rubin, den ich finden konnte.", fügte er ruhig hinzu.

Der Ring war wunderschön. Der Rubin war wirklich riesig, eingefasst in Gold und mit vielen kleinen Diamanten geschmückt. Der Rubin war so groß, dass sie glaubte er würde auf ihrem Finger sitzen wie ein Fingerhut. Total überladen und zu groß für ihre schmalen, kleinen Hände. Vorsichtig setzte sie sich den Ring über ihren Mittelfinger und betrachtete ihre Hand für einige Momente. Rumi setzte ein falsches Lächeln auf und vermied für einige Momente den Blickkontakt mit Anton, damit er ihre Enttäuschung nicht erkennen könnte. Sie bemühte sich darum nicht undankbar zu wirken. Er hatte sich so viel Mühe gegeben. Sie wollte ihn auf keinen Fall verletzten, aber dieser Ring war abartig. Er kann kein Ersatz sein.
Anton hatte ihre gesamte Identität von abgestriffen: ihren Pass, ihren Familienschmuck, ihre Kleidung - ja, er ersetzte alles, bis auf den Pass, aber es war einfach nicht das selbe. Natürlich war es lieb von ihm gemeint. Sie blickte weiterhin auf diesen Klunker und erinnerte sich an den Moment, als ihr Vater ihr ein Geschenk machte, als sie an der Universität angenommen wurde. Die Freude war so groß, dass er ihr einen süßen, kleinen Rotgold-Ring mit einem winzigen, aber dafür echten Rubin schenkte. Der hatte einst ihrer Großmutter gehört, die mal eine Professorin an einer Universtität war. Es sollte ein Symbol sein, dass auch sie die Universität abschließen und mal Professorin werden könnte. Auch wenn das nie ihr Ziel war. Der Ring war umso bedeutender, weil sie ihre Großmutter nie kennen lernen durfte, denn sie war schon vor ihrer Geburt gestorben.

Elf treue Sklavinnen - und eine RumiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt