𝟞𝟝. 𝕄𝕦𝕥𝕥𝕖𝕣

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Es war früh am Morgen und Rumjana stand oben auf der Treppe und blickte in die Eigangshalle. Sie war wie jeden Morgen leer und ihr Blick richtete sich auf die schwere dunkle Eingangstür. Plötzlich hörte sie ein Klopfen an der Tür und noch bevor sie sich hätte Fragen können, wer sich dahinter befand, öffnete sich die Tür wie von allein. Draußen war es sehr hell, obwohl gerade der dunkle Januar über das Licht regierte. Als Rumjana auf die sich öffnende Tür blickte, erschien es ihr so, als würden grelle Lampen auf der Schwelle stehen und ihr weißes Licht strahlte in jede Ecke des Hauses. Geblendet von dem übernatürlichen Licht, hielt sie schützend ihren entblößten Unterarm vors Gesicht. Als sie es endlich schaffte ihre Augen lang genug offen zu halten, erkannte sie, dass ihre Mutter in der Tür stand. Sie hatte ein leichtes Lächeln auf den erdbeerfarbenen Lippen, auf der sie immer eine dünne Schicht ihres Lieblingslippenstiftes trug.
"Endlich sehe ich dich wieder.", hörte sie die Stimme ihrer Mutter. Sie machte einige Schritte nach vorn und breitete liebevoll ihre Arme aus. Doch anstelle die Treppe herunter zu rennen, blieb Rumjana wie eingefroren auf der Treppe stehen.
"Geh nicht zu ihr herunter.", hörte sie eine Stimme in ihrem Kopf sagen.
"Es ist eine Falle.", fügte die unbekannte Stimme hinzu.
"Mein Schatz, komm doch runter.", wiederholte ihre Mutter. Obwohl Rumjana offen zeigte, dass sie sich über ihren Besuch kaum freute, blieb ihre Mutter gutmütig und ihr Lächeln verblasste nicht. Ihr friedlicher und versöhnlicher Blick blieb auf ihrer Tochter haften und sie fing an weiter zu bitten.
"Komm herunter und folge mir. Wenn du mir mir kommst, findest du Ruhe.", ihre liebreizende Stimme umwarb Rumjana wie ein beruhigender Kokon. Doch trotz alledem verspürte Rumjana diesen großen Drang sich sofort umzudrehen und zurück ins Bett zu gehen. Rumjana wurde das Gefühl nicht los, sie sollte ihrer Mutter auf keinen Fall folgen. Irgendetwas daran fühlte sich an wie eine Falle.
"Vielleicht später, Mama. Ich werde noch etwas Zeit brauchen, um mich fertig zu machen, bevor ich das Haus verlasse.", antworte Rumjana ihrer Mutter. Kurz nachdem sie diese Worte ausgesprochen hatte, drehte sie sich um, lief zurück zur Tür und schien mit dem grellen Licht zu verschmelzen.

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Als Rumjana die Augen aufschlug und über sich die weiße Decke entdeckte, an dem eine hübsche Deckenleuchte hing, atmete sie einmal auf. Was dieser seltsame Traum wohl bedeuten sollte? An ihrem Rücken spürte sie Anton's muskulösen Arm, der in einem dunkelgrauen T-Shirt steckte. Langsam befreite sie sich aus seiner schützenden Umarmung und holte aus einer Kommode ihr Traumtagebuch, um sich diesen Traum zu erklären. Als sie sich wieder behutsam ins Bett schlich, um Anton nicht zu wecken, bemerkte sie wie friedlich er doch aussah, seitdem sie wieder neben ihm schlief. Es war äußerst dunkel in dem Raum, weshalb sie sich eine kleine Leselampe neben dem Bett anknipste und in dem schön verziertem Buch blätterte. Doch leider fand sie keine passende Erklärung dafür, dass ihre Mutter in einem Türrahmen stand und sie zu sich rief. Nach all dem was passiert war, fragte sie sich, warum sie so abgeneigt war ihrer Mutter zu folgen. Ja, vielleicht hatte ihre Mutter sie nicht so gut beschützt wie sie es hätte tun sollen. Vielleicht wollte ihr Unterbewusstsein Rumi vermitteln, dass auch ihre Mutter Schuld mitträgt, aber was nützen all diese Beschuldigungen ohne handfeste Beweise? Vielleicht gab es ja einen Weg sie genau das zu fragen? Vielleicht ließ Anton sie ja einen zweiten Brief schreiben, wo sie ihr alle Fragen stellen könnte, ohne dass sie jemals erfahre, wo sie wirklich sei?

Rumjana beschloss in Anton's Büro nach einem Stift, nach Papier und einem Umschlag zu suchen bevor sie sich wieder zurück ins Bett legte und sich genau überlegte, wie sie anfangen sollte. So seltsam das klingen mochte, sie fühlte sich sicher neben Anton. Sie fühlte sich geborgen und verstanden und die letzten Monate schlug er ihr fast keinen einzigen Wunsch aus, weshalb sie guter Dinge war, dass er es irgendwie ermöglichen würde. Anton war gewieft und wusste wie er es einfädeln könnte, damit ihre Mutter niemals bemekrte, wo sie wirklich steckte. Als sie das leere Blatt Papier auf ihrem Traumtagebuch gebetet hatte, wurde ihr Kopf plötzlich still. Hatte ihre Mutter den ersten Brief überhaupt gelesen? Hatte sie den jemals erhalten. Den letzten Brief hatte sie vor fast genau einem Jahr verfasst. Plötzlich wurden ihre Gedanken unterbrochen, als Anton einen tiefen Atemzug nahm und es so schien als würde er langsam aufwachen. Er drehte sich in Rumjana's Richtung und sie beobachtete, wie er die Augen aufschlug.

Elf treue Sklavinnen - und eine RumiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt